Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.auf die sittlich geschichtliche der ausgebildeten Staatswesen zu begründen, diesen So verderblich die Kleinstaaterei auch ist, so glaube ich doch, daß die Media- Die ganze Idee eines reichsunmittelbaren Verhältnisses werde ich nachher S^lag von F. L. Hcrbig. -- Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt. Druck von Friedrich Andrä. auf die sittlich geschichtliche der ausgebildeten Staatswesen zu begründen, diesen So verderblich die Kleinstaaterei auch ist, so glaube ich doch, daß die Media- Die ganze Idee eines reichsunmittelbaren Verhältnisses werde ich nachher S^lag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt. Druck von Friedrich Andrä. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0292" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277048"/> <p xml:id="ID_860" prev="#ID_859"> auf die sittlich geschichtliche der ausgebildeten Staatswesen zu begründen, diesen<lb/> Unsinn der demagogischen Romantik werden wir abgesondert zu beleuchten Ver¬<lb/> anlassung haben. Aber es ist bekannt, daß ein Theil der jetzigen deutschen Staaten<lb/> keine Staaten sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_861"> So verderblich die Kleinstaaterei auch ist, so glaube ich doch, daß die Media-<lb/> tisirung vertagt werden muß. Es heißt sich zu viel Arbeit mit einem Male auf?<lb/> bürden, wenn man den Demagogen auch noch die Waffe eines immerhin unbe¬<lb/> rechtigten, aus reiner Unkenntniß und thörichtem Eigensinn entspringenden Par-<lb/> ticularismus jener kleinen Staaten in die Hand gibt. Dieser Partikularismus<lb/> könnte im Duett mit den Demagogen um fo vergnüglicher schreien, da die<lb/> einzige zweckmäßige Beseitigung der kleinen Staaten ihre Einverleibung in die<lb/> angrenzenden größeren ist. Die andern Vorschläge, die gemacht worden, sind<lb/> unthunlich. Der eine, die kleinen Staaten zu combiniren, ist nur ausführbar,<lb/> so weit sie an einander liegen und so würde er noch zu keinem gebildeten Staats¬<lb/> wesen führen; der andere, sie für reichsunmittelbar zu erklären, unterscheidet<lb/> sich von dem ersteren nur dadurch, daß er die Jnconvenicnzen desselben mit weit<lb/> größeren verbindet.</p><lb/> <p xml:id="ID_862"> Die ganze Idee eines reichsunmittelbaren Verhältnisses werde ich nachher<lb/> noch beleuchten. Die Mediatisirung aber kann nominell um so unbedenklicher ver¬<lb/> tagt werden, als sie bei den übrigen Neichseinrichtungen factisch sich von selbst<lb/> machen wird. Ist ein kleiner Staat mit einem größeren zu Einheit der Militär¬<lb/> verfassung verbunden, so wird diese auch einen Theil der Civilverwaltung<lb/> nach sich ziehen, welche ja einen nothwendigen Hilfsapparat der militärischen<lb/> bildet. Ferner, wenn ein kleiner Staat ans seinen Bürgern nicht die gesetzliche<lb/> Anzahl von Geschwornen stellen und einen eignen'Cassationshof nicht beschäftigen<lb/> kann, so wird er genöthigt sein, sich mit seinem Nachbar zu Einer Gerichtsver¬<lb/> fassung zu verbinden ze. ze. So werden die kleinen Staaten faktisch auf natür¬<lb/> liche Weise assimilirt werden und dann wird es Zeit sein, dies Verhältniß theo¬<lb/> retisch auszusprechen und zu vollenden, ohne daß man jetzt den Eigensinn des<lb/> zähesten Partikularismus hervorruft und — den Beruf der Nationalversammlung<lb/> in Frage stellt. Das Recht der alleinigen Constituirung ist ihr noch nicht zuer¬<lb/> kannt, so nothwendig es ist, und die Absicht, jetzt schon mit der Mediatisirung<lb/> vorzugehn, könnte dieser Anerkennung sehr gefährlich werden und damit dem gan¬<lb/> zen Versassungswerke. Wird der Reichsgewalt das Recht der Mediatisirung aus¬<lb/> drücklich gewahrt und haben wir erst die definitive Reichsgewalt mit einem Staa-<lb/> tenhausi, so wird die Mediatisirung keine Schwierigkeit haben, wo sie nöthig ist.<lb/><note type="byline"> > ^r.</note> '., , , ........ . , ' , ' </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> S^lag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.<lb/> Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0292]
auf die sittlich geschichtliche der ausgebildeten Staatswesen zu begründen, diesen
Unsinn der demagogischen Romantik werden wir abgesondert zu beleuchten Ver¬
anlassung haben. Aber es ist bekannt, daß ein Theil der jetzigen deutschen Staaten
keine Staaten sind.
