Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.ihr einen allerliebsten weißen Arm zu zeigen. Eine solche Heroine hätte kaum Nächst Berlin waren unter den Freischaaren am reichsten vertreten die Rhein- Wenn anch unter sich die Freischaaren in ziemlich gutem Einvernehmen stan¬ ihr einen allerliebsten weißen Arm zu zeigen. Eine solche Heroine hätte kaum Nächst Berlin waren unter den Freischaaren am reichsten vertreten die Rhein- Wenn anch unter sich die Freischaaren in ziemlich gutem Einvernehmen stan¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276650"/> <p xml:id="ID_1534" prev="#ID_1533"> ihr einen allerliebsten weißen Arm zu zeigen. Eine solche Heroine hätte kaum<lb/> des männlichen Schutzes bedurft, aber Weib bleibt Weib, trotz aller Emancipation.<lb/> Der Führer der „feinen Berliner," Herr S —ky, war der Glückliche, der starke<lb/> Stamm, um welchen sich im Anfang ihre zarte Weiblichkeit liebend hinaufrankte.<lb/> Aber ach, ihm war es nicht beschieden, die freie Schöne zu fesseln, und zähneknirschend<lb/> mußte er sie eines Tages an der Seite seines Befehlshabers im bequemen Wagen an<lb/> sich vorbeifliegen sehen, während er im Staub der Haide dahin marschirte, den<lb/> Tod im gebrochene» Herzen. War das der Lohn für die Reqnisitiousanstrengun-<lb/> gen zu ihren Gunsten? Denn sprang nicht die dienstthuende Ordonanz in jedes<lb/> Straßeuwirthshaus und rief: Zwei Flaschen Rothwein für die berühmte Lady<lb/> A —! und wurde diese nicht immer so eilig verabfolgt, das selbst das Bezahlen<lb/> vergessen wurde? Aber es gibt eine Nemesis — nach drei Tagen schon ritt der<lb/> Major einsam dahin und die Lady wandelte am Arm eines blonden Lieutenants.<lb/> Und endlich war auch ihr Kreislauf vollbracht und sie kehrte wieder zurück unter<lb/> den Schutz ihres ersten Getreuen. Da war große Frende unter den „feinen Ber¬<lb/> linern" und sie veranstalteten augenblicklich einen Ball mit Fackelzug.</p><lb/> <p xml:id="ID_1535"> Nächst Berlin waren unter den Freischaaren am reichsten vertreten die Rhein-<lb/> lande. Köln und Mainz hatten ihre Brauseköpfe gesandt; kühne, wilde Leute,<lb/> welchen es im Gefecht so wohl war, wie in der Schenke. Ich erinnere mich noch<lb/> mit Vergnügen eines alten Burschen aus Köln, einer grauen, verwitterten Ge¬<lb/> stalt, jeder Zoll ein Landsknecht. Er war Unteroffizier, hatte in Algier und<lb/> Spanien gekämpft und konnte viele Wunden ausweisen. Im Treffen bei Altenhof<lb/> traf seine sichere Büchse nach und nach sechs dänische Schützen — es war ihm<lb/> aber nicht genug, seine Feinde niedergeworfen zu haben, wie ein Indianer wollte<lb/> er auch von jedem eine Siegestrophäe erbeute». So lies er denn nach jede»! guten<lb/> Schuß in den dichteste» Kugelregen und holte sich von dem einen Uniformöknopf,<lb/> von jenem die Feldflasche, vom andern das Seitengewehr. Sein alter Mantel<lb/> ward von acht Kugeln durchlöchert, er selbst aber blieb unversehrt. Auch West-<lb/> phalen hatte viele Leute unter die Freischaaren gesendet; ihnen kann leider nicht<lb/> das beste Sittenzcugniß gegeben werden. Ans Böhmen kam ebenfalls eine statt¬<lb/> liche Schaar, welche leider nicht mehr i» el» Treffen kam und daher theilweise<lb/> dem Übersprudeluden Muth in Duellen Luft zu machen suchte. Endlich muß ich<lb/> noch der Leipziger und Jenenser Studenten erwähnen, sast alle brave, hochherzige<lb/> junge Männer, welchen das Deutschthum keine leere Phrase war und die allent¬<lb/> halben das Herz ans dem rechte» Flecke trugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1536" next="#ID_1537"> Wenn anch unter sich die Freischaaren in ziemlich gutem Einvernehmen stan¬<lb/> den, so kann doch dies nicht in Beziehung ans ihr Verhältniß zu dem Linien¬<lb/> militär gesagt werden. Die Offiziere des Letzteren, besonders die der preußischen<lb/> Gaude, schöre» uns sämmtlich über einen Kamm und nannten uns Banditen,<lb/> Strauchdiebe, Gesinde! wo und wie sie es konnten. Wir haben eine solche schmäh-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
ihr einen allerliebsten weißen Arm zu zeigen. Eine solche Heroine hätte kaum
des männlichen Schutzes bedurft, aber Weib bleibt Weib, trotz aller Emancipation.
