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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Von dem Thurmbau selbst sehen wir einen Plan ans der Tasche eines so
eben gesteinigten Architecten hervorgucken. Nach demselben sollte er terrassenförmig
aufgerichtet werden, eine Rotunde über der andern. Ich bemerke beiläufig, daß
nach dieser Anlage, von der wir die beiden untersten Terrassen vor uus sehen, der
Thurm keine sehr bedeutende Höhe erreicht hätte. Die unterste Terrasse scheint
durch eine senkrechte Wand von der Ebene des Vordergrundes abgeschlossen, ob¬
gleich das in dem Carton nicht genau zu unterscheiden ist. Auf dieser Wand
führen ein Paar Stufen zu einer Art Altan, auf dem der König sitzt, sein'Werk
zu überschauen, neben ihm zwei kleine Pfeiler mit Götzenbildern und zwei rauchen¬
den Opsersäulen. Der Tyrann ist also auch Götzendiener; eine falsche Symbolik:
sein Werk sollte der Selbstverherrlichung dienen, er hätte bei seinem ungemessenen
Hochmuth keinen andern Götzen neben sich dulden sollen. Die beiden Götzenbilder sind
herabgestürzt -- die einzige Spur von Zerstörung -- und liegen ans ein paar Leich¬
namen zu den Füßen des Königs, die sie also vermuthlich werden erschlagen haben.
Eine Frau, die hilfeflehend die Knie des Tyrannen umfaßt, trägt deu Reif um
ihre Stirn, sie wird also wohl seine Gemahlin sein und die Erschlagenen zu seiner
Familie gehören. Zu beiden Seiten des Königs stehen grinsende Figuren, die,
den Fuß auf die zertrümmerten Götzenbilder gestemmt, gegen ihn die Zunge aus¬
strecken und ihn sonst auf jede Weise verhöhnen. Hinter denselben, ebenfalls zu
beiden Seiten, trauernde Gestalten, die ihr Gesicht verhüllen, nachträgliche Un¬
glückspropheten, die ihre Hände weissagend zum Himmel ausstrecken, rathlose Harfen¬
spieler u. tgi. Der König, jeder Zoll Verdruß, Grimm und Verzweiflung, hat
ein gemeines Gesicht und einen gemeinen, obgleich robusten Körperbau; in seinem
Grimm, in seinem Schmerz ist kein Adel, er ist der abstracte Thcatcrtyrann.
Er scheint keinen Begriff zu haben, was eigentlich vorgeht -- und theilt darin,
um es gleich voraus zu nehmen, das Schicksal der Zuschauer.

Zu beiden Seiten, aus der Höhe der ersten Terrasse, erheben sich Gerüste,
auf beym an den Mauern der zweiten gearbeitet wird. Links führt von diesen
Gerüsten ein Balken über den Saum der ersten Terrasse hinaus und ist dnrch
Pfeiler mit der Ebene des Vordergrundes verbunden; ans diesen klettern flüchtige
Arbeiter, die sich mit allen Zeichen des Entsetzens in eiliger Flucht von dem Thurm
entfernen, in den Vordergrund herab. Es sind schöne Gestalten darunter. Rechts
ist keine Verbindung mit der Ebene; den erschrockenen Arbeitern bleibt nichts
anders übrig, als verzweifelt und hilfeflehend vom Saum der Terrasse die Hände
nach der scheidenden Karavane auszustrecken. Links sehen wir einige, durch mecha¬
nische, anstrengende Arbeit in thierischen Stumpfsinn versetzte Knechte, vor ein
Joch gespannt, Baumaterial auf den Thurm führen; ein Aufseher treibt sie mir
der. Peitsche; ein Weib, das ihnen entsetzt entgegeneile, ruft ihnen zu, daß alles
vorüber sei; sie sehen mit blödem Staunen aus sie hin, ohne sie zu verstehen. Mit
dieser Gruppe correspondirt rechts ganz im Vordergrund eine andere, die sonst


