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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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Male unwahr und unklar: unwahr, weil sie es nicht gestehen wollte, daß der Grund¬
besitzerstand genug der freisinnigen und intelligenten Männer in sich schloß, um ein An¬
schmiegen an die VoMvünsche voraussetzen zu lassen, überdies aber die jetzt beliebte
Zusammensetzung nichts weniger als eine Kammer mächtiger Lords gewärtigen ließ, --
nicht z. B. in Tirol, Oberöstreich, Steyermark, wo das Eigenthum sich so sehr parcel-
lirt findet, -- nicht in Böhmen, wo abgesehn von dem Kampf der Nationalitäten,
Intelligenz und Freisinnigkeit sich in der höchsten Aristokratie geltend gemacht hatten,
endlich nicht in Galizien, dem schon der Kampf um die Nationalität Freisinnigkeit bewah¬
ren müßte. Sah man dies nicht, oder wollte man es nicht sehen, so gestand man sich
auch weiterhin nicht das Widerstreben gegen eine besondere Repräsentation des Be¬
sitzstandes aufrichtig zu. Und doch war dieser als Gegensatz des kläffenden Prole-
tariats zu beachte", -- um zwischen den eigentlichen Hauptparteien in der Zeit das
Gleichgewicht zu erhalten. Nicht frommte das Vorbild Englands, das anderthalb Jahr-
Hunderte unter ähnlicher Verfassung reich und übermächtig geworden war, nicht dasjenige
des freien Amerika's mit Senat und Ncpräsentantcnkammer: man wollte nur Eine
Kammer, oder was gleich gilt die erste gleichsam um durch eine Bretterwand von der
zweiten getrennt haben. Solchem Widerstreben gesellte sich noch ein anderes hinzu:
dasjenige gegen eine octroyirte Verfassung, da war es nun nicht zu verargen, wenn
man hinter solchen Wünschen und Wollen noch weiteres suchte.

Jetzt sah das Ministerium die dringende Nothwendigkeit, solchem Zustande, der sich
dnrch die Zügellosigkeit einer schlechten Presse noch greller darstellte, Einhalt zu thun,
aber wie immer: spät, sehr spät. Die gedachten wichtigsten Angelegenheiten waren
dnrch eine andere in den Hintergrund gedrängt worden. Ich habe erwähnt, wie das
Ceutralcomits seine Wirksamkeit dnrch Vereinigung mit einem Nationalgardcncvmitv zu
verstärken gesucht hatte. Es entstand nun die Frage, ob die Nationalgarde als solche
zu politischer Wirksamkeit ermächtigt sei, eine Frage bei welcher eS sich mehr um das
Wort, als um das Wesen handelte, denn wie die Nationalgardisten ihre Waffen und
Waffcnröcke ablegten und in ihrer Civileigenschaft zusammentraten, war sie ohne An¬
stoß gelöst. Wie sie aber gestellt worden war, wurde sie von einem großen Theil des
Publikums, mithin auch der Nationalgarde selbst verneint, und, so erachtete das Mini¬
sterium den Zeitpunkt zu benutzen, um den im vollen Laufe vorgeschrittenen Wagen
zurückzudrängen. Ein Tagesbefehl ward am 13. Mai erlassen, und der Nationalgarde
als solcher die Theilnahme an dem politischen Ccntralcomitv untersagt. In den Reihen
dieser Corporation selbst war die Aufregung darüber nur mäßig, desto heftiger in der
