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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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aller anderen Mitglieder des Kaiserhofes verlassen und die Straße nach Innspruck ein¬
geschlagen. Gras Hoyos, Commandant der Nationalgarde, sei sogleich zur Nachreise
abgesendet worden, um Se. Majestät zur bald erhofften Rückkehr zu bewegen u> s. w.

Was jetzt erfolgen würde, wußte Niemand, und ein banger Schrecken durchzog
alle Gemüther. Aber das fühlte mau im Augenblick mitten unter den Empfindungen
von Neue über das Geschehene und von Trauer über die daran geknüpfte Folge heraus:
daß alle Gutgesinnten zusammenhalten müßten, um die constitutionelle Monarchie --
und um Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Dieser gemeinsame Instinkt
ließ alsbald die Nationalgarde ohne verkündigenden Trommelschlag zusammentreten und
sich nach allen bedrohten Punkten begeben. Sowohl sie, als die akademische Legion
vereinigten sich ungesäumt unter das Commando Auersperg's, welcher auch deu Ober¬
befehl über das Militär hatte, und die executive Macht fand sich dadurch aus das wirk¬
samste centralisirt. Jetzt aber trat gleichzeitig der hohe Werth desjenigen Einflusses
hervor, welchen anderseits eine concentrirte Intelligenz, an patriotische Gesinnung
geknüpft, über die untersten Klassen erlangt hatte. Energisch wie immer traten die
Akademiker in's Mittel, hier durch das Wort, dort durch schnell gedruckte und ange¬
schlagene Aufrufe, zur Ruhe und Ordnung, zur Anhänglichkeit an den konstitutionellen
Thron und den geliebten Kaiser ermahnend und bittend. Unter solchen Umständen ver¬
maßen sich dennoch einige Demagogen, wie Hafner und Tuwora, unter dem Arbeitervolk in
den Vorstädten die Republik auszurufen, allein sie wurde" von diesen selbst festgenommen,
und nur mit Mühe der Lynch-Justiz entzogen. Andere völlig vereinzelte Versuche hatten
keinen bessern Erfolg. Die constitutionelle Monarchie hatte überall, die Republik nirgends,
Wurzel gefaßt, alle Klassen vorzüglich aber, die arbeitenden, benahmen sich vortrefflich.

Jetzt aber machten sich die konservativen Interessen so überlaut geltend, daß mir
dnrch die Mäßigung des Ministeriums der Reaction nicht ein noch weiteres Feld eröff¬
net ward. Denn die Bürger, außer sich, den Namen und Glanz der Kaiserstadt durch
fortgesetzte Abwesenheit des Hoff verdunkelt zu sehen, fanden hinterher allen Grimm
gegen die "bösen Buben," die alles verschuldet hatte", und wunderten sich über
sich selbst, so viel vo" ihnen geduldet zu haben. Genug geschah inzwischen, "in ander¬
seits die Ansicht von Uebergriffen zu begründen. Wir selbst rechnen dahin nicht die
augenblickliche, wenn gleich "uconstitutionelle Ueberwachung der Presse und Maucrau-
schläge, so wenig wie das angekündigte strenge Augenmerk auf Fremde; und die einge¬
tretene Wirksamkeit des Sicherheitsansschusses, zumal unter demselben Namen
erschienen, die Beruhigung gewähren konnte" ! Wohl aber zählen wir dahin die Ver¬
kündigung des Martialgcsctzcs, die Aufforderung, sich nach neun Uhr zu Hanse zu ver¬
halte", die Bedrohung mit dem Staudrechte, u"d die beabsichtigte Verschmelzung der
akademischen Legion mit der Nationalgarde. Allein mau täusche sich nicht abermals:
unter den Bürgern, in der Kaufmannschaft und der Bureaukratie zählt das Losungswort:
den Kaiser und die Ruhe um jeden Preis, viele Anhänger, bei den arbeitende" Klas¬
se" könnte eine verlängerte Abwesenheit des Hoff Zweifel an dessen Unentbehrlichkeit
entstehen lassen. Und im übrigen zieht ja nnr jene der Geruch der egyptischen Fleisch¬
töpfe an, diese aber wisse" recht wohl, daß sie ih"e" aus der egyptischen Finsterniß
nicht hervorgehen. Somit wird die Flucht des östreichische" Hoff uicht die Folge ha¬
ben, welche die des französischen 17gi hatte, und alles was die Wiener Zeitung am
Tage des Ereignisses so höchst unglücklich prophezeihte, wird nur dazu dienen, die Takt¬
losigkeit dieses Blattes in unvergeßlichen Angedenken zu bewahren.