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Von dem Thurmbau selbst sehen wir einen Plan ans der Tasche eines so
eben gesteinigten Architecten hervorgucken. Nach demselben sollte er terrassenförmig
aufgerichtet werden, eine Rotunde über der andern. Ich bemerke beiläufig, daß
nach dieser Anlage, von der wir die beiden untersten Terrassen vor uus sehen, der
Thurm keine sehr bedeutende Höhe erreicht hätte. Die unterste Terrasse scheint
durch eine senkrechte Wand von der Ebene des Vordergrundes abgeschlossen, ob¬
gleich das in dem Carton nicht genau zu unterscheiden ist. Auf dieser Wand
führen ein Paar Stufen zu einer Art Altan, auf dem der König sitzt, sein'Werk
zu überschauen, neben ihm zwei kleine Pfeiler mit Götzenbildern und zwei rauchen¬
den Opsersäulen. Der Tyrann ist also auch Götzendiener; eine falsche Symbolik:
sein Werk sollte der Selbstverherrlichung dienen, er hätte bei seinem ungemessenen
Hochmuth keinen andern Götzen neben sich dulden sollen. Die beiden Götzenbilder sind
herabgestürzt — die einzige Spur von Zerstörung — und liegen ans ein paar Leich¬
namen zu den Füßen des Königs, die sie also vermuthlich werden erschlagen haben.
Eine Frau, die hilfeflehend die Knie des Tyrannen umfaßt, trägt deu Reif um
ihre Stirn, sie wird also wohl seine Gemahlin sein und die Erschlagenen zu seiner
Familie gehören. Zu beiden Seiten des Königs stehen grinsende Figuren, die,
den Fuß auf die zertrümmerten Götzenbilder gestemmt, gegen ihn die Zunge aus¬
strecken und ihn sonst auf jede Weise verhöhnen. Hinter denselben, ebenfalls zu
beiden Seiten, trauernde Gestalten, die ihr Gesicht verhüllen, nachträgliche Un¬
glückspropheten, die ihre Hände weissagend zum Himmel ausstrecken, rathlose Harfen¬
spieler u. tgi. Der König, jeder Zoll Verdruß, Grimm und Verzweiflung, hat
ein gemeines Gesicht und einen gemeinen, obgleich robusten Körperbau; in seinem
Grimm, in seinem Schmerz ist kein Adel, er ist der abstracte Thcatcrtyrann.
Er scheint keinen Begriff zu haben, was eigentlich vorgeht — und theilt darin,
um es gleich voraus zu nehmen, das Schicksal der Zuschauer.

Zu beiden Seiten, aus der Höhe der ersten Terrasse, erheben sich Gerüste,
auf beym an den Mauern der zweiten gearbeitet wird. Links führt von diesen
Gerüsten ein Balken über den Saum der ersten Terrasse hinaus und ist dnrch
Pfeiler mit der Ebene des Vordergrundes verbunden; ans diesen klettern flüchtige
Arbeiter, die sich mit allen Zeichen des Entsetzens in eiliger Flucht von dem Thurm
entfernen, in den Vordergrund herab. Es sind schöne Gestalten darunter. Rechts
ist keine Verbindung mit der Ebene; den erschrockenen Arbeitern bleibt nichts
anders übrig, als verzweifelt und hilfeflehend vom Saum der Terrasse die Hände
nach der scheidenden Karavane auszustrecken. Links sehen wir einige, durch mecha¬
nische, anstrengende Arbeit in thierischen Stumpfsinn versetzte Knechte, vor ein
Joch gespannt, Baumaterial auf den Thurm führen; ein Aufseher treibt sie mir
der. Peitsche; ein Weib, das ihnen entsetzt entgegeneile, ruft ihnen zu, daß alles
vorüber sei; sie sehen mit blödem Staunen aus sie hin, ohne sie zu verstehen. Mit
dieser Gruppe correspondirt rechts ganz im Vordergrund eine andere, die sonst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/311>, abgerufen am 27.12.2024.