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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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hochgebildeter und verständiger Mann, welchen wir alle liebten und verehrten.
Im Ganzen standen sechs verschiedene Freicorps im Feld, das Bracklow'sche, die
Kieler Turner und Studenten, das v. Krogh'sche, das von der Tann'sche, das
Wasmer'sche und das Rantzau'sche. In der dritten Compagnie des letztern stand
ich als wohlt'estellter Unteroffizier unter der unmittelbaren Führung des Haupt-
manns Aldosser, eines dänischen Artillerieoffiziers. Aldossrr war bekannt als der
verwegenste und tapferste Soldat der Armee; weniger zum Feldherrn als vielmehr
zum Parteigänger geboren, kannte er dem Feind gegenüber kein anderes Kommando
als sein vaterländisches: Als Druff! Hurrah! Unter seiner Führung haben wir
glänzende Waffenthaten verrichtet und bei Ascheffel, Missunde, Toll, Gros-soll
und Aroesund den Dänen Respect eingeflößt. Neben Aldosser dienten noch sechs
bairische Offiziere in der Schleswig-holsteinischen Armee, sämmtlich wackere, höchst
ehrenwerthe Männer. Einen derselben, den Lieutenant von Bouteville, haben wir
besonders lieb gewonnen. Ein junger bildschöner und tapferer Mann, comman-
dirte er die Vorhut des linken Flügels, die aus 20 holsteinische" Dragonern be¬
stand. Mit fünfen derselben auf der Recognoscirung, stieß er eines Tages auf eine
Escadron dänischer Dragoner. Ohne Verzug forderte er, die gespannte Pistole
in der Hand, dieselbe auf, sich zu ergeben. Der dänische Rittmeister vermochte
anfänglich vor Lachen nicht zu antworten, rief aber, nach wiederholter Aufforde¬
rung, dem bairischen Lieutenant zu: Ich frage Sie jetzt ernstlich, mein Bester,
ob Sie Ihre Pistole einstecken und mit Ihren Leuten gutwillig zu uns herüber¬
kommen wollen? Bouteville antwortete durch einen Schuß -- commandirte seine
fünf Dragoner zum Angriff, und da rechtzeitig jetzt auch der Rest seiner Abthei¬
lung herangesprengt kam, hielten es die verdutzten Dänen für besser, umzukehren
und das Weite zu suchen. Leider waren die Hanptführer der Freicorps nicht
alle solche unternehmende Leute; namentlich beklagte man sich vielfach über die
Unthätigkeit und Taktlosigkeit des Grafen Nantzau. Ans diesem Grnnde, welcher
verschiedene Mißhelligkeiten erzeugte, trennte sich auch die dritte Compagnie von
der Freischaar des letzteren und bildete von nun an unter Aldosser's Leitung ein
eigenes Detachement, welches als fliegendes Corps sehr gute Dienste leistete.
Viele der besten Leute ans anderen Sectionen stießen zu uns, und es wird wohl
keine Freischaar so viele tüchtige und gebildete Leute aufzuzählen gehabt haben,
wie die unsrige.

So lange die Freischaaren noch auf deutschem Boden, d. h. im südlichen
Schleswig agirteu, konnten wir über Aufnahme und Verpflegung in keiner Hin¬
sicht klagen. Freilich war es bei dem großen Conflux von Heeresmassen oft nicht
anders möglich, als daß Schmalhans Küchenmeister war. Besonders auffallend
war uns die löbliche Einfachheit der Küche, die oft wochenlang uns Morgens
Brot und Speck, Mittags Speck und Brot und Abends wieder Brot und Speck
brachte. Aber diese ungewohnte Kost würzte der Hunger trefflich, und es fiel


hochgebildeter und verständiger Mann, welchen wir alle liebten und verehrten.
Im Ganzen standen sechs verschiedene Freicorps im Feld, das Bracklow'sche, die
Kieler Turner und Studenten, das v. Krogh'sche, das von der Tann'sche, das
Wasmer'sche und das Rantzau'sche. In der dritten Compagnie des letztern stand
ich als wohlt'estellter Unteroffizier unter der unmittelbaren Führung des Haupt-
manns Aldosser, eines dänischen Artillerieoffiziers. Aldossrr war bekannt als der
verwegenste und tapferste Soldat der Armee; weniger zum Feldherrn als vielmehr
zum Parteigänger geboren, kannte er dem Feind gegenüber kein anderes Kommando
als sein vaterländisches: Als Druff! Hurrah! Unter seiner Führung haben wir
glänzende Waffenthaten verrichtet und bei Ascheffel, Missunde, Toll, Gros-soll
und Aroesund den Dänen Respect eingeflößt. Neben Aldosser dienten noch sechs
bairische Offiziere in der Schleswig-holsteinischen Armee, sämmtlich wackere, höchst
ehrenwerthe Männer. Einen derselben, den Lieutenant von Bouteville, haben wir
besonders lieb gewonnen. Ein junger bildschöner und tapferer Mann, comman-
dirte er die Vorhut des linken Flügels, die aus 20 holsteinische» Dragonern be¬
stand. Mit fünfen derselben auf der Recognoscirung, stieß er eines Tages auf eine
Escadron dänischer Dragoner. Ohne Verzug forderte er, die gespannte Pistole
in der Hand, dieselbe auf, sich zu ergeben. Der dänische Rittmeister vermochte
anfänglich vor Lachen nicht zu antworten, rief aber, nach wiederholter Aufforde¬
rung, dem bairischen Lieutenant zu: Ich frage Sie jetzt ernstlich, mein Bester,
ob Sie Ihre Pistole einstecken und mit Ihren Leuten gutwillig zu uns herüber¬
kommen wollen? Bouteville antwortete durch einen Schuß — commandirte seine
fünf Dragoner zum Angriff, und da rechtzeitig jetzt auch der Rest seiner Abthei¬
lung herangesprengt kam, hielten es die verdutzten Dänen für besser, umzukehren
und das Weite zu suchen. Leider waren die Hanptführer der Freicorps nicht
alle solche unternehmende Leute; namentlich beklagte man sich vielfach über die
Unthätigkeit und Taktlosigkeit des Grafen Nantzau. Ans diesem Grnnde, welcher
verschiedene Mißhelligkeiten erzeugte, trennte sich auch die dritte Compagnie von
der Freischaar des letzteren und bildete von nun an unter Aldosser's Leitung ein
eigenes Detachement, welches als fliegendes Corps sehr gute Dienste leistete.
Viele der besten Leute ans anderen Sectionen stießen zu uns, und es wird wohl
keine Freischaar so viele tüchtige und gebildete Leute aufzuzählen gehabt haben,
wie die unsrige.

So lange die Freischaaren noch auf deutschem Boden, d. h. im südlichen
Schleswig agirteu, konnten wir über Aufnahme und Verpflegung in keiner Hin¬
sicht klagen. Freilich war es bei dem großen Conflux von Heeresmassen oft nicht
anders möglich, als daß Schmalhans Küchenmeister war. Besonders auffallend
war uns die löbliche Einfachheit der Küche, die oft wochenlang uns Morgens
Brot und Speck, Mittags Speck und Brot und Abends wieder Brot und Speck
brachte. Aber diese ungewohnte Kost würzte der Hunger trefflich, und es fiel


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[0442] hochgebildeter und verständiger Mann, welchen wir alle liebten und verehrten. Im Ganzen standen sechs verschiedene Freicorps im Feld, das Bracklow'sche, die Kieler Turner und Studenten, das v. Krogh'sche, das von der Tann'sche, das Wasmer'sche und das Rantzau'sche. In der dritten Compagnie des letztern stand ich als wohlt'estellter Unteroffizier unter der unmittelbaren Führung des Haupt- manns Aldosser, eines dänischen Artillerieoffiziers. Aldossrr war bekannt als der verwegenste und tapferste Soldat der Armee; weniger zum Feldherrn als vielmehr zum Parteigänger geboren, kannte er dem Feind gegenüber kein anderes Kommando als sein vaterländisches: Als Druff! Hurrah! Unter seiner Führung haben wir glänzende Waffenthaten verrichtet und bei Ascheffel, Missunde, Toll, Gros-soll und Aroesund den Dänen Respect eingeflößt. Neben Aldosser dienten noch sechs bairische Offiziere in der Schleswig-holsteinischen Armee, sämmtlich wackere, höchst ehrenwerthe Männer. Einen derselben, den Lieutenant von Bouteville, haben wir besonders lieb gewonnen. Ein junger bildschöner und tapferer Mann, comman- dirte er die Vorhut des linken Flügels, die aus 20 holsteinische» Dragonern be¬ stand. Mit fünfen derselben auf der Recognoscirung, stieß er eines Tages auf eine Escadron dänischer Dragoner. Ohne Verzug forderte er, die gespannte Pistole in der Hand, dieselbe auf, sich zu ergeben. Der dänische Rittmeister vermochte anfänglich vor Lachen nicht zu antworten, rief aber, nach wiederholter Aufforde¬ rung, dem bairischen Lieutenant zu: Ich frage Sie jetzt ernstlich, mein Bester, ob Sie Ihre Pistole einstecken und mit Ihren Leuten gutwillig zu uns herüber¬ kommen wollen? Bouteville antwortete durch einen Schuß — commandirte seine fünf Dragoner zum Angriff, und da rechtzeitig jetzt auch der Rest seiner Abthei¬ lung herangesprengt kam, hielten es die verdutzten Dänen für besser, umzukehren und das Weite zu suchen. Leider waren die Hanptführer der Freicorps nicht alle solche unternehmende Leute; namentlich beklagte man sich vielfach über die Unthätigkeit und Taktlosigkeit des Grafen Nantzau. Ans diesem Grnnde, welcher verschiedene Mißhelligkeiten erzeugte, trennte sich auch die dritte Compagnie von der Freischaar des letzteren und bildete von nun an unter Aldosser's Leitung ein eigenes Detachement, welches als fliegendes Corps sehr gute Dienste leistete. Viele der besten Leute ans anderen Sectionen stießen zu uns, und es wird wohl keine Freischaar so viele tüchtige und gebildete Leute aufzuzählen gehabt haben, wie die unsrige. So lange die Freischaaren noch auf deutschem Boden, d. h. im südlichen Schleswig agirteu, konnten wir über Aufnahme und Verpflegung in keiner Hin¬ sicht klagen. Freilich war es bei dem großen Conflux von Heeresmassen oft nicht anders möglich, als daß Schmalhans Küchenmeister war. Besonders auffallend war uns die löbliche Einfachheit der Küche, die oft wochenlang uns Morgens Brot und Speck, Mittags Speck und Brot und Abends wieder Brot und Speck brachte. Aber diese ungewohnte Kost würzte der Hunger trefflich, und es fiel

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/442>, abgerufen am 26.06.2024.