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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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Am besten läßt sich der Versuch der Bewaffnung bei unseren Dampfschiffen
machen, weil sie schneller wenden und manövriren, als selbst eine Fregatte. Voll¬
kommen zweckmäßig wird aber die Armirung nur dann, wenn der Dampfer stark
genug gebaut ist, um vorn und hinten- eine 80 pfundige Bombarde zu führen.
Damit ist jede Fregatte im Schach zu halten, weil sie vernichtet werden kann, be¬
vor sie in Schußweite kommt. Freilich sind unsere Dampfer, mit Ausnahme des
preußischen "Adlers," dafür zu schwach, auch nimmt auf ihnen der Maschinenkasten
zu viel Raum ein. Die Amerikaner dagegen, praktische Leute, haben schon längst
einen großen Theil ihrer Dampfschiffe für solche Armirung eingerichtet.

Die Bewaffnung eines Kauffahrers oder Dampfschiffes, vorausgesetzt, daß
Kanonen, Anker und Ketten, nöthige Takellage u. s. w. vorräthig sind, kann nicht
lange aushalten. Die größte Schwierigkeit werden wir darin finden, unsere Ma¬
trosen schnell für den Marinedicnst einzuüben, denn etwa die Eleven der Kor¬
vette Amazone ausgenommen, haben wir keine Offiziere, die den Dienst einüben
können, ja wir haben selbst kein deutsches Kommando. Die östreichischen See¬
offiziere commandiren italienisch, auf den Kauffahrern der Nord- und Ostsee wird
das sür den Kriegsdienst bei weitem nicht ausreichende Kommando in platter
Sprache gegeben.

Ueber die Kosten eines Kriegsschiffes noch einige Bemerkungen.
Eine Fregatte von 60 Kanonen, d. h. 26 langen 18pfündiger Caronaden
26 ditto I2pfündiger Caronaden
8 Haubitzen

kostet fertig in England 60,000 Pfd. Se. Man rechnet dort bei Kriegsschiffen
1000 Pfd. Se. auf je eine Kanone. Bei uns würden sich die Kosten etwas ge¬
ringer stellen, da erstens der Arbeitslohn niedriger ist (in England 5 sah. oder
1 Thlr. 20 Sgr. pro Tag), zweitens auch das Material, namentlich Eichenholz,
aus Mecklenburg nud Schleswig-Holstein billiger sein würde. Unsere Eisengieße¬
reien müßten wir zum Caronadengießen einrichten, auch unsere Ankerschmieden
müßten auf größeren Fuß gebracht werden, um die mächtigen Anker von 16 bis
18 Fuß Länge und 70 bis 80 Centner Schwere zu fabrizire".
Zur Bedienung einer Schisfskanone mit Kugeln von

3 Pfunden braucht man 3 Mann
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18 " " " II "
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36 .. ., 15 .,

Ein Schiff von 60 Kanonen fordert mindestens 600 Mann Besatzung.
Die in No. 19. der Grenzboten erwähnte russische Dampffregatte "Kamt¬
schatka," ein Schiff größten Kalibers, .welches 96 Pfünder und 64 Psnnder führt,


Am besten läßt sich der Versuch der Bewaffnung bei unseren Dampfschiffen
machen, weil sie schneller wenden und manövriren, als selbst eine Fregatte. Voll¬
kommen zweckmäßig wird aber die Armirung nur dann, wenn der Dampfer stark
genug gebaut ist, um vorn und hinten- eine 80 pfundige Bombarde zu führen.
Damit ist jede Fregatte im Schach zu halten, weil sie vernichtet werden kann, be¬
vor sie in Schußweite kommt. Freilich sind unsere Dampfer, mit Ausnahme des
preußischen „Adlers," dafür zu schwach, auch nimmt auf ihnen der Maschinenkasten
zu viel Raum ein. Die Amerikaner dagegen, praktische Leute, haben schon längst
einen großen Theil ihrer Dampfschiffe für solche Armirung eingerichtet.

Die Bewaffnung eines Kauffahrers oder Dampfschiffes, vorausgesetzt, daß
Kanonen, Anker und Ketten, nöthige Takellage u. s. w. vorräthig sind, kann nicht
lange aushalten. Die größte Schwierigkeit werden wir darin finden, unsere Ma¬
trosen schnell für den Marinedicnst einzuüben, denn etwa die Eleven der Kor¬
vette Amazone ausgenommen, haben wir keine Offiziere, die den Dienst einüben
können, ja wir haben selbst kein deutsches Kommando. Die östreichischen See¬
offiziere commandiren italienisch, auf den Kauffahrern der Nord- und Ostsee wird
das sür den Kriegsdienst bei weitem nicht ausreichende Kommando in platter
Sprache gegeben.

