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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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diger Männer, die aber in keiner Weise die erforderliche geistige Macht besaßen, um
dieser Situation gewachsen zu sein; viertens aus Helden der gemeinen traditionellen
Opposition; fünftens ans einer Partie reiner Wilden; Sechstens aus einzelnen Ehr¬
geizigen und Intriguants ohne schöpferische Fähigkeit. Gleich in den ersten Wochen
zeigte die Versammlung ihre vollständige Unbrauchbarkeit. Jetzt nach sechsmonatlichen
Tagen hat sich mit Ausnahme der Anarchisten noch keine Partei gebildet, welche
weiß, was sie will und was sie thun muß, um etwas zu wollen. Die ebren-
werthcsten und fähigsten Männer des Landes wurden fruchtlos abgenutzt, weil es
nicht möglich war, in dieser Versammlung eine Stütze zu finden. Eine Trostlosig¬
keit, die nur den Anarchisten Aussicht übrig ließ. So konnte Preußen, das die
gesundesten und werthvollsten Elemente einer musterhaften Organisation der Frei¬
heit enthält, keinen Schritt vorwärts kommen. Die kostbare Zeit wurde auf die
unverantwortlichste Weise zum Theil mit niedrigem Skandal verschwendet , der un¬
würdigste Terrorismus von der einen Seite mit verächtlicher Feigheit geduldet,
von der andern mit frecher Sophistik beschönigt und während keine Neubildung
fertig wurde, die alte, unfreie aber tüchtige Organisation Preußens überall auf¬
gelockert, um der Anarchie Platz zu machen. Berlin war die zuverlässigste Hoff¬
nung der "Demokraten."

Einen Augenblick trat es vor Wien zurück. Auch hier hatte man sich an
der Glorie der Revolution berauscht. Doch war die Herrschaft der Aula im Ver¬
gleich mit dem Berliner Treiben naiv zu nennen. Wien war in Deutschland so
lange verachtet gewesen als der Heerd der Sclaverei. Man freute sich kindlich,
daß man die ungünstigen Erwartungen so glorreich getäuscht habe, man wollte
fortfahren Deutschland zu retten und ihm die Freiheit zu bringen. Ja Wien sollte
die Hauptstadt der deutschen Republik werden, den Kaiser hoffte man mit der Re¬
publik zu verbinden und von den nichtdeutschen östreichischen Ländern so viel als
Möglich zu behalten. Diese Phantasie steigerte sich zu einem mitteleuropäischen
Staatensystem, gleich einflußreich nach Westen wie nach Osten, mit Oestreich und
Wien als Haupt. Die unvergleichlichste Konfusion von der Welt! Sie wurde
hart genug aus ihrem Taumel aufgeschreckt durch die Realität der verschiedenen
Nationalitäten im östreichischen Länderverbande, welche der Despotismus bis dahin
in eiserne Fesseln geschlagen. Diese Nationalitäten verstanden die Freiheit auf ihre
Weise. Sie wollten weder in dem deutschen Gesammtstaat aufgehen, noch in das
Mitteleuropäische Reich, in welchem das Deutschthum doch die Hauptrolle spielen
sollte, sie wollten eigene Staaten bilden.

Am voreiligsten und ungestümsten traten mit ihrer Forderung die Tschechen
hervor. Ihnen als einen slavischen Enclave mitten in den deutschen Erbländer
lag die Gefahr des Aufgehens in Deutschland am nächsten. Die Lage der
Ungarn war günstiger. Sie hatten der kaiserlichen Monarchie gegenüber
schon eine exceptionelle Stellung behauptet und nicht zum deutschen Bund gehört,


diger Männer, die aber in keiner Weise die erforderliche geistige Macht besaßen, um
dieser Situation gewachsen zu sein; viertens aus Helden der gemeinen traditionellen
Opposition; fünftens ans einer Partie reiner Wilden; Sechstens aus einzelnen Ehr¬
geizigen und Intriguants ohne schöpferische Fähigkeit. Gleich in den ersten Wochen
zeigte die Versammlung ihre vollständige Unbrauchbarkeit. Jetzt nach sechsmonatlichen
Tagen hat sich mit Ausnahme der Anarchisten noch keine Partei gebildet, welche
weiß, was sie will und was sie thun muß, um etwas zu wollen. Die ebren-
werthcsten und fähigsten Männer des Landes wurden fruchtlos abgenutzt, weil es
nicht möglich war, in dieser Versammlung eine Stütze zu finden. Eine Trostlosig¬
keit, die nur den Anarchisten Aussicht übrig ließ. So konnte Preußen, das die
gesundesten und werthvollsten Elemente einer musterhaften Organisation der Frei¬
heit enthält, keinen Schritt vorwärts kommen. Die kostbare Zeit wurde auf die
unverantwortlichste Weise zum Theil mit niedrigem Skandal verschwendet , der un¬
würdigste Terrorismus von der einen Seite mit verächtlicher Feigheit geduldet,
von der andern mit frecher Sophistik beschönigt und während keine Neubildung
fertig wurde, die alte, unfreie aber tüchtige Organisation Preußens überall auf¬
gelockert, um der Anarchie Platz zu machen. Berlin war die zuverlässigste Hoff¬
nung der „Demokraten."

Einen Augenblick trat es vor Wien zurück. Auch hier hatte man sich an
der Glorie der Revolution berauscht. Doch war die Herrschaft der Aula im Ver¬
gleich mit dem Berliner Treiben naiv zu nennen. Wien war in Deutschland so
lange verachtet gewesen als der Heerd der Sclaverei. Man freute sich kindlich,
daß man die ungünstigen Erwartungen so glorreich getäuscht habe, man wollte
fortfahren Deutschland zu retten und ihm die Freiheit zu bringen. Ja Wien sollte
die Hauptstadt der deutschen Republik werden, den Kaiser hoffte man mit der Re¬
publik zu verbinden und von den nichtdeutschen östreichischen Ländern so viel als
Möglich zu behalten. Diese Phantasie steigerte sich zu einem mitteleuropäischen
Staatensystem, gleich einflußreich nach Westen wie nach Osten, mit Oestreich und
Wien als Haupt. Die unvergleichlichste Konfusion von der Welt! Sie wurde
hart genug aus ihrem Taumel aufgeschreckt durch die Realität der verschiedenen
Nationalitäten im östreichischen Länderverbande, welche der Despotismus bis dahin
in eiserne Fesseln geschlagen. Diese Nationalitäten verstanden die Freiheit auf ihre
Weise. Sie wollten weder in dem deutschen Gesammtstaat aufgehen, noch in das
Mitteleuropäische Reich, in welchem das Deutschthum doch die Hauptrolle spielen
sollte, sie wollten eigene Staaten bilden.

Am voreiligsten und ungestümsten traten mit ihrer Forderung die Tschechen
hervor. Ihnen als einen slavischen Enclave mitten in den deutschen Erbländer
lag die Gefahr des Aufgehens in Deutschland am nächsten. Die Lage der
Ungarn war günstiger. Sie hatten der kaiserlichen Monarchie gegenüber
schon eine exceptionelle Stellung behauptet und nicht zum deutschen Bund gehört,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/348>, abgerufen am 25.11.2024.