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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Um die Fürstenthümer zu erhalten, müßte Nußland zuerst die Serben, dann die
Bosniccken an sich fesseln und sein Endziel wird Dalmatien und das adriatische
Meer; -- es wäre eine Occupation voll Mühen, Kämpfe, in ihren letzten Folgen
verhängnißvoll und tödtlich für Rußland. Aber sie würde unvermeidlich. So
lange Oestreichs Farben am Pruth und ver böhmischen Grenze stehen, sind die
Südslaven getheilt, zum Theil dnrch deutsche Bildung und loyales Gesetz gebun¬
den und deshalb ist der Czar ein ehrlicher Freund Oestreichs, und wenn er eine
freiere Gestaltung des kroatischen und rumainischen Lebens nicht als vortheilhaft
loben kann, er wird doch Oestreich, welches ihm eine Schutzwehr ist, so lange
als Helfer und Stütze betrachten müssen, als es Ansehn und Kraft zeigt. Käme
aber der unheilvolle Tag, wo der Aar Oestreichs zum Tode getroffen würde, blie¬
ben Slaven und Ungarn sich selbst überlassen, ohne gemeinsame loyalen Herren, Ru߬
land müßte in die aufgewühlten, schäumenden Völkerwvgen hineindringen und sie
unterwerfen um seiner Selbsterhaltung willen. Ich brauche Euch nicht
zu sagen, was dann Eure Zukunft wäre. Nicht fünfzig Jahr und der Walache
würde dnrch das Unkraut Eurer Felder schleichen und der Russe würde seine Stie¬
feln auf die Stühle Eures freien Raths legen.

DaS wäre Euer Loos. -- Und Deutschlands Wohl würde der erschreckte
Ungar ein Bündniß mit der neuen Centralgewalt suchen und die Folge wäre ein
tätlicher .Kampf zwischen Ungarn und Slaven. Oder meint Jemand, der Wal^
lache, der Kroäk würde die Füße des deutschen Reichsmcisters küssen? Und eine
zweite Folge wäre Rußlands Nachbarschaft in Galizien, in Dalmatien, am Mit¬
telmeer und wieder ein Eutscheidnngsl'ampf zwischen Deutschen und Slaven, zwi¬
schen dem Osten und Westen Europas. Sagt nicht, Ihr Freunde, daß ich will¬
kürlich in die Zukunft hiueiuträume. Beweist, daß die Sachen anders dargestellt
sind, als sie liegen, daß die vorhandene Wirklichkeit falsch verstanden ist; und ich
will jede Folgerung zurücknehmen. Wohl läßt sich keine Zuk'unse berechnen, aber
es gibt eine unerbittliche Logik der Thatsachen und wer ihre Schlüsse vermeidet
oder für unnütz erklärt, der gleicht einem Mann, der sich die Augen verbindet,
um die drohende Feuersbrunst von seinem Hause abzuhalten. Ein conceutrir-
tes Deutschland kann nicht.bestehen ohne ein starkes souveränes
Kaiserthum Oestreich und die Endpunkte der neuen Eoncentration müssen
im Ganzen betrachtet da sein, wo der Kaiserstaat anfängt.

Durfe,: aber unsere Brüder in Wien, in Steiermark und Tirol zu den übri¬
gen Deutschen nicht sagen! Weshalb sollen wir uns ausschließen von dem neuen
Deutschland um der Ungarn, der Slovaken, der Siebenbürgen willen? Sollen
wir ein Opfer werden Eurer politischen Nothwendigkeiten, Euer Besorgnisse um
das eigene Heil? ausgeschlossen sein von deutscher Cultur, Eurem Fortschritt, be¬
schränkt auf eine Wechselwirkung mit Fremden? Wohl, spricht das deutsche Oest¬
reich so zu den übrigen Deutschen in brüderlichem Zorn, so haben diese keine an-


Um die Fürstenthümer zu erhalten, müßte Nußland zuerst die Serben, dann die
Bosniccken an sich fesseln und sein Endziel wird Dalmatien und das adriatische
Meer; — es wäre eine Occupation voll Mühen, Kämpfe, in ihren letzten Folgen
verhängnißvoll und tödtlich für Rußland. Aber sie würde unvermeidlich. So
lange Oestreichs Farben am Pruth und ver böhmischen Grenze stehen, sind die
Südslaven getheilt, zum Theil dnrch deutsche Bildung und loyales Gesetz gebun¬
den und deshalb ist der Czar ein ehrlicher Freund Oestreichs, und wenn er eine
freiere Gestaltung des kroatischen und rumainischen Lebens nicht als vortheilhaft
loben kann, er wird doch Oestreich, welches ihm eine Schutzwehr ist, so lange
als Helfer und Stütze betrachten müssen, als es Ansehn und Kraft zeigt. Käme
aber der unheilvolle Tag, wo der Aar Oestreichs zum Tode getroffen würde, blie¬
ben Slaven und Ungarn sich selbst überlassen, ohne gemeinsame loyalen Herren, Ru߬
land müßte in die aufgewühlten, schäumenden Völkerwvgen hineindringen und sie
unterwerfen um seiner Selbsterhaltung willen. Ich brauche Euch nicht
zu sagen, was dann Eure Zukunft wäre. Nicht fünfzig Jahr und der Walache
würde dnrch das Unkraut Eurer Felder schleichen und der Russe würde seine Stie¬
feln auf die Stühle Eures freien Raths legen.

DaS wäre Euer Loos. — Und Deutschlands Wohl würde der erschreckte
Ungar ein Bündniß mit der neuen Centralgewalt suchen und die Folge wäre ein
tätlicher .Kampf zwischen Ungarn und Slaven. Oder meint Jemand, der Wal^
lache, der Kroäk würde die Füße des deutschen Reichsmcisters küssen? Und eine
zweite Folge wäre Rußlands Nachbarschaft in Galizien, in Dalmatien, am Mit¬
telmeer und wieder ein Eutscheidnngsl'ampf zwischen Deutschen und Slaven, zwi¬
schen dem Osten und Westen Europas. Sagt nicht, Ihr Freunde, daß ich will¬
kürlich in die Zukunft hiueiuträume. Beweist, daß die Sachen anders dargestellt
sind, als sie liegen, daß die vorhandene Wirklichkeit falsch verstanden ist; und ich
will jede Folgerung zurücknehmen. Wohl läßt sich keine Zuk'unse berechnen, aber
es gibt eine unerbittliche Logik der Thatsachen und wer ihre Schlüsse vermeidet
oder für unnütz erklärt, der gleicht einem Mann, der sich die Augen verbindet,
um die drohende Feuersbrunst von seinem Hause abzuhalten. Ein conceutrir-
tes Deutschland kann nicht.bestehen ohne ein starkes souveränes
Kaiserthum Oestreich und die Endpunkte der neuen Eoncentration müssen
im Ganzen betrachtet da sein, wo der Kaiserstaat anfängt.

Durfe,: aber unsere Brüder in Wien, in Steiermark und Tirol zu den übri¬
gen Deutschen nicht sagen! Weshalb sollen wir uns ausschließen von dem neuen
Deutschland um der Ungarn, der Slovaken, der Siebenbürgen willen? Sollen
wir ein Opfer werden Eurer politischen Nothwendigkeiten, Euer Besorgnisse um
das eigene Heil? ausgeschlossen sein von deutscher Cultur, Eurem Fortschritt, be¬
schränkt auf eine Wechselwirkung mit Fremden? Wohl, spricht das deutsche Oest¬
reich so zu den übrigen Deutschen in brüderlichem Zorn, so haben diese keine an-


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[0224] Um die Fürstenthümer zu erhalten, müßte Nußland zuerst die Serben, dann die Bosniccken an sich fesseln und sein Endziel wird Dalmatien und das adriatische Meer; — es wäre eine Occupation voll Mühen, Kämpfe, in ihren letzten Folgen verhängnißvoll und tödtlich für Rußland. Aber sie würde unvermeidlich. So lange Oestreichs Farben am Pruth und ver böhmischen Grenze stehen, sind die Südslaven getheilt, zum Theil dnrch deutsche Bildung und loyales Gesetz gebun¬ den und deshalb ist der Czar ein ehrlicher Freund Oestreichs, und wenn er eine freiere Gestaltung des kroatischen und rumainischen Lebens nicht als vortheilhaft loben kann, er wird doch Oestreich, welches ihm eine Schutzwehr ist, so lange als Helfer und Stütze betrachten müssen, als es Ansehn und Kraft zeigt. Käme aber der unheilvolle Tag, wo der Aar Oestreichs zum Tode getroffen würde, blie¬ ben Slaven und Ungarn sich selbst überlassen, ohne gemeinsame loyalen Herren, Ru߬ land müßte in die aufgewühlten, schäumenden Völkerwvgen hineindringen und sie unterwerfen um seiner Selbsterhaltung willen. Ich brauche Euch nicht zu sagen, was dann Eure Zukunft wäre. Nicht fünfzig Jahr und der Walache würde dnrch das Unkraut Eurer Felder schleichen und der Russe würde seine Stie¬ feln auf die Stühle Eures freien Raths legen. DaS wäre Euer Loos. — Und Deutschlands Wohl würde der erschreckte Ungar ein Bündniß mit der neuen Centralgewalt suchen und die Folge wäre ein tätlicher .Kampf zwischen Ungarn und Slaven. Oder meint Jemand, der Wal^ lache, der Kroäk würde die Füße des deutschen Reichsmcisters küssen? Und eine zweite Folge wäre Rußlands Nachbarschaft in Galizien, in Dalmatien, am Mit¬ telmeer und wieder ein Eutscheidnngsl'ampf zwischen Deutschen und Slaven, zwi¬ schen dem Osten und Westen Europas. Sagt nicht, Ihr Freunde, daß ich will¬ kürlich in die Zukunft hiueiuträume. Beweist, daß die Sachen anders dargestellt sind, als sie liegen, daß die vorhandene Wirklichkeit falsch verstanden ist; und ich will jede Folgerung zurücknehmen. Wohl läßt sich keine Zuk'unse berechnen, aber es gibt eine unerbittliche Logik der Thatsachen und wer ihre Schlüsse vermeidet oder für unnütz erklärt, der gleicht einem Mann, der sich die Augen verbindet, um die drohende Feuersbrunst von seinem Hause abzuhalten. Ein conceutrir- tes Deutschland kann nicht.bestehen ohne ein starkes souveränes Kaiserthum Oestreich und die Endpunkte der neuen Eoncentration müssen im Ganzen betrachtet da sein, wo der Kaiserstaat anfängt. Durfe,: aber unsere Brüder in Wien, in Steiermark und Tirol zu den übri¬ gen Deutschen nicht sagen! Weshalb sollen wir uns ausschließen von dem neuen Deutschland um der Ungarn, der Slovaken, der Siebenbürgen willen? Sollen wir ein Opfer werden Eurer politischen Nothwendigkeiten, Euer Besorgnisse um das eigene Heil? ausgeschlossen sein von deutscher Cultur, Eurem Fortschritt, be¬ schränkt auf eine Wechselwirkung mit Fremden? Wohl, spricht das deutsche Oest¬ reich so zu den übrigen Deutschen in brüderlichem Zorn, so haben diese keine an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/224>, abgerufen am 25.12.2024.