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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Wien oder Dresden wählen dürfen, aber an den Wahlen der Communalbeamten,
Verwaltung des Gemeindevermögens Theil zu nehmen, hat er weder irgend eine
Berechtigung, noch Interesse, noch ist die nöthige Kenntniß der Localverhältnisse
bei ihm vorauszusetzen.

Die angeführten Klassen von indirekten Mitgliedern einer Commune bilden
den größten Theil der Volksschicht, welche wir Besitzlose nennen, deren Erhebung
die Hauptaufgabe unsrer Freiheitskämpfe ist. Sie erheben, ihr Leben verbessern
heißt aber nicht, die Grundbedingungen ihrer Existenz ausheben, die nothwendigen
Folgen ihrer Thätigkeit, z. B. ihre Abhängigkeit von dem Einfluß des Arbeitge¬
bers, vernichten, sondern nur die schädlichen und unvernünftigen Auswüchse dieser
Abhängigkeit entfernen und durch Belehrung, freundlichen Verkehr und Beförde¬
rung praktisch nützlicher Vereinigungen ihre Existenz stützen. Vollberechtigte Mit¬
glieder der Gemeinden, in denen sie sich aufhalten, sollen und dürfen sie im In¬
teresse demokratischer Freiheit uicht werden; und zwar deshalb nicht, weil ihre
Thätigkeit eine unfreie und ihr Leben durch Vertrag an ein anderes selbstständi-
ges Leben gebunden ist. Man halte dies sür keine Erwiederung oder Beschrän¬
kung und verwechsele überhaupt nicht Gemeiuderechte mit Menschenrechten. Das
Recht Schuhe zu machen muß jeder Mensch haben, aber nur der darf ein Schuh¬
macher heißen, der Willen und Fähigkeit bewiesen hat, sür seine Mitmenschen
dergleichen ausdauernd zu verfertigen. Außer den erwähnten Berufskreisen gibt
es noch einige andere, deren Stellung zu den Gemeinden hier und da fraglich
geworden ist, ich meine das Militär und die Mitglieder höherer Bildungsanstal¬
ten, Studenten, Academiker u. s. w. Der Soldat in Garnison, welcher, ohne
eigenen Haushalt zu haben, auf eine bestimmte Dienstzeit (militärische Bildungs¬
zeit) der Menschenzahl eines Ortes merite, so wie der junge Gelehrte und Künst¬
ler während ihrer Studienzeit dürfen der Gemeinde, in welcher sie leben, nicht
incorporirt werden, sie behalten das Heimathrecht des Ortes, von dem sie zuge¬
zogen sind, ihr Aufenthalt ist ein vorübergehender, in der Regel auch in seiner
Dauer bestimmter, ihre Thätigkeit und Interessen haben mit dem Leben der Ge¬
meinde nichts zu thun. Ob Studenten und Academiker am Wehrdienst theilneh-
men sollen, muß von ihrem eigenen Willen und der Erlaubniß der Ge¬
meinde abhängen, es thut gar nicht Noth, hierüber ein besonderes Staatsgesetz
zu erlassen. Vom Militär sind dagegen alle diejenigen aktiven Mitglieder, welche
eine feste Staatsanstelluug haben, welche Leben und zukünftige Versorgung dem
Staat übergeben haben, als Beamte des Staats vollberechtigte Mitglieder der
Gemeinde, in welcher sie stehen, der Offizier nämlich, der Unteroffizier mit eige"
nein Haushalt u. s. w. Gerade bei dieser Klasse ist ein vollständiges Aufgehen
in der Gemeinde höchst wünschenswert!) und das beste Mittel die exceptionelle
Stellung des Militärs aufzuheben. Sie werden also an allen Rechten und Pflich¬
ten der Gemeindemitglieder Theil nehmen; und es ist hier zu bemerken, daß bei


Wien oder Dresden wählen dürfen, aber an den Wahlen der Communalbeamten,
Verwaltung des Gemeindevermögens Theil zu nehmen, hat er weder irgend eine
Berechtigung, noch Interesse, noch ist die nöthige Kenntniß der Localverhältnisse
bei ihm vorauszusetzen.