Aula. Statt nachzugeben, wo man die Meinung, im Rechte und in der Billigkeit zu
sein, durchaus nicht ungetheilt sür sich hatte, widersetzte man sich mit Hartnäckigkeit der
getroffenen Verfügung. Als nun das DiScutiren und Parlamentiren fruchtlos geblie¬
ben war, drohte man mit einer Stnrmp edition, die man dem Kaiser in der
Burg überreichen wollte. Nun ward von Seite des Obercommandos der Nationalgarde
Generalmarsch geschlagen und die Nationalgarde unter die Waffen gestellt, Kanonen
wurden vor die Burg, Militär aus das Glacis postirt, die Thore gegen das Eindringen
des Vorstadtvolks, wenn es in agrcssiver Absicht stattfinden sollte, besetzt. Man war
allgemein auf Blutvergießen gesaßt. Auch wäre es unstreitig dazu gekommen, wenn
nicht das Militär, eben so wie in den Märztagen Widerwillen gezeigt hätte, gegen das
Volk aufzutreten, wenn nicht das Proletariat sich in strenger Disciplin den Winken der
Aula untergeordnet hätte, -- wenn nicht endlich dieser sich unter 135 Compagnien der
Nationalgarde, 122 angeschlossen haben würden! So rückte nun die Studentenschaft,
aller Abmahnung der Besonnenen ungeachtet mit ihrer Stnrmpetition gegen die Burg,
und da sie die friedlichste Absicht manifestirte und lediglich ihr Petitionsrecht geltend
zu machen suchte, so gewährte man einer Deputation Zutritt, um sich mit dem zur
Conferenz versammelten Ministerium in's Einvernehmen zu setzen.

Die Punkte, welche man vorerst den vorbcmeldeten beigezogen hatte, waren:


Male unwahr und unklar: unwahr, weil sie es nicht gestehen wollte, daß der Grund¬
besitzerstand genug der freisinnigen und intelligenten Männer in sich schloß, um ein An¬
schmiegen an die VoMvünsche voraussetzen zu lassen, überdies aber die jetzt beliebte
Zusammensetzung nichts weniger als eine Kammer mächtiger Lords gewärtigen ließ, —
nicht z. B. in Tirol, Oberöstreich, Steyermark, wo das Eigenthum sich so sehr parcel-
lirt findet, — nicht in Böhmen, wo abgesehn von dem Kampf der Nationalitäten,
Intelligenz und Freisinnigkeit sich in der höchsten Aristokratie geltend gemacht hatten,
endlich nicht in Galizien, dem schon der Kampf um die Nationalität Freisinnigkeit bewah¬
ren müßte. Sah man dies nicht, oder wollte man es nicht sehen, so gestand man sich
auch weiterhin nicht das Widerstreben gegen eine besondere Repräsentation des Be¬
sitzstandes aufrichtig zu. Und doch war dieser als Gegensatz des kläffenden Prole-
tariats zu beachte», — um zwischen den eigentlichen Hauptparteien in der Zeit das
Gleichgewicht zu erhalten. Nicht frommte das Vorbild Englands, das anderthalb Jahr-
Hunderte unter ähnlicher Verfassung reich und übermächtig geworden war, nicht dasjenige
des freien Amerika's mit Senat und Ncpräsentantcnkammer: man wollte nur Eine
Kammer, oder was gleich gilt die erste gleichsam um durch eine Bretterwand von der
zweiten getrennt haben. Solchem Widerstreben gesellte sich noch ein anderes hinzu:
dasjenige gegen eine octroyirte Verfassung, da war es nun nicht zu verargen, wenn
man hinter solchen Wünschen und Wollen noch weiteres suchte.

