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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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stern die Straßen mit Anschlägen kühler Denkungsart. O Federkrieg, o weiße und
rothe Rose, v York und Lancaster!

Doch trösten wir uns; (ich gehöre zur Reaction) sollte sie auch unterliegen, die
Vossische, eS schadet nichts; bereits sind gesinnungstüchtige Titelträger und Gcldsackträger
von der ehemaligen "guten Presse" zusammengetreten, um ein Organ zu gründe",
betitelt: Neue preußische Zeitung. Wir schlagen als Motto vor: Das alte Preußen
lor coot-I Dies Organ wird uns retten vor der Uebermacht der Ideen. -- --

Wahrend diese kriegerischen Gedanken die Köpse und die Schreibfedern bewegen,
scheint eine große Partei unsrer Mitbürger in tiefen Betrachtungen über ihre Kopfbe¬
deckungen verloren. Eine Revolution ändert zuvörderst die Tracht, dann einige Namen,
darauf mehreres Andere, endlich die Sitten. Bisher aber haben wir für gut gesunden,
unsere echt deutsche Sitte, das Renommiren, zu behalten und mütterlich zu pflegen.
Die Berliner Studenten haben sich namentlich mit großer Aufopferung diesem Kinder-
wärterinnengcschäft unterzogen und für'S Erste scheint die Kopfbedcckungsfrage in An¬
spruch genommen worden zu sein. Es gibt Kopfbedeckungen jetzt an sunfzig verschie¬
dener Art; mit Federn, mit Troddeln, mit Bändern; in Form von Spucknäpfen, Blu¬
mentöpfen, Zuckerdüten u I" Mephistopheles, it til, Graf Schwerin, -l l'-ib-juitiv.
Die Bürgcrwchr brütet schon lange über diesem Columbusei. Sie möchten gern etwas
Feines haben, nicht theuer, aber besser als die Studentenbude, sehr bequem, sehr krie¬
gerisch, etwas auffallend, aber gut für das bürgerliche Leben, was den Damen gefällt,
was im Regen nicht naß wird, mit einigen Kokarden, einigen Federbüschen, einigen we¬
nigen Zierrathen, vier bis fünf. Die Hntmacherläden werden nicht leer; man begehrt
nur noch Hüte mit fußbreiten Krämpen, in altdeutscher Form, oder die überhaupt
etwas Absonderliches haben. Die Verkäuferinnen verlieben sich dabei nicht selten in die
blondgelockten Jünglinge mit den langen Schnarren im Gesichte; sie selbst setzen ihnen
wohl zuweilen die Hüte auf und seufzen, und der Student, der seine Börse zieht
G. V. "ut seinen Hut bezahlt, seufzt auch. -- Es sind bedenkliche Zeiten! -


IV.
Äus Paris.

Louis Vlanc'SSicg und Cremieur Sturz. -- Da" Gesetz gegen die Zusammenrottungen. -- Die ErganznngSwahlen.

Ein Journalist, der an Talent größer ist als an Charakter, sagte neulich: der
ganze Unterschied zwischen den Girondins und den Montagnards besteht darin, daß die
einen Furcht haben und die andern Furcht machen. Crvmieux ist ein solcher Gi¬
rondist und er ist erlegen, obgleich Frankreich kein Schreckenssystem hat. Man kann,
wenn man Crvmieux tadelt, viele seiner ehemaligen Kollegen nicht schonen, denn sie
wollten so gut wie er zweien Herren dienen. Dieses Harren und Vcrlcgensein der
Regierung als es galt, über ihr Einschreiten gegen die Maiereignisse Rechenschaft zu
geben, dieses Hinneigen Lamartine's zu Ledru-Rollin und dieses zu jenen, läßt es sich
anders erklären, als daß Vorsicht den Herren geboten, mit keiner Partei entschieden
Zu brechen? Crvmieux sollte das erste Opfer dieses Schwankens sein. Man weiß, daß
die Staatsanwälte bei politischen Processen immer eine sehr schwierige Stellung haben:
sie sollen ihre Pflicht thun und es hängt alsdann von der Majorität, die sich durch die
Sympathie am Processe bildet, ab, ob sie gelobt oder getadelt werden. Läugnen läßt
sich indeß nicht, daß die meisten Staatsanwälte in der Regel in das Extrem fallen
und von inquisitorischem Geiste getrieben, den kleinsten Vcrdachtgrund zum Ausgangs¬
punkte eines Processes machen, in welchem sie eben nur eine "Cause" sehen, die um
jeden Preis gewonnen werden muß. Hat ein Staatsprokurator einen solchen Proceß
angefangen, so steht er selbst wenn die Untersuchung sich günstig für den Angeschul¬
digten herausstellt, nur äußerst selten vou seinem Processe ab. Die "Cause" war diesmal
wichtig, es galt einen Volksrepräsentanten in Criminaluntcrsuchung zu ziehen, der jetzt als
das Haupt der demokratisch,: Partei in Frankreich anzusehen ist und damals (durch die


stern die Straßen mit Anschlägen kühler Denkungsart. O Federkrieg, o weiße und
rothe Rose, v York und Lancaster!