Ueber die Kosten eines Kriegsschiffes noch einige Bemerkungen.
Eine Fregatte von 60 Kanonen, d. h. 26 langen 18pfündiger Caronaden
26 ditto I2pfündiger Caronaden
8 Haubitzen

kostet fertig in England 60,000 Pfd. Se. Man rechnet dort bei Kriegsschiffen
1000 Pfd. Se. auf je eine Kanone. Bei uns würden sich die Kosten etwas ge¬
ringer stellen, da erstens der Arbeitslohn niedriger ist (in England 5 sah. oder
1 Thlr. 20 Sgr. pro Tag), zweitens auch das Material, namentlich Eichenholz,
aus Mecklenburg nud Schleswig-Holstein billiger sein würde. Unsere Eisengieße¬
reien müßten wir zum Caronadengießen einrichten, auch unsere Ankerschmieden
müßten auf größeren Fuß gebracht werden, um die mächtigen Anker von 16 bis
18 Fuß Länge und 70 bis 80 Centner Schwere zu fabrizire».
Zur Bedienung einer Schisfskanone mit Kugeln von

3 Pfunden braucht man 3 Mann
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Ein Schiff von 60 Kanonen fordert mindestens 600 Mann Besatzung.
Die in No. 19. der Grenzboten erwähnte russische Dampffregatte „Kamt¬
schatka," ein Schiff größten Kalibers, .welches 96 Pfünder und 64 Psnnder führt,


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[0292] Am besten läßt sich der Versuch der Bewaffnung bei unseren Dampfschiffen machen, weil sie schneller wenden und manövriren, als selbst eine Fregatte. Voll¬ kommen zweckmäßig wird aber die Armirung nur dann, wenn der Dampfer stark genug gebaut ist, um vorn und hinten- eine 80 pfundige Bombarde zu führen. Damit ist jede Fregatte im Schach zu halten, weil sie vernichtet werden kann, be¬ vor sie in Schußweite kommt. Freilich sind unsere Dampfer, mit Ausnahme des preußischen „Adlers," dafür zu schwach, auch nimmt auf ihnen der Maschinenkasten zu viel Raum ein. Die Amerikaner dagegen, praktische Leute, haben schon längst einen großen Theil ihrer Dampfschiffe für solche Armirung eingerichtet. Die Bewaffnung eines Kauffahrers oder Dampfschiffes, vorausgesetzt, daß Kanonen, Anker und Ketten, nöthige Takellage u. s. w. vorräthig sind, kann nicht lange aushalten. Die größte Schwierigkeit werden wir darin finden, unsere Ma¬ trosen schnell für den Marinedicnst einzuüben, denn etwa die Eleven der Kor¬ vette Amazone ausgenommen, haben wir keine Offiziere, die den Dienst einüben können, ja wir haben selbst kein deutsches Kommando. Die östreichischen See¬ offiziere commandiren italienisch, auf den Kauffahrern der Nord- und Ostsee wird das sür den Kriegsdienst bei weitem nicht ausreichende Kommando in platter Sprache gegeben. Ueber die Kosten eines Kriegsschiffes noch einige Bemerkungen. Eine Fregatte von 60 Kanonen, d. h. 26 langen 18pfündiger Caronaden 26 ditto I2pfündiger Caronaden 8 Haubitzen kostet fertig in England 60,000 Pfd. Se. Man rechnet dort bei Kriegsschiffen 1000 Pfd. Se. auf je eine Kanone. Bei uns würden sich die Kosten etwas ge¬ ringer stellen, da erstens der Arbeitslohn niedriger ist (in England 5 sah. oder 1 Thlr. 20 Sgr. pro Tag), zweitens auch das Material, namentlich Eichenholz, aus Mecklenburg nud Schleswig-Holstein billiger sein würde. Unsere Eisengieße¬ reien müßten wir zum Caronadengießen einrichten, auch unsere Ankerschmieden müßten auf größeren Fuß gebracht werden, um die mächtigen Anker von 16 bis 18 Fuß Länge und 70 bis 80 Centner Schwere zu fabrizire». Zur Bedienung einer Schisfskanone mit Kugeln von 3 Pfunden braucht man 3 Mann ß - ' S 12 1 „ „ ,/ ^ ,, 18 „ „ „ II „ 24 „ ^ „ iz 36 .. ., 15 ., Ein Schiff von 60 Kanonen fordert mindestens 600 Mann Besatzung. Die in No. 19. der Grenzboten erwähnte russische Dampffregatte „Kamt¬ schatka," ein Schiff größten Kalibers, .welches 96 Pfünder und 64 Psnnder führt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/292>, abgerufen am 26.06.2024.