Jetzt sah das Ministerium die dringende Nothwendigkeit, solchem Zustande, der sich
dnrch die Zügellosigkeit einer schlechten Presse noch greller darstellte, Einhalt zu thun,
aber wie immer: spät, sehr spät. Die gedachten wichtigsten Angelegenheiten waren
dnrch eine andere in den Hintergrund gedrängt worden. Ich habe erwähnt, wie das
Ceutralcomits seine Wirksamkeit dnrch Vereinigung mit einem Nationalgardcncvmitv zu
verstärken gesucht hatte. Es entstand nun die Frage, ob die Nationalgarde als solche
zu politischer Wirksamkeit ermächtigt sei, eine Frage bei welcher eS sich mehr um das
Wort, als um das Wesen handelte, denn wie die Nationalgardisten ihre Waffen und
Waffcnröcke ablegten und in ihrer Civileigenschaft zusammentraten, war sie ohne An¬
stoß gelöst. Wie sie aber gestellt worden war, wurde sie von einem großen Theil des
Publikums, mithin auch der Nationalgarde selbst verneint, und, so erachtete das Mini¬
sterium den Zeitpunkt zu benutzen, um den im vollen Laufe vorgeschrittenen Wagen
zurückzudrängen. Ein Tagesbefehl ward am 13. Mai erlassen, und der Nationalgarde
als solcher die Theilnahme an dem politischen Ccntralcomitv untersagt. In den Reihen
dieser Corporation selbst war die Aufregung darüber nur mäßig, desto heftiger in der
Aula. Statt nachzugeben, wo man die Meinung, im Rechte und in der Billigkeit zu
sein, durchaus nicht ungetheilt sür sich hatte, widersetzte man sich mit Hartnäckigkeit der
getroffenen Verfügung. Als nun das DiScutiren und Parlamentiren fruchtlos geblie¬
ben war, drohte man mit einer Stnrmp edition, die man dem Kaiser in der
Burg überreichen wollte. Nun ward von Seite des Obercommandos der Nationalgarde
Generalmarsch geschlagen und die Nationalgarde unter die Waffen gestellt, Kanonen
wurden vor die Burg, Militär aus das Glacis postirt, die Thore gegen das Eindringen
des Vorstadtvolks, wenn es in agrcssiver Absicht stattfinden sollte, besetzt. Man war
allgemein auf Blutvergießen gesaßt. Auch wäre es unstreitig dazu gekommen, wenn
nicht das Militär, eben so wie in den Märztagen Widerwillen gezeigt hätte, gegen das
Volk aufzutreten, wenn nicht das Proletariat sich in strenger Disciplin den Winken der
Aula untergeordnet hätte, — wenn nicht endlich dieser sich unter 135 Compagnien der
Nationalgarde, 122 angeschlossen haben würden! So rückte nun die Studentenschaft,
aller Abmahnung der Besonnenen ungeachtet mit ihrer Stnrmpetition gegen die Burg,
und da sie die friedlichste Absicht manifestirte und lediglich ihr Petitionsrecht geltend
zu machen suchte, so gewährte man einer Deputation Zutritt, um sich mit dem zur
Conferenz versammelten Ministerium in's Einvernehmen zu setzen.

Die Punkte, welche man vorerst den vorbcmeldeten beigezogen hatte, waren:


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[0332] Male unwahr und unklar: unwahr, weil sie es nicht gestehen wollte, daß der Grund¬ besitzerstand genug der freisinnigen und intelligenten Männer in sich schloß, um ein An¬ schmiegen an die VoMvünsche voraussetzen zu lassen, überdies aber die jetzt beliebte Zusammensetzung nichts weniger als eine Kammer mächtiger Lords gewärtigen ließ, — nicht z. B. in Tirol, Oberöstreich, Steyermark, wo das Eigenthum sich so sehr parcel- lirt findet, — nicht in Böhmen, wo abgesehn von dem Kampf der Nationalitäten, Intelligenz und Freisinnigkeit sich in der höchsten Aristokratie geltend gemacht hatten, endlich nicht in Galizien, dem schon der Kampf um die Nationalität Freisinnigkeit bewah¬ ren müßte. Sah man dies nicht, oder wollte man es nicht sehen, so gestand man sich auch weiterhin nicht das Widerstreben gegen eine besondere Repräsentation des Be¬ sitzstandes aufrichtig zu. Und doch war dieser als Gegensatz des kläffenden Prole- tariats zu beachte», — um zwischen den eigentlichen Hauptparteien in der Zeit das Gleichgewicht zu erhalten. Nicht frommte das Vorbild Englands, das anderthalb Jahr- Hunderte unter ähnlicher Verfassung reich und übermächtig geworden war, nicht dasjenige des freien Amerika's mit Senat und Ncpräsentantcnkammer: man wollte nur Eine Kammer, oder was gleich gilt die erste gleichsam um durch eine Bretterwand von der zweiten getrennt haben. Solchem Widerstreben gesellte sich noch ein anderes hinzu: dasjenige gegen eine octroyirte Verfassung, da war es nun nicht zu verargen, wenn man hinter solchen Wünschen und Wollen noch weiteres suchte. Jetzt sah das Ministerium die dringende Nothwendigkeit, solchem Zustande, der sich dnrch die Zügellosigkeit einer schlechten Presse noch greller darstellte, Einhalt zu thun, aber wie immer: spät, sehr spät. Die gedachten wichtigsten Angelegenheiten waren dnrch eine andere in den Hintergrund gedrängt worden. Ich habe erwähnt, wie das Ceutralcomits seine Wirksamkeit dnrch Vereinigung mit einem Nationalgardcncvmitv zu verstärken gesucht hatte. Es entstand nun die Frage, ob die Nationalgarde als solche zu politischer Wirksamkeit ermächtigt sei, eine Frage bei welcher eS sich mehr um das Wort, als um das Wesen handelte, denn wie die Nationalgardisten ihre Waffen und Waffcnröcke ablegten und in ihrer Civileigenschaft zusammentraten, war sie ohne An¬ stoß gelöst. Wie sie aber gestellt worden war, wurde sie von einem großen Theil des Publikums, mithin auch der Nationalgarde selbst verneint, und, so erachtete das Mini¬ sterium den Zeitpunkt zu benutzen, um den im vollen Laufe vorgeschrittenen Wagen zurückzudrängen. Ein Tagesbefehl ward am 13. Mai erlassen, und der Nationalgarde als solcher die Theilnahme an dem politischen Ccntralcomitv untersagt. In den Reihen dieser Corporation selbst war die Aufregung darüber nur mäßig, desto heftiger in der Aula. Statt nachzugeben, wo man die Meinung, im Rechte und in der Billigkeit zu sein, durchaus nicht ungetheilt sür sich hatte, widersetzte man sich mit Hartnäckigkeit der getroffenen Verfügung. Als nun das DiScutiren und Parlamentiren fruchtlos geblie¬ ben war, drohte man mit einer Stnrmp edition, die man dem Kaiser in der Burg überreichen wollte. Nun ward von Seite des Obercommandos der Nationalgarde Generalmarsch geschlagen und die Nationalgarde unter die Waffen gestellt, Kanonen wurden vor die Burg, Militär aus das Glacis postirt, die Thore gegen das Eindringen des Vorstadtvolks, wenn es in agrcssiver Absicht stattfinden sollte, besetzt. Man war allgemein auf Blutvergießen gesaßt. Auch wäre es unstreitig dazu gekommen, wenn nicht das Militär, eben so wie in den Märztagen Widerwillen gezeigt hätte, gegen das Volk aufzutreten, wenn nicht das Proletariat sich in strenger Disciplin den Winken der Aula untergeordnet hätte, — wenn nicht endlich dieser sich unter 135 Compagnien der Nationalgarde, 122 angeschlossen haben würden! So rückte nun die Studentenschaft, aller Abmahnung der Besonnenen ungeachtet mit ihrer Stnrmpetition gegen die Burg, und da sie die friedlichste Absicht manifestirte und lediglich ihr Petitionsrecht geltend zu machen suchte, so gewährte man einer Deputation Zutritt, um sich mit dem zur Conferenz versammelten Ministerium in's Einvernehmen zu setzen. Die Punkte, welche man vorerst den vorbcmeldeten beigezogen hatte, waren:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/332>, abgerufen am 26.06.2024.