Doch trösten wir uns; (ich gehöre zur Reaction) sollte sie auch unterliegen, die
Vossische, eS schadet nichts; bereits sind gesinnungstüchtige Titelträger und Gcldsackträger
von der ehemaligen „guten Presse" zusammengetreten, um ein Organ zu gründe»,
betitelt: Neue preußische Zeitung. Wir schlagen als Motto vor: Das alte Preußen
lor coot-I Dies Organ wird uns retten vor der Uebermacht der Ideen. — —

Wahrend diese kriegerischen Gedanken die Köpse und die Schreibfedern bewegen,
scheint eine große Partei unsrer Mitbürger in tiefen Betrachtungen über ihre Kopfbe¬
deckungen verloren. Eine Revolution ändert zuvörderst die Tracht, dann einige Namen,
darauf mehreres Andere, endlich die Sitten. Bisher aber haben wir für gut gesunden,
unsere echt deutsche Sitte, das Renommiren, zu behalten und mütterlich zu pflegen.
Die Berliner Studenten haben sich namentlich mit großer Aufopferung diesem Kinder-
wärterinnengcschäft unterzogen und für'S Erste scheint die Kopfbedcckungsfrage in An¬
spruch genommen worden zu sein. Es gibt Kopfbedeckungen jetzt an sunfzig verschie¬
dener Art; mit Federn, mit Troddeln, mit Bändern; in Form von Spucknäpfen, Blu¬
mentöpfen, Zuckerdüten u I" Mephistopheles, it til, Graf Schwerin, -l l'-ib-juitiv.
Die Bürgcrwchr brütet schon lange über diesem Columbusei. Sie möchten gern etwas
Feines haben, nicht theuer, aber besser als die Studentenbude, sehr bequem, sehr krie¬
gerisch, etwas auffallend, aber gut für das bürgerliche Leben, was den Damen gefällt,
was im Regen nicht naß wird, mit einigen Kokarden, einigen Federbüschen, einigen we¬
nigen Zierrathen, vier bis fünf. Die Hntmacherläden werden nicht leer; man begehrt
nur noch Hüte mit fußbreiten Krämpen, in altdeutscher Form, oder die überhaupt
etwas Absonderliches haben. Die Verkäuferinnen verlieben sich dabei nicht selten in die
blondgelockten Jünglinge mit den langen Schnarren im Gesichte; sie selbst setzen ihnen
wohl zuweilen die Hüte auf und seufzen, und der Student, der seine Börse zieht
G. V. »ut seinen Hut bezahlt, seufzt auch. — Es sind bedenkliche Zeiten! -


IV.
Äus Paris.

Louis Vlanc'SSicg und Cremieur Sturz. — Da» Gesetz gegen die Zusammenrottungen. — Die ErganznngSwahlen.

Ein Journalist, der an Talent größer ist als an Charakter, sagte neulich: der
ganze Unterschied zwischen den Girondins und den Montagnards besteht darin, daß die
einen Furcht haben und die andern Furcht machen. Crvmieux ist ein solcher Gi¬
rondist und er ist erlegen, obgleich Frankreich kein Schreckenssystem hat. Man kann,
wenn man Crvmieux tadelt, viele seiner ehemaligen Kollegen nicht schonen, denn sie
wollten so gut wie er zweien Herren dienen. Dieses Harren und Vcrlcgensein der
Regierung als es galt, über ihr Einschreiten gegen die Maiereignisse Rechenschaft zu
geben, dieses Hinneigen Lamartine's zu Ledru-Rollin und dieses zu jenen, läßt es sich
anders erklären, als daß Vorsicht den Herren geboten, mit keiner Partei entschieden
Zu brechen? Crvmieux sollte das erste Opfer dieses Schwankens sein. Man weiß, daß
die Staatsanwälte bei politischen Processen immer eine sehr schwierige Stellung haben:
sie sollen ihre Pflicht thun und es hängt alsdann von der Majorität, die sich durch die
Sympathie am Processe bildet, ab, ob sie gelobt oder getadelt werden. Läugnen läßt
sich indeß nicht, daß die meisten Staatsanwälte in der Regel in das Extrem fallen
und von inquisitorischem Geiste getrieben, den kleinsten Vcrdachtgrund zum Ausgangs¬
punkte eines Processes machen, in welchem sie eben nur eine „Cause" sehen, die um
jeden Preis gewonnen werden muß. Hat ein Staatsprokurator einen solchen Proceß
angefangen, so steht er selbst wenn die Untersuchung sich günstig für den Angeschul¬
digten herausstellt, nur äußerst selten vou seinem Processe ab. Die „Cause" war diesmal
wichtig, es galt einen Volksrepräsentanten in Criminaluntcrsuchung zu ziehen, der jetzt als
das Haupt der demokratisch,: Partei in Frankreich anzusehen ist und damals (durch die