So verderblich die Kleinstaaterei auch ist, so glaube ich doch, daß die Media-
tisirung vertagt werden muß. Es heißt sich zu viel Arbeit mit einem Male auf?
bürden, wenn man den Demagogen auch noch die Waffe eines immerhin unbe¬
rechtigten, aus reiner Unkenntniß und thörichtem Eigensinn entspringenden Par-
ticularismus jener kleinen Staaten in die Hand gibt. Dieser Partikularismus
könnte im Duett mit den Demagogen um fo vergnüglicher schreien, da die
einzige zweckmäßige Beseitigung der kleinen Staaten ihre Einverleibung in die
angrenzenden größeren ist. Die andern Vorschläge, die gemacht worden, sind
unthunlich. Der eine, die kleinen Staaten zu combiniren, ist nur ausführbar,
so weit sie an einander liegen und so würde er noch zu keinem gebildeten Staats¬
wesen führen; der andere, sie für reichsunmittelbar zu erklären, unterscheidet
sich von dem ersteren nur dadurch, daß er die Jnconvenicnzen desselben mit weit
größeren verbindet.
Die ganze Idee eines reichsunmittelbaren Verhältnisses werde ich nachher
noch beleuchten. Die Mediatisirung aber kann nominell um so unbedenklicher ver¬
tagt werden, als sie bei den übrigen Neichseinrichtungen factisch sich von selbst
machen wird. Ist ein kleiner Staat mit einem größeren zu Einheit der Militär¬
verfassung verbunden, so wird diese auch einen Theil der Civilverwaltung
nach sich ziehen, welche ja einen nothwendigen Hilfsapparat der militärischen
bildet. Ferner, wenn ein kleiner Staat ans seinen Bürgern nicht die gesetzliche
Anzahl von Geschwornen stellen und einen eignen'Cassationshof nicht beschäftigen
kann, so wird er genöthigt sein, sich mit seinem Nachbar zu Einer Gerichtsver¬
fassung zu verbinden ze. ze. So werden die kleinen Staaten faktisch auf natür¬
liche Weise assimilirt werden und dann wird es Zeit sein, dies Verhältniß theo¬
retisch auszusprechen und zu vollenden, ohne daß man jetzt den Eigensinn des
zähesten Partikularismus hervorruft und — den Beruf der Nationalversammlung
in Frage stellt. Das Recht der alleinigen Constituirung ist ihr noch nicht zuer¬
kannt, so nothwendig es ist, und die Absicht, jetzt schon mit der Mediatisirung
vorzugehn, könnte dieser Anerkennung sehr gefährlich werden und damit dem gan¬
zen Versassungswerke. Wird der Reichsgewalt das Recht der Mediatisirung aus¬
drücklich gewahrt und haben wir erst die definitive Reichsgewalt mit einem Staa-
tenhausi, so wird die Mediatisirung keine Schwierigkeit haben, wo sie nöthig ist.
> ^r. '., , , ........ . , ' , '
S^lag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrä.
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