Der Führer der „feinen Berliner," Herr S —ky, war der Glückliche, der starke
Stamm, um welchen sich im Anfang ihre zarte Weiblichkeit liebend hinaufrankte.
Aber ach, ihm war es nicht beschieden, die freie Schöne zu fesseln, und zähneknirschend
mußte er sie eines Tages an der Seite seines Befehlshabers im bequemen Wagen an
sich vorbeifliegen sehen, während er im Staub der Haide dahin marschirte, den
Tod im gebrochene» Herzen. War das der Lohn für die Reqnisitiousanstrengun-
gen zu ihren Gunsten? Denn sprang nicht die dienstthuende Ordonanz in jedes
Straßeuwirthshaus und rief: Zwei Flaschen Rothwein für die berühmte Lady
A —! und wurde diese nicht immer so eilig verabfolgt, das selbst das Bezahlen
vergessen wurde? Aber es gibt eine Nemesis — nach drei Tagen schon ritt der
Major einsam dahin und die Lady wandelte am Arm eines blonden Lieutenants.
Und endlich war auch ihr Kreislauf vollbracht und sie kehrte wieder zurück unter
den Schutz ihres ersten Getreuen. Da war große Frende unter den „feinen Ber¬
linern" und sie veranstalteten augenblicklich einen Ball mit Fackelzug.
Nächst Berlin waren unter den Freischaaren am reichsten vertreten die Rhein-
lande. Köln und Mainz hatten ihre Brauseköpfe gesandt; kühne, wilde Leute,
welchen es im Gefecht so wohl war, wie in der Schenke. Ich erinnere mich noch
mit Vergnügen eines alten Burschen aus Köln, einer grauen, verwitterten Ge¬
stalt, jeder Zoll ein Landsknecht. Er war Unteroffizier, hatte in Algier und
Spanien gekämpft und konnte viele Wunden ausweisen. Im Treffen bei Altenhof
traf seine sichere Büchse nach und nach sechs dänische Schützen — es war ihm
aber nicht genug, seine Feinde niedergeworfen zu haben, wie ein Indianer wollte
er auch von jedem eine Siegestrophäe erbeute». So lies er denn nach jede»! guten
Schuß in den dichteste» Kugelregen und holte sich von dem einen Uniformöknopf,
von jenem die Feldflasche, vom andern das Seitengewehr. Sein alter Mantel
ward von acht Kugeln durchlöchert, er selbst aber blieb unversehrt. Auch West-
phalen hatte viele Leute unter die Freischaaren gesendet; ihnen kann leider nicht
das beste Sittenzcugniß gegeben werden. Ans Böhmen kam ebenfalls eine statt¬
liche Schaar, welche leider nicht mehr i» el» Treffen kam und daher theilweise
dem Übersprudeluden Muth in Duellen Luft zu machen suchte. Endlich muß ich
noch der Leipziger und Jenenser Studenten erwähnen, sast alle brave, hochherzige
junge Männer, welchen das Deutschthum keine leere Phrase war und die allent¬
halben das Herz ans dem rechte» Flecke trugen.
Wenn anch unter sich die Freischaaren in ziemlich gutem Einvernehmen stan¬
den, so kann doch dies nicht in Beziehung ans ihr Verhältniß zu dem Linien¬
militär gesagt werden. Die Offiziere des Letzteren, besonders die der preußischen
Gaude, schöre» uns sämmtlich über einen Kamm und nannten uns Banditen,
Strauchdiebe, Gesinde! wo und wie sie es konnten. Wir haben eine solche schmäh-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |