Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.Mann He, der jetzt darunter wohnt, hab' ich meine Freude daran, daß ich ans Zum zweiten schreibe ich dies, weil Ihr und Euresgleichen gewählt seid Der Hauptgrund aber, der mich trieb, Eure unbehilfliche Person an das Mann He, der jetzt darunter wohnt, hab' ich meine Freude daran, daß ich ans Zum zweiten schreibe ich dies, weil Ihr und Euresgleichen gewählt seid Der Hauptgrund aber, der mich trieb, Eure unbehilfliche Person an das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276564"/> <p xml:id="ID_1246" prev="#ID_1245"> Mann He, der jetzt darunter wohnt, hab' ich meine Freude daran, daß ich ans<lb/> Bauernblnt bin. Aber eben deßhalb habe ich Euch, den ich nicht zu meinen Ver¬<lb/> wandten und nicht zu meines Gleichen zähle, diesen Brief geschrieben. Und wärt<lb/> Ihr der einzige Eurer Art, der einzige unwissende, rohe, confuse Thor in einer<lb/> verhängnißvollen Versammlung, so hätte ich Euch schweigend Eurem Schicksal<lb/> überlassen. Aber es werden leider Mehrere darin sitzen, die Euch gleichen. Und<lb/> hätten wir nicht einen blutigen Strich gemacht durch ein altes Schuldbuch, so<lb/> würde ich um Eurer Wahl willen laute Klage erheben gegen die Regierung von<lb/> Schlesien, die so wenig und so Ungeschicktes gethan hat, Euch polnische Ober-<lb/> schlesier aus Eurer rohen wüsten Weise herauszuheben, die ungesunden Bezie¬<lb/> hungen zu den Gutsherren zu heilen, das demoralisirende Vekturanzweseu ab¬<lb/> zuschaffen, Euch zu Männern, das heißt für Euch, zu Deutschen zu machen;<lb/> ich würde klagen gegen Eure Pfarrer, von denen freilich Manche eben so ver¬<lb/> wahrlost sind, als Ihr; und den großen und reichen Grundbesitzern unter Euch<lb/> müßte ich fluchen, die sehr, sehr wenig Mühe angewandt haben, Eure Störrigkeit<lb/> und himmelschreiende Unwissenheit durch Unterstützung der Schulen und ausdauern-<lb/> des Wohlwollen zu minder». Doch wir haben ein neues Blatt unserer Geschichte<lb/> begonnen und wollen uns mühen, alte Sünden zu vergessen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1247"> Zum zweiten schreibe ich dies, weil Ihr und Euresgleichen gewählt seid<lb/> nicht allein dnrch den alten Trotz Eurer Standesgenossen gegen tingere Leute,<lb/> sondern auch in Folge fremder Einflüsterungen und Aufreizungen. Die andern,<lb/> welche Euch Bauern so gerathen haben, sind zum Theil ehrliche Männer, sogar<lb/> meine politischen Freunde; sie haben es gethan in guter Meinung, aber mit wenig<lb/> Verstand. Sie haben Euch deu Genuß eines neuen, großen Rechtes verschaffen<lb/> wollen, das war gutmüthig, aber unklug, denn Ihr seid noch nicht befähigt dies<lb/> Recht auszuüben; sie haben unsere Partei dnrch Eure Stimmen, die doch mitzähle»,<lb/> verstärken wollen, das war unehrlich, den» Ihr könnt nicht aus Ueberzeugung<lb/> stimmen, weil Ihr die Verhandlung, ja sogar die Sprache nicht versteht; sie ha¬<lb/> ben verhindern wollen, daß unsere politischen Gegner, aristokratische Gutsherren,<lb/> dnrch Euch in die Versammlung kämen, das war unpolitisch, denn es lag im<lb/> höchsten Interesse unserer Partei, die große und einflußreiche Kaste schlesischer<lb/> Gutsbesitzer in der Constituante sitzen und stimmen zu sehen; sie haben endlich<lb/> gehofft, daß Eure zahlreiche Vertretung die künftige Verfassung auch dem Bauern¬<lb/> stand angenehm und volksthümlich machen werde, das war ein Irrthum, den»<lb/> noch imponirt Euch mehr, was Euch befohlen wird, als was Ihr selbst beschließt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1248" next="#ID_1249"> Der Hauptgrund aber, der mich trieb, Eure unbehilfliche Person an das<lb/> Tageslicht zu ziehen, ist der Kampf für ein großes Prinzip. Ich behaupte näm¬<lb/> lich und will beweisen, daß Eure Wahl und die zahlreichen Wahlen von Eures¬<lb/> gleichen, welche ein sehr unrühmliches Fall und für alle Parteien höchst bekla¬<lb/> genswert!) sind, nur möglich wurden dnrch das falsche Prinzip in-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0358]
