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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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und denselben Mittelpunkt - was auch wir wollen -- die czechische Politik hin¬
gegen verlangt das autiquirteflc, was man nur wünschen kann, die Erhaltung
Oestreichs und die Abtrennung der deutschen Provinzen Oestreichs von dem übri¬
gen Deutschland. Die Sprache des Manifestes predigt Völkerfrieden, die ganze
Politik der Czechen, von dem ersten Tage ihrer Entstehung an, war gehässig,
die Deutschen zum Zorn und Haß aufreizend. Wie kommen diese Schreckensmänner
zur Sprache des Friedens? Gewiß sehr gegen ihre eigene Natur.

Ganz anders, als aus dieser Schrift an die Völker Europas, lernen wir
die Politik der pauslavistischeu Partei aus einem Manifest kennen, das das pro¬
visorische slavische Natioualcomitl; an die deutsche Nationalversammlung in Frank¬
furt erlassen hat. Da spricht noch dieselbe alte Politik heraus, die wir zuerst im
Palacky'sehen Briefe an den Fünfziger-Ausschuß kennen lernten und aus dem immer
weiter ausgebildete" vollen Feldzugsplan der czechischen Partei geschaffen wurde.
"Deutschland," heißt es hier, "beansprucht einen großen Theil der östreichischen
Monarchie, als dem deutschen Bunde gehörig. Wir Slaven können dies nicht
erlaube". Die Souveränität des gesammten Oestreich in der Person seines Kai¬
sers muß ungeschmälert erhalten werden. Darum Protestiren wir feierlichst gegen
jede Beschickung des Frankfurter Bundestages."

Die Sprache dieses Briefes ist deutlich und es ist begreiflich, daß sie einen
ungeheuern Schrei des Unwillens bei ihrer Lesung im deutschen Parlamente her¬
vorrief. Ist sie doch ein Fehdehandschuh, hingeworfen allen deutschen Provinzen,
die für das Parlament gewählt haben, hingeworfen dem deutschen Parlament,
das diese Wahlen als gültig, die Deputirten als Ausdruck des Volkswillens auf¬
genommen hat. Daß slavische Staaten, nicht zum Bunde gehörig, vom deutschen
Parlament nicht abhängig gemacht werden sollen, versteht sich von selbst und wurde
auch vorausgesetzt, aber sollen sieh's die Slaven anmaßen dürfen, deutsche Wahlen
in dentschen Provinzen ausgeschrieben und vor sich gegangen, als ungültig zer¬
schlagen zu wollen? Ich sagte im vorigen Hefte, daß es nicht unwahrscheinlich
sei, daß slavische Heere noch einmal im Sturm gegen das radicale Wien ziehen
würden; nach dieser Erklärung, in welcher sie sich zu Wehr- und Schutzmännern
eines auch in seinen deutselen Provinzen von Dcntscl land abgetrennten integralen und
souveränen Oestreichs erklären, dürfte dies gar nicht so unwahrscheinlich klingen.

Die slavische Politik ist in den beiden Formen, die sie durchgemacht hat,
dieselbe geblieben. Zuerst wollte sie Oestreich zu einem slavischen Staate machen,
slavische Minister unterschieben und den Deutschen in Oestreich einreden, daß sie
eben Oestreicher und keine Dentsckcn seien.

Es war dies die Zeit, wo jeder Böhme die sckwarzgelbe Kokarde trug. Aber
die Wiener entwickelten mehr Energie, als man in Böhmen geglaubt lenkte. Der
slavische Minister Palacky, mit dem man den Anfang machte, hatte sich nicht
zwölf Stunden in Wien erhalten können, und "Auschluß an Deutschland" ward


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und denselben Mittelpunkt - was auch wir wollen — die czechische Politik hin¬
gegen verlangt das autiquirteflc, was man nur wünschen kann, die Erhaltung
Oestreichs und die Abtrennung der deutschen Provinzen Oestreichs von dem übri¬
gen Deutschland. Die Sprache des Manifestes predigt Völkerfrieden, die ganze
Politik der Czechen, von dem ersten Tage ihrer Entstehung an, war gehässig,
die Deutschen zum Zorn und Haß aufreizend. Wie kommen diese Schreckensmänner
zur Sprache des Friedens? Gewiß sehr gegen ihre eigene Natur.

Ganz anders, als aus dieser Schrift an die Völker Europas, lernen wir
die Politik der pauslavistischeu Partei aus einem Manifest kennen, das das pro¬
visorische slavische Natioualcomitl; an die deutsche Nationalversammlung in Frank¬
furt erlassen hat. Da spricht noch dieselbe alte Politik heraus, die wir zuerst im
Palacky'sehen Briefe an den Fünfziger-Ausschuß kennen lernten und aus dem immer
weiter ausgebildete» vollen Feldzugsplan der czechischen Partei geschaffen wurde.
„Deutschland," heißt es hier, „beansprucht einen großen Theil der östreichischen
Monarchie, als dem deutschen Bunde gehörig. Wir Slaven können dies nicht
erlaube». Die Souveränität des gesammten Oestreich in der Person seines Kai¬
sers muß ungeschmälert erhalten werden. Darum Protestiren wir feierlichst gegen
jede Beschickung des Frankfurter Bundestages."

