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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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mir liegt, so will ich sie Ihnen mit einigen nothwendigen stylistischen Aenderungen
hier mittheilen. Sie lautet folgendermaßen: "Wenn die Octoberpartei ihre phan¬
tastische Republik pryclamirt. und zum Präsidenten derselben Fischhof, Goldmark
oder Löhner ernannt hätte, so würde ihm vielleicht dasselbe Volk zugejauchzt ha¬
ben, welches am 15. März seinen Kaiser "Ferdinand den Gütigen" im Jubel-
rausche durch die Straßen Wiens geleitete. Nun aber verließ, von dem Undank"
der deutschthümeluden Octoberhelden fortgetrieben, Ferdinand für immer die Burg
seiner Väter. Wird nun Wien, die Residenzstadt, wird die verblendete, irregelei¬
tete Masse endlich einmal die Augen öffaen? Wird sie noch ferner der Oestreich
zertrümmernden Frankfurter Partei trauen? Sollte aber auch Wien bei Ferdi¬
nand's Regierungsabtritt keine Thrane warmer Theilnahme haben -U- so wird
doch Prag und werden die Slaven mit den lautesten Segenswünschen den gütigen
Ferdinand in sein stilles Privatleben geleiten -- und das Andenken an seine Re-
'giernng treu und dankbar bewahren!" --

Vielleicht würden die Czechen der Person des Kaiser" noch mehr Aufmerk¬
samkeit schenken, wenn diese nicht nach andern Seiten hin gar vielfach in Anspruch
genommen würde. Einen sehr unangenehmen Eindruck hat die Nachricht hervor¬
gebracht , daß am 6. December jene Soldaten, welche bei den Juniereignissen in
Prag sich hervorgethan hatten, zugleich mit denjenigen, welche sich bei den Okto-
berkämpfen in Wien auszeichneten, von dem Feldmarschall mit kriegerischen Be¬
lohnungen betheiligt wurden; und im BürgerauSschusse wurde sogar der Antrag
gestellt, gegen eine solche Beleidigung der Nation Protest einzulegen. Ebenso ist
es für das nationale Bewußtsein der Czechen sehr verletzend, wenn fortwährend
nur von dem östreichischen Heere gesprochen wird, dessen Tapferkeit allein und
einzig der Idee eines östreichischen Gesammtvaterlandes Nachdruck und lebendige
Bedeutung gegeben habe, ohne daß insbesondere der Slaven Erwähnung geschehe,
die theils zur rechten Zeit unter der Anführung des "ritterlichen" Jellachich gegen
Wien zogen, theils unter Palackv's Führung in dem rechten Moment den Rück¬
zug aus dem Wiener Reichstag antraten. Dagegen werden wieder zwei Triumphe,
welche das Slaventhum in der letzten Zeit errungen hat, festlich in Prag nach¬
gefeiert: nämlich die Einberufung des kroatischen (?) Barons Kullmer ins Mini¬
sterium und die Bestätigung der serbischen Woiwodschaft. Durch das Erstere ist
die Vereinigung der südslavischeu Länder mit den am Reichstage vertretenen Pro¬
vinzen so gut als officiell ausgesprochen; und die slovimsk-t lipä hat auch ihrer¬
seits beschlossen, an die unlängst gegründete "slavische Linde" von Agram und
einen ähnlichen Verein in Karlowitz Aufforderungen ergehen zu lassen, daß sie
die baldige Beschickung des Reichstages in den südslavischen Ländern veranlassen
mögen. Aus der Erledigung der serbischen Frage sehen wir aber, daß die jetzige
Politik der Regierung den Südslave" gegenüber eben so wenig Festigkeit und


mir liegt, so will ich sie Ihnen mit einigen nothwendigen stylistischen Aenderungen
hier mittheilen. Sie lautet folgendermaßen: „Wenn die Octoberpartei ihre phan¬
tastische Republik pryclamirt. und zum Präsidenten derselben Fischhof, Goldmark
oder Löhner ernannt hätte, so würde ihm vielleicht dasselbe Volk zugejauchzt ha¬
ben, welches am 15. März seinen Kaiser „Ferdinand den Gütigen" im Jubel-
rausche durch die Straßen Wiens geleitete. Nun aber verließ, von dem Undank«
der deutschthümeluden Octoberhelden fortgetrieben, Ferdinand für immer die Burg
seiner Väter. Wird nun Wien, die Residenzstadt, wird die verblendete, irregelei¬
tete Masse endlich einmal die Augen öffaen? Wird sie noch ferner der Oestreich
zertrümmernden Frankfurter Partei trauen? Sollte aber auch Wien bei Ferdi¬
nand's Regierungsabtritt keine Thrane warmer Theilnahme haben -U- so wird
doch Prag und werden die Slaven mit den lautesten Segenswünschen den gütigen
Ferdinand in sein stilles Privatleben geleiten — und das Andenken an seine Re-
'giernng treu und dankbar bewahren!" —

Vielleicht würden die Czechen der Person des Kaiser» noch mehr Aufmerk¬
samkeit schenken, wenn diese nicht nach andern Seiten hin gar vielfach in Anspruch
genommen würde. Einen sehr unangenehmen Eindruck hat die Nachricht hervor¬
gebracht , daß am 6. December jene Soldaten, welche bei den Juniereignissen in
Prag sich hervorgethan hatten, zugleich mit denjenigen, welche sich bei den Okto-
berkämpfen in Wien auszeichneten, von dem Feldmarschall mit kriegerischen Be¬
lohnungen betheiligt wurden; und im BürgerauSschusse wurde sogar der Antrag
gestellt, gegen eine solche Beleidigung der Nation Protest einzulegen. Ebenso ist
es für das nationale Bewußtsein der Czechen sehr verletzend, wenn fortwährend
nur von dem östreichischen Heere gesprochen wird, dessen Tapferkeit allein und
einzig der Idee eines östreichischen Gesammtvaterlandes Nachdruck und lebendige
Bedeutung gegeben habe, ohne daß insbesondere der Slaven Erwähnung geschehe,
die theils zur rechten Zeit unter der Anführung des „ritterlichen" Jellachich gegen
Wien zogen, theils unter Palackv's Führung in dem rechten Moment den Rück¬
zug aus dem Wiener Reichstag antraten. Dagegen werden wieder zwei Triumphe,
welche das Slaventhum in der letzten Zeit errungen hat, festlich in Prag nach¬
gefeiert: nämlich die Einberufung des kroatischen (?) Barons Kullmer ins Mini¬
sterium und die Bestätigung der serbischen Woiwodschaft. Durch das Erstere ist
die Vereinigung der südslavischeu Länder mit den am Reichstage vertretenen Pro¬
vinzen so gut als officiell ausgesprochen; und die slovimsk-t lipä hat auch ihrer¬
seits beschlossen, an die unlängst gegründete „slavische Linde" von Agram und
einen ähnlichen Verein in Karlowitz Aufforderungen ergehen zu lassen, daß sie
die baldige Beschickung des Reichstages in den südslavischen Ländern veranlassen
mögen. Aus der Erledigung der serbischen Frage sehen wir aber, daß die jetzige
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/458>, abgerufen am 25.12.2024.