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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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allen ihm innewohnenden Kräften bekämpfen zu wollen!!!" -- Welche Furcht
wird sich der Socialisten bemächtigen, wenn ein solcher Kämpe gegen sie in die
Schranken einleitet, zumal, da er sich in dem Herrn Dr. So et deer einen gleich
tüchtigen Knappen mit nach Frankfurt genommen. Wenn die beiden Ritter auf
dem Wege dahin nur nicht auf Windmühlen und Schafheerden gestoßen und gar
mit verboguem Helm und zersplitterter Lanze daselbst angelangt sind!

Zu unserm Glücke haben wir aber einen Heckscher dort, der das geistige
Element ans die würdigste Weise repräsentirt. Nur begreifen wir nicht, wie man
dazu kam, diesen Mann, der doch als eins der Häupter der "Schreier" be¬
trachtet werden muß, zum Parlament zu deputireu. Er ist Jude von Geburt,
folglich, nach unsern Begriffen, keineswegs von "guter Familie;" es müssen
also Gründe für seine Erwählung vorgewaltet haben, die wir nicht in Erfahrung
bringen konnten, freilich wollte man auch einen Juristen in Frankfurt haben;
aber wie viele Juristen aus "guter Familie" gibt es hier nicht! --

Herr Ernst Merck, der Amel-Socialist, hat aber vor seiner Abreise noch den
Kummer erleben müssen, seine Macht in der Vaterstadt selbst Schiffbruch leiden
zu sehen, indem das Institut des hiesigen Stadt-Theaters den Socialismus als
Rettungsanker ergrissen hat und die Mitglieder desselben seit dem >. Mai auf
gemeinschaftliche Kosten spielen. Uns wundert, daß der Vater des Herrn Ernst
Merck, ein allgewaltiger Mann und überdies Senator, seinem Sohne nicht dies
Dementi dnrch ein Verbot des Vereins erspart hat.

Die mit einer eben so unnöthiger als unverständigen Eile betriebene Wahl
hat nicht nur eine Menge Spottgedichte und Karrikaturen, sondern auch zugleich
einen Protest von Seiten eines Theils der hiesigen Bevölkerung beim Bundestage
hervorgerufen. Wenn wir es nnn einestheils ganz recht finden, daß das Volk sich
auf geschlichein Wege gegen jeden Versuch des Uebergriffs seiner Feinde bewahrt,
so können wir es doch nur bedauern, daß die getroffene Maßregel zwei sonst in
jeder Hinsicht brave und achtungswürdige Männer trifft, denen durchaus nichts
als eine Selbstüberschätzung vorzuwerfen ist, der eben die Mittelmäßigkeit am
häufigsten unterworfen und die weniger zu tadeln, als zu bedauern ist. Was
aber die Karrikaturen und Spottgedichte anbelangt, so erklären wir uns entschieden
gegen diesen wohlfeilen Wiiz, namentlich in so ernster bedeutungsvoller Zeit, wo
es gilt mit ganz andern Waffen die Hydra des Despotismus zu bekämpfen und
jeder Verständige es sich zur Pflicht machen sollte, das Volk auf eine eruste und
würdige Weise über seine gerechten Ansprüche aufzuklären. Durch die Ergüsse
der Satyre aber wird es nur erbittert.

Durch die so eben eingetroffene Nachricht von der Aufhebung der dänischen
Blokade für neutrale Schiffe ist wieder Leben und Freudigkeit in die Gemüther
unserer Kaufleute zurückgekehrt, deun nun wird man sich schon einzurichten wissen,
wie man es früher bei der englischen Blokade zu thun wußte, die Viele sehr


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allen ihm innewohnenden Kräften bekämpfen zu wollen!!!" — Welche Furcht
wird sich der Socialisten bemächtigen, wenn ein solcher Kämpe gegen sie in die
Schranken einleitet, zumal, da er sich in dem Herrn Dr. So et deer einen gleich
tüchtigen Knappen mit nach Frankfurt genommen. Wenn die beiden Ritter auf
dem Wege dahin nur nicht auf Windmühlen und Schafheerden gestoßen und gar
mit verboguem Helm und zersplitterter Lanze daselbst angelangt sind!

Zu unserm Glücke haben wir aber einen Heckscher dort, der das geistige
Element ans die würdigste Weise repräsentirt. Nur begreifen wir nicht, wie man
dazu kam, diesen Mann, der doch als eins der Häupter der „Schreier" be¬
trachtet werden muß, zum Parlament zu deputireu. Er ist Jude von Geburt,
folglich, nach unsern Begriffen, keineswegs von „guter Familie;" es müssen
also Gründe für seine Erwählung vorgewaltet haben, die wir nicht in Erfahrung
bringen konnten, freilich wollte man auch einen Juristen in Frankfurt haben;
aber wie viele Juristen aus „guter Familie" gibt es hier nicht! —

Herr Ernst Merck, der Amel-Socialist, hat aber vor seiner Abreise noch den
Kummer erleben müssen, seine Macht in der Vaterstadt selbst Schiffbruch leiden
zu sehen, indem das Institut des hiesigen Stadt-Theaters den Socialismus als
Rettungsanker ergrissen hat und die Mitglieder desselben seit dem >. Mai auf
gemeinschaftliche Kosten spielen. Uns wundert, daß der Vater des Herrn Ernst
Merck, ein allgewaltiger Mann und überdies Senator, seinem Sohne nicht dies
Dementi dnrch ein Verbot des Vereins erspart hat.