Die Sprache dieses Briefes ist deutlich und es ist begreiflich, daß sie einen
ungeheuern Schrei des Unwillens bei ihrer Lesung im deutschen Parlamente her¬
vorrief. Ist sie doch ein Fehdehandschuh, hingeworfen allen deutschen Provinzen,
die für das Parlament gewählt haben, hingeworfen dem deutschen Parlament,
das diese Wahlen als gültig, die Deputirten als Ausdruck des Volkswillens auf¬
genommen hat. Daß slavische Staaten, nicht zum Bunde gehörig, vom deutschen
Parlament nicht abhängig gemacht werden sollen, versteht sich von selbst und wurde
auch vorausgesetzt, aber sollen sieh's die Slaven anmaßen dürfen, deutsche Wahlen
in dentschen Provinzen ausgeschrieben und vor sich gegangen, als ungültig zer¬
schlagen zu wollen? Ich sagte im vorigen Hefte, daß es nicht unwahrscheinlich
sei, daß slavische Heere noch einmal im Sturm gegen das radicale Wien ziehen
würden; nach dieser Erklärung, in welcher sie sich zu Wehr- und Schutzmännern
eines auch in seinen deutselen Provinzen von Dcntscl land abgetrennten integralen und
souveränen Oestreichs erklären, dürfte dies gar nicht so unwahrscheinlich klingen.

Die slavische Politik ist in den beiden Formen, die sie durchgemacht hat,
dieselbe geblieben. Zuerst wollte sie Oestreich zu einem slavischen Staate machen,
slavische Minister unterschieben und den Deutschen in Oestreich einreden, daß sie
eben Oestreicher und keine Dentsckcn seien.

Es war dies die Zeit, wo jeder Böhme die sckwarzgelbe Kokarde trug. Aber
die Wiener entwickelten mehr Energie, als man in Böhmen geglaubt lenkte. Der
slavische Minister Palacky, mit dem man den Anfang machte, hatte sich nicht
zwölf Stunden in Wien erhalten können, und „Auschluß an Deutschland" ward


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[0449] und denselben Mittelpunkt - was auch wir wollen — die czechische Politik hin¬ gegen verlangt das autiquirteflc, was man nur wünschen kann, die Erhaltung Oestreichs und die Abtrennung der deutschen Provinzen Oestreichs von dem übri¬ gen Deutschland. Die Sprache des Manifestes predigt Völkerfrieden, die ganze Politik der Czechen, von dem ersten Tage ihrer Entstehung an, war gehässig, die Deutschen zum Zorn und Haß aufreizend. Wie kommen diese Schreckensmänner zur Sprache des Friedens? Gewiß sehr gegen ihre eigene Natur. Ganz anders, als aus dieser Schrift an die Völker Europas, lernen wir die Politik der pauslavistischeu Partei aus einem Manifest kennen, das das pro¬ visorische slavische Natioualcomitl; an die deutsche Nationalversammlung in Frank¬ furt erlassen hat. Da spricht noch dieselbe alte Politik heraus, die wir zuerst im Palacky'sehen Briefe an den Fünfziger-Ausschuß kennen lernten und aus dem immer weiter ausgebildete» vollen Feldzugsplan der czechischen Partei geschaffen wurde. „Deutschland," heißt es hier, „beansprucht einen großen Theil der östreichischen Monarchie, als dem deutschen Bunde gehörig. Wir Slaven können dies nicht erlaube». Die Souveränität des gesammten Oestreich in der Person seines Kai¬ sers muß ungeschmälert erhalten werden. Darum Protestiren wir feierlichst gegen jede Beschickung des Frankfurter Bundestages." Die Sprache dieses Briefes ist deutlich und es ist begreiflich, daß sie einen ungeheuern Schrei des Unwillens bei ihrer Lesung im deutschen Parlamente her¬ vorrief. Ist sie doch ein Fehdehandschuh, hingeworfen allen deutschen Provinzen, die für das Parlament gewählt haben, hingeworfen dem deutschen Parlament, das diese Wahlen als gültig, die Deputirten als Ausdruck des Volkswillens auf¬ genommen hat. Daß slavische Staaten, nicht zum Bunde gehörig, vom deutschen Parlament nicht abhängig gemacht werden sollen, versteht sich von selbst und wurde auch vorausgesetzt, aber sollen sieh's die Slaven anmaßen dürfen, deutsche Wahlen in dentschen Provinzen ausgeschrieben und vor sich gegangen, als ungültig zer¬ schlagen zu wollen? Ich sagte im vorigen Hefte, daß es nicht unwahrscheinlich sei, daß slavische Heere noch einmal im Sturm gegen das radicale Wien ziehen würden; nach dieser Erklärung, in welcher sie sich zu Wehr- und Schutzmännern eines auch in seinen deutselen Provinzen von Dcntscl land abgetrennten integralen und souveränen Oestreichs erklären, dürfte dies gar nicht so unwahrscheinlich klingen. Die slavische Politik ist in den beiden Formen, die sie durchgemacht hat, dieselbe geblieben. Zuerst wollte sie Oestreich zu einem slavischen Staate machen, slavische Minister unterschieben und den Deutschen in Oestreich einreden, daß sie eben Oestreicher und keine Dentsckcn seien. Es war dies die Zeit, wo jeder Böhme die sckwarzgelbe Kokarde trug. Aber die Wiener entwickelten mehr Energie, als man in Böhmen geglaubt lenkte. Der slavische Minister Palacky, mit dem man den Anfang machte, hatte sich nicht zwölf Stunden in Wien erhalten können, und „Auschluß an Deutschland" ward 57*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/449>, abgerufen am 26.06.2024.