Die angeführten Klassen von indirekten Mitgliedern einer Commune bilden
den größten Theil der Volksschicht, welche wir Besitzlose nennen, deren Erhebung
die Hauptaufgabe unsrer Freiheitskämpfe ist. Sie erheben, ihr Leben verbessern
heißt aber nicht, die Grundbedingungen ihrer Existenz ausheben, die nothwendigen
Folgen ihrer Thätigkeit, z. B. ihre Abhängigkeit von dem Einfluß des Arbeitge¬
bers, vernichten, sondern nur die schädlichen und unvernünftigen Auswüchse dieser
Abhängigkeit entfernen und durch Belehrung, freundlichen Verkehr und Beförde¬
rung praktisch nützlicher Vereinigungen ihre Existenz stützen. Vollberechtigte Mit¬
glieder der Gemeinden, in denen sie sich aufhalten, sollen und dürfen sie im In¬
teresse demokratischer Freiheit uicht werden; und zwar deshalb nicht, weil ihre
Thätigkeit eine unfreie und ihr Leben durch Vertrag an ein anderes selbstständi-
ges Leben gebunden ist. Man halte dies sür keine Erwiederung oder Beschrän¬
kung und verwechsele überhaupt nicht Gemeiuderechte mit Menschenrechten. Das
Recht Schuhe zu machen muß jeder Mensch haben, aber nur der darf ein Schuh¬
macher heißen, der Willen und Fähigkeit bewiesen hat, sür seine Mitmenschen
dergleichen ausdauernd zu verfertigen. Außer den erwähnten Berufskreisen gibt
es noch einige andere, deren Stellung zu den Gemeinden hier und da fraglich
geworden ist, ich meine das Militär und die Mitglieder höherer Bildungsanstal¬
ten, Studenten, Academiker u. s. w. Der Soldat in Garnison, welcher, ohne
eigenen Haushalt zu haben, auf eine bestimmte Dienstzeit (militärische Bildungs¬
zeit) der Menschenzahl eines Ortes merite, so wie der junge Gelehrte und Künst¬
ler während ihrer Studienzeit dürfen der Gemeinde, in welcher sie leben, nicht
incorporirt werden, sie behalten das Heimathrecht des Ortes, von dem sie zuge¬
zogen sind, ihr Aufenthalt ist ein vorübergehender, in der Regel auch in seiner
Dauer bestimmter, ihre Thätigkeit und Interessen haben mit dem Leben der Ge¬
meinde nichts zu thun. Ob Studenten und Academiker am Wehrdienst theilneh-
men sollen, muß von ihrem eigenen Willen und der Erlaubniß der Ge¬
meinde abhängen, es thut gar nicht Noth, hierüber ein besonderes Staatsgesetz
zu erlassen. Vom Militär sind dagegen alle diejenigen aktiven Mitglieder, welche
eine feste Staatsanstelluug haben, welche Leben und zukünftige Versorgung dem
Staat übergeben haben, als Beamte des Staats vollberechtigte Mitglieder der
Gemeinde, in welcher sie stehen, der Offizier nämlich, der Unteroffizier mit eige«
nein Haushalt u. s. w. Gerade bei dieser Klasse ist ein vollständiges Aufgehen
in der Gemeinde höchst wünschenswert!) und das beste Mittel die exceptionelle
Stellung des Militärs aufzuheben. Sie werden also an allen Rechten und Pflich¬
ten der Gemeindemitglieder Theil nehmen; und es ist hier zu bemerken, daß bei


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[0076] Wien oder Dresden wählen dürfen, aber an den Wahlen der Communalbeamten, Verwaltung des Gemeindevermögens Theil zu nehmen, hat er weder irgend eine Berechtigung, noch Interesse, noch ist die nöthige Kenntniß der Localverhältnisse bei ihm vorauszusetzen. Die angeführten Klassen von indirekten Mitgliedern einer Commune bilden den größten Theil der Volksschicht, welche wir Besitzlose nennen, deren Erhebung die Hauptaufgabe unsrer Freiheitskämpfe ist. Sie erheben, ihr Leben verbessern heißt aber nicht, die Grundbedingungen ihrer Existenz ausheben, die nothwendigen Folgen ihrer Thätigkeit, z. B. ihre Abhängigkeit von dem Einfluß des Arbeitge¬ bers, vernichten, sondern nur die schädlichen und unvernünftigen Auswüchse dieser Abhängigkeit entfernen und durch Belehrung, freundlichen Verkehr und Beförde¬ rung praktisch nützlicher Vereinigungen ihre Existenz stützen. Vollberechtigte Mit¬ glieder der Gemeinden, in denen sie sich aufhalten, sollen und dürfen sie im In¬ teresse demokratischer Freiheit uicht werden; und zwar deshalb nicht, weil ihre Thätigkeit eine unfreie und ihr Leben durch Vertrag an ein anderes selbstständi- ges Leben gebunden ist. Man halte dies sür keine Erwiederung oder Beschrän¬ kung und verwechsele überhaupt nicht Gemeiuderechte mit Menschenrechten. Das Recht Schuhe zu machen muß jeder Mensch haben, aber nur der darf ein Schuh¬ macher heißen, der Willen und Fähigkeit bewiesen hat, sür seine Mitmenschen dergleichen ausdauernd zu verfertigen. Außer den erwähnten Berufskreisen gibt es noch einige andere, deren Stellung zu den Gemeinden hier und da fraglich geworden ist, ich meine das Militär und die Mitglieder höherer Bildungsanstal¬ ten, Studenten, Academiker u. s. w. Der Soldat in Garnison, welcher, ohne eigenen Haushalt zu haben, auf eine bestimmte Dienstzeit (militärische Bildungs¬ zeit) der Menschenzahl eines Ortes merite, so wie der junge Gelehrte und Künst¬ ler während ihrer Studienzeit dürfen der Gemeinde, in welcher sie leben, nicht incorporirt werden, sie behalten das Heimathrecht des Ortes, von dem sie zuge¬ zogen sind, ihr Aufenthalt ist ein vorübergehender, in der Regel auch in seiner Dauer bestimmter, ihre Thätigkeit und Interessen haben mit dem Leben der Ge¬ meinde nichts zu thun. Ob Studenten und Academiker am Wehrdienst theilneh- men sollen, muß von ihrem eigenen Willen und der Erlaubniß der Ge¬ meinde abhängen, es thut gar nicht Noth, hierüber ein besonderes Staatsgesetz zu erlassen. Vom Militär sind dagegen alle diejenigen aktiven Mitglieder, welche eine feste Staatsanstelluug haben, welche Leben und zukünftige Versorgung dem Staat übergeben haben, als Beamte des Staats vollberechtigte Mitglieder der Gemeinde, in welcher sie stehen, der Offizier nämlich, der Unteroffizier mit eige« nein Haushalt u. s. w. Gerade bei dieser Klasse ist ein vollständiges Aufgehen in der Gemeinde höchst wünschenswert!) und das beste Mittel die exceptionelle Stellung des Militärs aufzuheben. Sie werden also an allen Rechten und Pflich¬ ten der Gemeindemitglieder Theil nehmen; und es ist hier zu bemerken, daß bei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/76>, abgerufen am 27.12.2024.