Die mit einer eben so unnöthiger als unverständigen Eile betriebene Wahl
hat nicht nur eine Menge Spottgedichte und Karrikaturen, sondern auch zugleich
einen Protest von Seiten eines Theils der hiesigen Bevölkerung beim Bundestage
hervorgerufen. Wenn wir es nnn einestheils ganz recht finden, daß das Volk sich
auf geschlichein Wege gegen jeden Versuch des Uebergriffs seiner Feinde bewahrt,
so können wir es doch nur bedauern, daß die getroffene Maßregel zwei sonst in
jeder Hinsicht brave und achtungswürdige Männer trifft, denen durchaus nichts
als eine Selbstüberschätzung vorzuwerfen ist, der eben die Mittelmäßigkeit am
häufigsten unterworfen und die weniger zu tadeln, als zu bedauern ist. Was
aber die Karrikaturen und Spottgedichte anbelangt, so erklären wir uns entschieden
gegen diesen wohlfeilen Wiiz, namentlich in so ernster bedeutungsvoller Zeit, wo
es gilt mit ganz andern Waffen die Hydra des Despotismus zu bekämpfen und
jeder Verständige es sich zur Pflicht machen sollte, das Volk auf eine eruste und
würdige Weise über seine gerechten Ansprüche aufzuklären. Durch die Ergüsse
der Satyre aber wird es nur erbittert.

Durch die so eben eingetroffene Nachricht von der Aufhebung der dänischen
Blokade für neutrale Schiffe ist wieder Leben und Freudigkeit in die Gemüther
unserer Kaufleute zurückgekehrt, deun nun wird man sich schon einzurichten wissen,
wie man es früher bei der englischen Blokade zu thun wußte, die Viele sehr


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[0301] allen ihm innewohnenden Kräften bekämpfen zu wollen!!!" — Welche Furcht wird sich der Socialisten bemächtigen, wenn ein solcher Kämpe gegen sie in die Schranken einleitet, zumal, da er sich in dem Herrn Dr. So et deer einen gleich tüchtigen Knappen mit nach Frankfurt genommen. Wenn die beiden Ritter auf dem Wege dahin nur nicht auf Windmühlen und Schafheerden gestoßen und gar mit verboguem Helm und zersplitterter Lanze daselbst angelangt sind! Zu unserm Glücke haben wir aber einen Heckscher dort, der das geistige Element ans die würdigste Weise repräsentirt. Nur begreifen wir nicht, wie man dazu kam, diesen Mann, der doch als eins der Häupter der „Schreier" be¬ trachtet werden muß, zum Parlament zu deputireu. Er ist Jude von Geburt, folglich, nach unsern Begriffen, keineswegs von „guter Familie;" es müssen also Gründe für seine Erwählung vorgewaltet haben, die wir nicht in Erfahrung bringen konnten, freilich wollte man auch einen Juristen in Frankfurt haben; aber wie viele Juristen aus „guter Familie" gibt es hier nicht! — Herr Ernst Merck, der Amel-Socialist, hat aber vor seiner Abreise noch den Kummer erleben müssen, seine Macht in der Vaterstadt selbst Schiffbruch leiden zu sehen, indem das Institut des hiesigen Stadt-Theaters den Socialismus als Rettungsanker ergrissen hat und die Mitglieder desselben seit dem >. Mai auf gemeinschaftliche Kosten spielen. Uns wundert, daß der Vater des Herrn Ernst Merck, ein allgewaltiger Mann und überdies Senator, seinem Sohne nicht dies Dementi dnrch ein Verbot des Vereins erspart hat. Die mit einer eben so unnöthiger als unverständigen Eile betriebene Wahl hat nicht nur eine Menge Spottgedichte und Karrikaturen, sondern auch zugleich einen Protest von Seiten eines Theils der hiesigen Bevölkerung beim Bundestage hervorgerufen. Wenn wir es nnn einestheils ganz recht finden, daß das Volk sich auf geschlichein Wege gegen jeden Versuch des Uebergriffs seiner Feinde bewahrt, so können wir es doch nur bedauern, daß die getroffene Maßregel zwei sonst in jeder Hinsicht brave und achtungswürdige Männer trifft, denen durchaus nichts als eine Selbstüberschätzung vorzuwerfen ist, der eben die Mittelmäßigkeit am häufigsten unterworfen und die weniger zu tadeln, als zu bedauern ist. Was aber die Karrikaturen und Spottgedichte anbelangt, so erklären wir uns entschieden gegen diesen wohlfeilen Wiiz, namentlich in so ernster bedeutungsvoller Zeit, wo es gilt mit ganz andern Waffen die Hydra des Despotismus zu bekämpfen und jeder Verständige es sich zur Pflicht machen sollte, das Volk auf eine eruste und würdige Weise über seine gerechten Ansprüche aufzuklären. Durch die Ergüsse der Satyre aber wird es nur erbittert. Durch die so eben eingetroffene Nachricht von der Aufhebung der dänischen Blokade für neutrale Schiffe ist wieder Leben und Freudigkeit in die Gemüther unserer Kaufleute zurückgekehrt, deun nun wird man sich schon einzurichten wissen, wie man es früher bei der englischen Blokade zu thun wußte, die Viele sehr 38*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/301>, abgerufen am 26.06.2024.