Mann He, der jetzt darunter wohnt, hab' ich meine Freude daran, daß ich ans
Bauernblnt bin. Aber eben deßhalb habe ich Euch, den ich nicht zu meinen Ver¬
wandten und nicht zu meines Gleichen zähle, diesen Brief geschrieben. Und wärt
Ihr der einzige Eurer Art, der einzige unwissende, rohe, confuse Thor in einer
verhängnißvollen Versammlung, so hätte ich Euch schweigend Eurem Schicksal
überlassen. Aber es werden leider Mehrere darin sitzen, die Euch gleichen. Und
hätten wir nicht einen blutigen Strich gemacht durch ein altes Schuldbuch, so
würde ich um Eurer Wahl willen laute Klage erheben gegen die Regierung von
Schlesien, die so wenig und so Ungeschicktes gethan hat, Euch polnische Ober-
schlesier aus Eurer rohen wüsten Weise herauszuheben, die ungesunden Bezie¬
hungen zu den Gutsherren zu heilen, das demoralisirende Vekturanzweseu ab¬
zuschaffen, Euch zu Männern, das heißt für Euch, zu Deutschen zu machen;
ich würde klagen gegen Eure Pfarrer, von denen freilich Manche eben so ver¬
wahrlost sind, als Ihr; und den großen und reichen Grundbesitzern unter Euch
müßte ich fluchen, die sehr, sehr wenig Mühe angewandt haben, Eure Störrigkeit
und himmelschreiende Unwissenheit durch Unterstützung der Schulen und ausdauern-
des Wohlwollen zu minder». Doch wir haben ein neues Blatt unserer Geschichte
begonnen und wollen uns mühen, alte Sünden zu vergessen.
Zum zweiten schreibe ich dies, weil Ihr und Euresgleichen gewählt seid
nicht allein dnrch den alten Trotz Eurer Standesgenossen gegen tingere Leute,
sondern auch in Folge fremder Einflüsterungen und Aufreizungen. Die andern,
welche Euch Bauern so gerathen haben, sind zum Theil ehrliche Männer, sogar
meine politischen Freunde; sie haben es gethan in guter Meinung, aber mit wenig
Verstand. Sie haben Euch deu Genuß eines neuen, großen Rechtes verschaffen
wollen, das war gutmüthig, aber unklug, denn Ihr seid noch nicht befähigt dies
Recht auszuüben; sie haben unsere Partei dnrch Eure Stimmen, die doch mitzähle»,
verstärken wollen, das war unehrlich, den» Ihr könnt nicht aus Ueberzeugung
stimmen, weil Ihr die Verhandlung, ja sogar die Sprache nicht versteht; sie ha¬
ben verhindern wollen, daß unsere politischen Gegner, aristokratische Gutsherren,
dnrch Euch in die Versammlung kämen, das war unpolitisch, denn es lag im
höchsten Interesse unserer Partei, die große und einflußreiche Kaste schlesischer
Gutsbesitzer in der Constituante sitzen und stimmen zu sehen; sie haben endlich
gehofft, daß Eure zahlreiche Vertretung die künftige Verfassung auch dem Bauern¬
stand angenehm und volksthümlich machen werde, das war ein Irrthum, den»
noch imponirt Euch mehr, was Euch befohlen wird, als was Ihr selbst beschließt.
Der Hauptgrund aber, der mich trieb, Eure unbehilfliche Person an das
Tageslicht zu ziehen, ist der Kampf für ein großes Prinzip. Ich behaupte näm¬
lich und will beweisen, daß Eure Wahl und die zahlreichen Wahlen von Eures¬
gleichen, welche ein sehr unrühmliches Fall und für alle Parteien höchst bekla¬
genswert!) sind, nur möglich wurden dnrch das falsche Prinzip in-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |