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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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reich gemacht hat, ja, von dem sich manches colossale Vermögen herschreibt. Wir
verdanken das unbedingt den Engländern, die bei einer fortgesetzten Blokade des
für die dortige Handelswelt wichtigsten Stromes selbst eine Revolution zu fürchten
gehabt haben würden. Sieht es dort doch schon ohnehin bedenklich genug aus.

Indeß war das Schach, das eine so kleine Macht, wie die dänische, dem
gesammten Deutschland bot, in der Hinsicht als ein Glück zu betrachten, daß
es uns die Nothwendigkeit einer deutschen Flotte recht schlagend zeigte. Denn,
möchten wir auch durch Einigkeit noch so mächtig im Innern werden, so würden
wir eS doch niemals mit einer Macht aufnehmen können, die eine Seemacht mit
der Landmacht vereinigte, indem unsere Küsten immer preisgegeben sein würden.
Was wäre z. B. jetzt aus Deutschland geworden, wenn Rußland im Stande
gewesen wäre, sich mit Schweden, Norwegen und Dänemark gegen uns zu ver¬
bünden? -- Also vor alleil Dingen eine deutsche Flotte!

Der Eifer, der sich hier für eine solche kund gab, so lange die Dänen die
Elbe, die Aorta unseres kleinen Staates, blokirten, wird jetzt wohl schnell wieder
erkalten, da die Gefahr für Hamburg augenblicklich beseitigt ist, und diejenigen
Patrioten, die in der ersten Aufwallung nicht mir Geld, sondern sogar Schiffe
zum Behuf einer Flotte auf deu Altar des Vaterlandes niederlegten, mögen ihre
Voreiligkeit schon sehr bedauern. Indeß, das Opfer ist einmal gebracht und
wird dem Gesammtvaterlandc zu Gute kommen. Der Gedanke, eine wöchentliche
Schillings- oder Groschensammlnng in ganz Deutschland zum Behuf der Er¬
bauung einer deutschen Flotte zu veranstalten, scheint uns ein sehr glücklicher zu
sein und wir wünschen ihn möglichst schnell in Ausführung gebracht zu sehen.
Wenn nur ein Anstehen der Gesammtbevölkerung wöchentlich einen Groschen bei¬
trägt, wird bald eine große Summe beisammen sein, und das, ohne irgend Je¬
mand besonders zu belästigen, was bei einer freiwilligen Gabe nicht der Fall
sein kaun.

Ueber die Wirksamkeit unserer sogenannten Reform-Deputation regnet es
Angriffe, Karrikaturen und Spottgedichte, und wie. uus scheint, nicht mit Unrecht.
In ihm sitzen zwar die bedeutendsten Intelligenzen unseres kleinen Staates, aber
neben vielen entschiedenen Reactionsmänncrn, die der wohlweise Senat hinzuge¬
fügt hat. So wie die ersteren uun einen Schritt vorwärts thun wollen, hält
der ihnen angehängte Ballast sie zurück. Sie müssen sich abmühen, wie man es
wohl im Traume thut, wo man sich rastlos bemüht, fertig zu werden und es
nie wird. Auch erwarten wir nicht das geringste von dieser Deputation und
werden uns keiner andern Segnungen zu erfreuen haben, als solcher, die uns
direct vom deutschen Parlamente kommen. Wir sprechen daher hier den Wunsch
aus, daß man die starke Neigung zur Reaction im Norden in Frankfurt berück¬
sichtigen und uns von dorther Segen zukommen lassen möge.

Denn wie hier der crasse Egoismus der Geldaristokratie sich dem Fortschritte


reich gemacht hat, ja, von dem sich manches colossale Vermögen herschreibt. Wir
verdanken das unbedingt den Engländern, die bei einer fortgesetzten Blokade des
für die dortige Handelswelt wichtigsten Stromes selbst eine Revolution zu fürchten
gehabt haben würden. Sieht es dort doch schon ohnehin bedenklich genug aus.

Indeß war das Schach, das eine so kleine Macht, wie die dänische, dem
gesammten Deutschland bot, in der Hinsicht als ein Glück zu betrachten, daß
es uns die Nothwendigkeit einer deutschen Flotte recht schlagend zeigte. Denn,
möchten wir auch durch Einigkeit noch so mächtig im Innern werden, so würden
wir eS doch niemals mit einer Macht aufnehmen können, die eine Seemacht mit
der Landmacht vereinigte, indem unsere Küsten immer preisgegeben sein würden.
Was wäre z. B. jetzt aus Deutschland geworden, wenn Rußland im Stande
gewesen wäre, sich mit Schweden, Norwegen und Dänemark gegen uns zu ver¬
bünden? — Also vor alleil Dingen eine deutsche Flotte!

Der Eifer, der sich hier für eine solche kund gab, so lange die Dänen die
Elbe, die Aorta unseres kleinen Staates, blokirten, wird jetzt wohl schnell wieder
erkalten, da die Gefahr für Hamburg augenblicklich beseitigt ist, und diejenigen
Patrioten, die in der ersten Aufwallung nicht mir Geld, sondern sogar Schiffe
zum Behuf einer Flotte auf deu Altar des Vaterlandes niederlegten, mögen ihre
Voreiligkeit schon sehr bedauern. Indeß, das Opfer ist einmal gebracht und
wird dem Gesammtvaterlandc zu Gute kommen. Der Gedanke, eine wöchentliche
Schillings- oder Groschensammlnng in ganz Deutschland zum Behuf der Er¬
bauung einer deutschen Flotte zu veranstalten, scheint uns ein sehr glücklicher zu
sein und wir wünschen ihn möglichst schnell in Ausführung gebracht zu sehen.
Wenn nur ein Anstehen der Gesammtbevölkerung wöchentlich einen Groschen bei¬
trägt, wird bald eine große Summe beisammen sein, und das, ohne irgend Je¬
mand besonders zu belästigen, was bei einer freiwilligen Gabe nicht der Fall
sein kaun.

Ueber die Wirksamkeit unserer sogenannten Reform-Deputation regnet es
Angriffe, Karrikaturen und Spottgedichte, und wie. uus scheint, nicht mit Unrecht.
In ihm sitzen zwar die bedeutendsten Intelligenzen unseres kleinen Staates, aber
neben vielen entschiedenen Reactionsmänncrn, die der wohlweise Senat hinzuge¬
fügt hat. So wie die ersteren uun einen Schritt vorwärts thun wollen, hält
der ihnen angehängte Ballast sie zurück. Sie müssen sich abmühen, wie man es
wohl im Traume thut, wo man sich rastlos bemüht, fertig zu werden und es
nie wird. Auch erwarten wir nicht das geringste von dieser Deputation und
werden uns keiner andern Segnungen zu erfreuen haben, als solcher, die uns
direct vom deutschen Parlamente kommen. Wir sprechen daher hier den Wunsch
aus, daß man die starke Neigung zur Reaction im Norden in Frankfurt berück¬
sichtigen und uns von dorther Segen zukommen lassen möge.

Denn wie hier der crasse Egoismus der Geldaristokratie sich dem Fortschritte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/302>, abgerufen am 26.06.2024.