Die Tagesfrage ist nur: wird der Kaiser zurückkehre"? Wir glauben unter den
vorliegenden Umständen diese Frage mit Bestimmtheit bejahe" zu können, sehen aber
den Zeitpunkt dazu minder nahe gerückt als viele Andere. Bei Abgang dieses mehren
sich die Bankvcrlcgeuhciteu auf furchtbare Weise. Seit gestern findet die Annahme von
Banknoten Anstand im Privatverkehre. Die Bank hat die Localgerichtc mit einigem
Silb ?. er versehen, um die Concentrirung der Massen zu beseitigen.




aller anderen Mitglieder des Kaiserhofes verlassen und die Straße nach Innspruck ein¬
geschlagen. Gras Hoyos, Commandant der Nationalgarde, sei sogleich zur Nachreise
abgesendet worden, um Se. Majestät zur bald erhofften Rückkehr zu bewegen u> s. w.

Was jetzt erfolgen würde, wußte Niemand, und ein banger Schrecken durchzog
alle Gemüther. Aber das fühlte mau im Augenblick mitten unter den Empfindungen
von Neue über das Geschehene und von Trauer über die daran geknüpfte Folge heraus:
daß alle Gutgesinnten zusammenhalten müßten, um die constitutionelle Monarchie —
und um Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Dieser gemeinsame Instinkt
ließ alsbald die Nationalgarde ohne verkündigenden Trommelschlag zusammentreten und
sich nach allen bedrohten Punkten begeben. Sowohl sie, als die akademische Legion
vereinigten sich ungesäumt unter das Commando Auersperg's, welcher auch deu Ober¬
befehl über das Militär hatte, und die executive Macht fand sich dadurch aus das wirk¬
samste centralisirt. Jetzt aber trat gleichzeitig der hohe Werth desjenigen Einflusses
hervor, welchen anderseits eine concentrirte Intelligenz, an patriotische Gesinnung
geknüpft, über die untersten Klassen erlangt hatte. Energisch wie immer traten die
Akademiker in's Mittel, hier durch das Wort, dort durch schnell gedruckte und ange¬
schlagene Aufrufe, zur Ruhe und Ordnung, zur Anhänglichkeit an den konstitutionellen
Thron und den geliebten Kaiser ermahnend und bittend. Unter solchen Umständen ver¬
maßen sich dennoch einige Demagogen, wie Hafner und Tuwora, unter dem Arbeitervolk in
den Vorstädten die Republik auszurufen, allein sie wurde» von diesen selbst festgenommen,
und nur mit Mühe der Lynch-Justiz entzogen. Andere völlig vereinzelte Versuche hatten
keinen bessern Erfolg. Die constitutionelle Monarchie hatte überall, die Republik nirgends,
Wurzel gefaßt, alle Klassen vorzüglich aber, die arbeitenden, benahmen sich vortrefflich.

