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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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Keinem ein, sich darüber ernstlich zu beklagen. Als wir in Feindesland kamen,
ging es schon besser. Da hatten wir schon Kriegsgebrauch gelernt und das Wort
begriffen, ohne welches ein Krieg unmöglich ist. Dieses schöne Wort heißt: Re¬
quisition. Da wurde requirirt, was nur eßbar war: Brot, Butter, Eier, Milch,
Branntwein, Speck, Fleisch; ja der gute General Wrangel, unser Generalissimus,
requirirte sogar für uus in Jütland Cigarren und Tabak, und daß er die zwei
Millionen Thaler, wie es in seiner Absicht lag, nicht requiriren durfte, war ein
Schmerz, der ihm und uns nahe ging. In Jütland hatten wir ruhiges Leben,
die Herren Dänen waren jenseits der Meere und die falschen Bauern fürchteten
sich sehr vor Schießgewehren. Dennoch behagte es uns nicht sonderlich daselbst,
denn mehr wie vor den Dänen fürchteten wir uns vor gewissen Plagen, die in
Jütland z" Haus und erblich sind. Von dem Schmutz der Bewohner dieses Lan¬
des und ihrer Wohnungen sich einen Begriff zu machen, hält schwer, wenn man
nicht auf eigener Anschauung fußt. Bei den Juden ist die Unreinlichkeit zur Noth¬
wendigkeit, ja ich möchte sagen, zum Luxus geworden. Ein Stieres, faules Volk,
heimtückisch und roh, ekelhaft im Aeuhereu und Juneren -- wir gaben ihnen den
Haß redlich heim, mit welchem sie uus allenthalben betrachteten. Derselbe war
aber so groß, daß selbst unsere galantesten Berliner in dem romantisch gelegenen
Städtchen Beile, dem sogenannten dänischen Paradies, bei den hübschen Dänen^
Mädchen kein Glück zu machen vermochten, sondern mit höhnischen Geberden abge¬
wiesen wurden. Aber in Hadersleben, der Stadt Deutschlands, welche unter allen
die meisten schonen Frauen zählt, fand sich Ersatz.

Da ich gerade von den Berlinern spreche, so muß ich erwähnen, daß ihre
Freischaar die zahlreichste unter Allen war. Sie schied sich aber in zwei Genos¬
senschaften: Jene schon angeführten Barrikadenlente, fast sämmtlich gediente Sol¬
daten, unschätzbar im Krieg, aber grauenhaft im Friede", der Stolz der Schlacht
und die Plage des Landmanns, und dann die "freie" Berliner." Die letzteren
zeichnete" sich insbesondere dadurch aus, daß jeder einen schwarzen Frack und ein
Paar Glacvestiefel im Tornister führte und seine Löhnung nur für Handschuhe
ausgab. Wenn sie in die Garnison kamen, so war ihr Erstes, an demselben Abend
>was einen Ball zu arrangiren oder ein Ständchen mit Fackelzug zu bringen. Sie
waren die Bevorzugten in jeder Hinsicht, und ihnen hatte sich auch die bekannte
Madame A . . . angeschlossen. Diese Dame hat in unserem Feldzug ein
Stück ihrer wilden Rosen in's Practische übersetzt, "freiem Lebe", freiem Lieben
ist sie immer.treu geblieben." Sie ist ein schmächtiges Weib mit interessanten
Angen -- vonn, denn! Aber als einzige weibliche Erscheinung unter Tausenden
wilder Krieger wußte sie die allgemeine Aufmerksamkeit zu fesseln. Sie nahm sich
überdies mit der größten Aufopferung und s-ins xöiw der Pflege der Berwuude-
ten an, und das verdient volle Anerkennung. Ja sie ist sogar durch einen Streif¬
schuß verwundet worden und nahm sehr gerne Gelegenheit, die Wunde und mit


Keinem ein, sich darüber ernstlich zu beklagen. Als wir in Feindesland kamen,
ging es schon besser. Da hatten wir schon Kriegsgebrauch gelernt und das Wort
begriffen, ohne welches ein Krieg unmöglich ist. Dieses schöne Wort heißt: Re¬
quisition. Da wurde requirirt, was nur eßbar war: Brot, Butter, Eier, Milch,
Branntwein, Speck, Fleisch; ja der gute General Wrangel, unser Generalissimus,
requirirte sogar für uus in Jütland Cigarren und Tabak, und daß er die zwei
Millionen Thaler, wie es in seiner Absicht lag, nicht requiriren durfte, war ein
Schmerz, der ihm und uns nahe ging. In Jütland hatten wir ruhiges Leben,
die Herren Dänen waren jenseits der Meere und die falschen Bauern fürchteten
sich sehr vor Schießgewehren. Dennoch behagte es uns nicht sonderlich daselbst,
denn mehr wie vor den Dänen fürchteten wir uns vor gewissen Plagen, die in
Jütland z» Haus und erblich sind. Von dem Schmutz der Bewohner dieses Lan¬
des und ihrer Wohnungen sich einen Begriff zu machen, hält schwer, wenn man
nicht auf eigener Anschauung fußt. Bei den Juden ist die Unreinlichkeit zur Noth¬
wendigkeit, ja ich möchte sagen, zum Luxus geworden. Ein Stieres, faules Volk,
heimtückisch und roh, ekelhaft im Aeuhereu und Juneren — wir gaben ihnen den
Haß redlich heim, mit welchem sie uus allenthalben betrachteten. Derselbe war
aber so groß, daß selbst unsere galantesten Berliner in dem romantisch gelegenen
Städtchen Beile, dem sogenannten dänischen Paradies, bei den hübschen Dänen^
Mädchen kein Glück zu machen vermochten, sondern mit höhnischen Geberden abge¬
wiesen wurden. Aber in Hadersleben, der Stadt Deutschlands, welche unter allen
die meisten schonen Frauen zählt, fand sich Ersatz.

Da ich gerade von den Berlinern spreche, so muß ich erwähnen, daß ihre
Freischaar die zahlreichste unter Allen war. Sie schied sich aber in zwei Genos¬
senschaften: Jene schon angeführten Barrikadenlente, fast sämmtlich gediente Sol¬
daten, unschätzbar im Krieg, aber grauenhaft im Friede», der Stolz der Schlacht
und die Plage des Landmanns, und dann die „freie» Berliner." Die letzteren
zeichnete» sich insbesondere dadurch aus, daß jeder einen schwarzen Frack und ein
Paar Glacvestiefel im Tornister führte und seine Löhnung nur für Handschuhe
ausgab. Wenn sie in die Garnison kamen, so war ihr Erstes, an demselben Abend
>was einen Ball zu arrangiren oder ein Ständchen mit Fackelzug zu bringen. Sie
waren die Bevorzugten in jeder Hinsicht, und ihnen hatte sich auch die bekannte
Madame A . . . angeschlossen. Diese Dame hat in unserem Feldzug ein
Stück ihrer wilden Rosen in's Practische übersetzt, „freiem Lebe», freiem Lieben
ist sie immer.treu geblieben." Sie ist ein schmächtiges Weib mit interessanten
Angen — vonn, denn! Aber als einzige weibliche Erscheinung unter Tausenden
wilder Krieger wußte sie die allgemeine Aufmerksamkeit zu fesseln. Sie nahm sich
überdies mit der größten Aufopferung und s-ins xöiw der Pflege der Berwuude-
ten an, und das verdient volle Anerkennung. Ja sie ist sogar durch einen Streif¬
schuß verwundet worden und nahm sehr gerne Gelegenheit, die Wunde und mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/443>, abgerufen am 26.06.2024.