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[0461] stern die Straßen mit Anschlägen kühler Denkungsart. O Federkrieg, o weiße und rothe Rose, v York und Lancaster! Doch trösten wir uns; (ich gehöre zur Reaction) sollte sie auch unterliegen, die Vossische, eS schadet nichts; bereits sind gesinnungstüchtige Titelträger und Gcldsackträger von der ehemaligen „guten Presse" zusammengetreten, um ein Organ zu gründe», betitelt: Neue preußische Zeitung. Wir schlagen als Motto vor: Das alte Preußen lor coot-I Dies Organ wird uns retten vor der Uebermacht der Ideen. — — Wahrend diese kriegerischen Gedanken die Köpse und die Schreibfedern bewegen, scheint eine große Partei unsrer Mitbürger in tiefen Betrachtungen über ihre Kopfbe¬ deckungen verloren. Eine Revolution ändert zuvörderst die Tracht, dann einige Namen, darauf mehreres Andere, endlich die Sitten. Bisher aber haben wir für gut gesunden, unsere echt deutsche Sitte, das Renommiren, zu behalten und mütterlich zu pflegen. Die Berliner Studenten haben sich namentlich mit großer Aufopferung diesem Kinder- wärterinnengcschäft unterzogen und für'S Erste scheint die Kopfbedcckungsfrage in An¬ spruch genommen worden zu sein. Es gibt Kopfbedeckungen jetzt an sunfzig verschie¬ dener Art; mit Federn, mit Troddeln, mit Bändern; in Form von Spucknäpfen, Blu¬ mentöpfen, Zuckerdüten u I" Mephistopheles, it til, Graf Schwerin, -l l'-ib-juitiv. Die Bürgcrwchr brütet schon lange über diesem Columbusei. Sie möchten gern etwas Feines haben, nicht theuer, aber besser als die Studentenbude, sehr bequem, sehr krie¬ gerisch, etwas auffallend, aber gut für das bürgerliche Leben, was den Damen gefällt, was im Regen nicht naß wird, mit einigen Kokarden, einigen Federbüschen, einigen we¬ nigen Zierrathen, vier bis fünf. Die Hntmacherläden werden nicht leer; man begehrt nur noch Hüte mit fußbreiten Krämpen, in altdeutscher Form, oder die überhaupt etwas Absonderliches haben. Die Verkäuferinnen verlieben sich dabei nicht selten in die blondgelockten Jünglinge mit den langen Schnarren im Gesichte; sie selbst setzen ihnen wohl zuweilen die Hüte auf und seufzen, und der Student, der seine Börse zieht G. V. »ut seinen Hut bezahlt, seufzt auch. — Es sind bedenkliche Zeiten! - IV. Äus Paris. Louis Vlanc'SSicg und Cremieur Sturz. — Da» Gesetz gegen die Zusammenrottungen. — Die ErganznngSwahlen. Ein Journalist, der an Talent größer ist als an Charakter, sagte neulich: der ganze Unterschied zwischen den Girondins und den Montagnards besteht darin, daß die einen Furcht haben und die andern Furcht machen. Crvmieux ist ein solcher Gi¬ rondist und er ist erlegen, obgleich Frankreich kein Schreckenssystem hat. Man kann, wenn man Crvmieux tadelt, viele seiner ehemaligen Kollegen nicht schonen, denn sie wollten so gut wie er zweien Herren dienen. Dieses Harren und Vcrlcgensein der Regierung als es galt, über ihr Einschreiten gegen die Maiereignisse Rechenschaft zu geben, dieses Hinneigen Lamartine's zu Ledru-Rollin und dieses zu jenen, läßt es sich anders erklären, als daß Vorsicht den Herren geboten, mit keiner Partei entschieden Zu brechen? Crvmieux sollte das erste Opfer dieses Schwankens sein. Man weiß, daß die Staatsanwälte bei politischen Processen immer eine sehr schwierige Stellung haben: sie sollen ihre Pflicht thun und es hängt alsdann von der Majorität, die sich durch die Sympathie am Processe bildet, ab, ob sie gelobt oder getadelt werden. Läugnen läßt sich indeß nicht, daß die meisten Staatsanwälte in der Regel in das Extrem fallen und von inquisitorischem Geiste getrieben, den kleinsten Vcrdachtgrund zum Ausgangs¬ punkte eines Processes machen, in welchem sie eben nur eine „Cause" sehen, die um jeden Preis gewonnen werden muß. Hat ein Staatsprokurator einen solchen Proceß angefangen, so steht er selbst wenn die Untersuchung sich günstig für den Angeschul¬ digten herausstellt, nur äußerst selten vou seinem Processe ab. Die „Cause" war diesmal wichtig, es galt einen Volksrepräsentanten in Criminaluntcrsuchung zu ziehen, der jetzt als das Haupt der demokratisch,: Partei in Frankreich anzusehen ist und damals (durch die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/461>, abgerufen am 26.06.2024.