Jetzt aber machten sich die konservativen Interessen so überlaut geltend, daß mir
dnrch die Mäßigung des Ministeriums der Reaction nicht ein noch weiteres Feld eröff¬
net ward. Denn die Bürger, außer sich, den Namen und Glanz der Kaiserstadt durch
fortgesetzte Abwesenheit des Hoff verdunkelt zu sehen, fanden hinterher allen Grimm
gegen die „bösen Buben," die alles verschuldet hatte», und wunderten sich über
sich selbst, so viel vo» ihnen geduldet zu haben. Genug geschah inzwischen, »in ander¬
seits die Ansicht von Uebergriffen zu begründen. Wir selbst rechnen dahin nicht die
augenblickliche, wenn gleich »uconstitutionelle Ueberwachung der Presse und Maucrau-
schläge, so wenig wie das angekündigte strenge Augenmerk auf Fremde; und die einge¬
tretene Wirksamkeit des Sicherheitsansschusses, zumal unter demselben Namen
erschienen, die Beruhigung gewähren konnte» ! Wohl aber zählen wir dahin die Ver¬
kündigung des Martialgcsctzcs, die Aufforderung, sich nach neun Uhr zu Hanse zu ver¬
halte», die Bedrohung mit dem Staudrechte, u»d die beabsichtigte Verschmelzung der
akademischen Legion mit der Nationalgarde. Allein mau täusche sich nicht abermals:
unter den Bürgern, in der Kaufmannschaft und der Bureaukratie zählt das Losungswort:
den Kaiser und die Ruhe um jeden Preis, viele Anhänger, bei den arbeitende» Klas¬
se» könnte eine verlängerte Abwesenheit des Hoff Zweifel an dessen Unentbehrlichkeit
entstehen lassen. Und im übrigen zieht ja nnr jene der Geruch der egyptischen Fleisch¬
töpfe an, diese aber wisse» recht wohl, daß sie ih»e» aus der egyptischen Finsterniß
nicht hervorgehen. Somit wird die Flucht des östreichische» Hoff uicht die Folge ha¬
ben, welche die des französischen 17gi hatte, und alles was die Wiener Zeitung am
Tage des Ereignisses so höchst unglücklich prophezeihte, wird nur dazu dienen, die Takt¬
losigkeit dieses Blattes in unvergeßlichen Angedenken zu bewahren.

Die Tagesfrage ist nur: wird der Kaiser zurückkehre»? Wir glauben unter den
vorliegenden Umständen diese Frage mit Bestimmtheit bejahe» zu können, sehen aber
den Zeitpunkt dazu minder nahe gerückt als viele Andere. Bei Abgang dieses mehren
sich die Bankvcrlcgeuhciteu auf furchtbare Weise. Seit gestern findet die Annahme von
Banknoten Anstand im Privatverkehre. Die Bank hat die Localgerichtc mit einigem
Silb ?. er versehen, um die Concentrirung der Massen zu beseitigen.




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[0334] aller anderen Mitglieder des Kaiserhofes verlassen und die Straße nach Innspruck ein¬ geschlagen. Gras Hoyos, Commandant der Nationalgarde, sei sogleich zur Nachreise abgesendet worden, um Se. Majestät zur bald erhofften Rückkehr zu bewegen u> s. w. Was jetzt erfolgen würde, wußte Niemand, und ein banger Schrecken durchzog alle Gemüther. Aber das fühlte mau im Augenblick mitten unter den Empfindungen von Neue über das Geschehene und von Trauer über die daran geknüpfte Folge heraus: daß alle Gutgesinnten zusammenhalten müßten, um die constitutionelle Monarchie — und um Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Dieser gemeinsame Instinkt ließ alsbald die Nationalgarde ohne verkündigenden Trommelschlag zusammentreten und sich nach allen bedrohten Punkten begeben. Sowohl sie, als die akademische Legion vereinigten sich ungesäumt unter das Commando Auersperg's, welcher auch deu Ober¬ befehl über das Militär hatte, und die executive Macht fand sich dadurch aus das wirk¬ samste centralisirt. Jetzt aber trat gleichzeitig der hohe Werth desjenigen Einflusses hervor, welchen anderseits eine concentrirte Intelligenz, an patriotische Gesinnung geknüpft, über die untersten Klassen erlangt hatte. Energisch wie immer traten die Akademiker in's Mittel, hier durch das Wort, dort durch schnell gedruckte und ange¬ schlagene Aufrufe, zur Ruhe und Ordnung, zur Anhänglichkeit an den konstitutionellen Thron und den geliebten Kaiser ermahnend und bittend. Unter solchen Umständen ver¬ maßen sich dennoch einige Demagogen, wie Hafner und Tuwora, unter dem Arbeitervolk in den Vorstädten die Republik auszurufen, allein sie wurde» von diesen selbst festgenommen, und nur mit Mühe der Lynch-Justiz entzogen. Andere völlig vereinzelte Versuche hatten keinen bessern Erfolg. Die constitutionelle Monarchie hatte überall, die Republik nirgends, Wurzel gefaßt, alle Klassen vorzüglich aber, die arbeitenden, benahmen sich vortrefflich. Jetzt aber machten sich die konservativen Interessen so überlaut geltend, daß mir dnrch die Mäßigung des Ministeriums der Reaction nicht ein noch weiteres Feld eröff¬ net ward. Denn die Bürger, außer sich, den Namen und Glanz der Kaiserstadt durch fortgesetzte Abwesenheit des Hoff verdunkelt zu sehen, fanden hinterher allen Grimm gegen die „bösen Buben," die alles verschuldet hatte», und wunderten sich über sich selbst, so viel vo» ihnen geduldet zu haben. Genug geschah inzwischen, »in ander¬ seits die Ansicht von Uebergriffen zu begründen. Wir selbst rechnen dahin nicht die augenblickliche, wenn gleich »uconstitutionelle Ueberwachung der Presse und Maucrau- schläge, so wenig wie das angekündigte strenge Augenmerk auf Fremde; und die einge¬ tretene Wirksamkeit des Sicherheitsansschusses, zumal unter demselben Namen erschienen, die Beruhigung gewähren konnte» ! Wohl aber zählen wir dahin die Ver¬ kündigung des Martialgcsctzcs, die Aufforderung, sich nach neun Uhr zu Hanse zu ver¬ halte», die Bedrohung mit dem Staudrechte, u»d die beabsichtigte Verschmelzung der akademischen Legion mit der Nationalgarde. Allein mau täusche sich nicht abermals: unter den Bürgern, in der Kaufmannschaft und der Bureaukratie zählt das Losungswort: den Kaiser und die Ruhe um jeden Preis, viele Anhänger, bei den arbeitende» Klas¬ se» könnte eine verlängerte Abwesenheit des Hoff Zweifel an dessen Unentbehrlichkeit entstehen lassen. Und im übrigen zieht ja nnr jene der Geruch der egyptischen Fleisch¬ töpfe an, diese aber wisse» recht wohl, daß sie ih»e» aus der egyptischen Finsterniß nicht hervorgehen. Somit wird die Flucht des östreichische» Hoff uicht die Folge ha¬ ben, welche die des französischen 17gi hatte, und alles was die Wiener Zeitung am Tage des Ereignisses so höchst unglücklich prophezeihte, wird nur dazu dienen, die Takt¬ losigkeit dieses Blattes in unvergeßlichen Angedenken zu bewahren. Die Tagesfrage ist nur: wird der Kaiser zurückkehre»? Wir glauben unter den vorliegenden Umständen diese Frage mit Bestimmtheit bejahe» zu können, sehen aber den Zeitpunkt dazu minder nahe gerückt als viele Andere. Bei Abgang dieses mehren sich die Bankvcrlcgeuhciteu auf furchtbare Weise. Seit gestern findet die Annahme von Banknoten Anstand im Privatverkehre. Die Bank hat die Localgerichtc mit einigem Silb ?. er versehen, um die Concentrirung der Massen zu beseitigen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/334>, abgerufen am 26.06.2024.