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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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Deutsche Bewaffnung zur See.



Auf Ihre Fragen über Kriegsschifffahrt gebe ich Ihnen vorläufig einige schnelle
Notizen.

Die Vertheidigung einer Flußeinfahrt oder eines Hafens, so wie die Durch¬
brechung einer engern Blokade oder deren Verhinderung durch bewaffnete Kauf¬
fahrer, namentlich wo diese durch Küstenbatterien unterstützt werden, ist allerdings
möglich, selbst großen Kriegsschiffen gegenüber, weil große Kriegsschiffe 18- 20
Fuß Wassertiefe bedürfen, unsere mächtigsten Kauffahrer aber vermöge ihrer flachen
Bauart auch in seichterem Wasser gehen. Einige gut postirte Schiffscaronaden
vermögen unter diesen Umständen auch einem starken Feind gefährlich zu werden.
Sobald aber die Vortheile des seichteren Wassers und guter Position von dem
armirten Kauffahrer aufgegeben und ein Angriff auf das blvkirende Kriegsschiff,
Fregatte oder größere Korvette, gemacht wird, ist im Allgemeinen ein günstiger
Erfolg nicht zu erwarten. Ein Eutern durch Böte ist unmöglich, wo der wachsame
Gegner die Vortheile offener See und eine Spur von Wind für seine Segel hat.

Man kann jedes Handelsfahrzeug bewaffnen. Die Kauffahrer der indischen
Gewässer z. B. kämpfen oft mit Erfolg gegen die malaiischen Seeräuber. Die
Schiffe der ostindischen Compagnie sind selbst für reguläre Kriegsschiffe von klei¬
nerem Bau gefährliche Gegner. Ganz anders stellt sich das Verhältniß bei
einem Zusammentreffen mit schwereren Kriegsschiffen. Die deutsche Handelsflotte
wird wenig Schiffe auszuweisen haben, welche schwereres Geschütz als Zwölfpfünder
zu führen im Stande sind; die Planken derselben sind dünn und von einfacher
Fügung, während die Planken der Kriegsschiffe von doppelten fest ausgepolsterten
Bohlen gebaut und bei Linienschiffen und Fregatten oft drei bis vier Schuh dick
sind. Eine zwölfpfüudige Kugel klopft an solche Seiten nur unsanft an, selbst
48 Minder schlagen nur ein manierliches Loch, wogegen sich Rath schaffen.läßt,
während ein Handelsschiff durch drei Ladungen einer Caronade kampfunfähig
gemacht wird. Der Hanptnachtheil der Kauffahrer aber liegt in ihrem Bau und
ist jedem Laien sichtbar; dick und flach construirt sind sie, unbehilflicher im Wenden
und Segeln, also ungeschickt zur Deckung und zum Angriff.


Grcnzlwt-n. it. 37
Deutsche Bewaffnung zur See.



Auf Ihre Fragen über Kriegsschifffahrt gebe ich Ihnen vorläufig einige schnelle
Notizen.

Die Vertheidigung einer Flußeinfahrt oder eines Hafens, so wie die Durch¬
brechung einer engern Blokade oder deren Verhinderung durch bewaffnete Kauf¬
fahrer, namentlich wo diese durch Küstenbatterien unterstützt werden, ist allerdings
möglich, selbst großen Kriegsschiffen gegenüber, weil große Kriegsschiffe 18- 20
Fuß Wassertiefe bedürfen, unsere mächtigsten Kauffahrer aber vermöge ihrer flachen
Bauart auch in seichterem Wasser gehen. Einige gut postirte Schiffscaronaden
vermögen unter diesen Umständen auch einem starken Feind gefährlich zu werden.
Sobald aber die Vortheile des seichteren Wassers und guter Position von dem
armirten Kauffahrer aufgegeben und ein Angriff auf das blvkirende Kriegsschiff,
Fregatte oder größere Korvette, gemacht wird, ist im Allgemeinen ein günstiger
Erfolg nicht zu erwarten. Ein Eutern durch Böte ist unmöglich, wo der wachsame
Gegner die Vortheile offener See und eine Spur von Wind für seine Segel hat.

Man kann jedes Handelsfahrzeug bewaffnen. Die Kauffahrer der indischen
Gewässer z. B. kämpfen oft mit Erfolg gegen die malaiischen Seeräuber. Die
Schiffe der ostindischen Compagnie sind selbst für reguläre Kriegsschiffe von klei¬
nerem Bau gefährliche Gegner. Ganz anders stellt sich das Verhältniß bei
einem Zusammentreffen mit schwereren Kriegsschiffen. Die deutsche Handelsflotte
wird wenig Schiffe auszuweisen haben, welche schwereres Geschütz als Zwölfpfünder
zu führen im Stande sind; die Planken derselben sind dünn und von einfacher
Fügung, während die Planken der Kriegsschiffe von doppelten fest ausgepolsterten
Bohlen gebaut und bei Linienschiffen und Fregatten oft drei bis vier Schuh dick
sind. Eine zwölfpfüudige Kugel klopft an solche Seiten nur unsanft an, selbst
48 Minder schlagen nur ein manierliches Loch, wogegen sich Rath schaffen.läßt,
während ein Handelsschiff durch drei Ladungen einer Caronade kampfunfähig
gemacht wird. Der Hanptnachtheil der Kauffahrer aber liegt in ihrem Bau und
ist jedem Laien sichtbar; dick und flach construirt sind sie, unbehilflicher im Wenden
und Segeln, also ungeschickt zur Deckung und zum Angriff.


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[0291] Deutsche Bewaffnung zur See. Auf Ihre Fragen über Kriegsschifffahrt gebe ich Ihnen vorläufig einige schnelle Notizen. Die Vertheidigung einer Flußeinfahrt oder eines Hafens, so wie die Durch¬ brechung einer engern Blokade oder deren Verhinderung durch bewaffnete Kauf¬ fahrer, namentlich wo diese durch Küstenbatterien unterstützt werden, ist allerdings möglich, selbst großen Kriegsschiffen gegenüber, weil große Kriegsschiffe 18- 20 Fuß Wassertiefe bedürfen, unsere mächtigsten Kauffahrer aber vermöge ihrer flachen Bauart auch in seichterem Wasser gehen. Einige gut postirte Schiffscaronaden vermögen unter diesen Umständen auch einem starken Feind gefährlich zu werden. Sobald aber die Vortheile des seichteren Wassers und guter Position von dem armirten Kauffahrer aufgegeben und ein Angriff auf das blvkirende Kriegsschiff, Fregatte oder größere Korvette, gemacht wird, ist im Allgemeinen ein günstiger Erfolg nicht zu erwarten. Ein Eutern durch Böte ist unmöglich, wo der wachsame Gegner die Vortheile offener See und eine Spur von Wind für seine Segel hat. Man kann jedes Handelsfahrzeug bewaffnen. Die Kauffahrer der indischen Gewässer z. B. kämpfen oft mit Erfolg gegen die malaiischen Seeräuber. Die Schiffe der ostindischen Compagnie sind selbst für reguläre Kriegsschiffe von klei¬ nerem Bau gefährliche Gegner. Ganz anders stellt sich das Verhältniß bei einem Zusammentreffen mit schwereren Kriegsschiffen. Die deutsche Handelsflotte wird wenig Schiffe auszuweisen haben, welche schwereres Geschütz als Zwölfpfünder zu führen im Stande sind; die Planken derselben sind dünn und von einfacher Fügung, während die Planken der Kriegsschiffe von doppelten fest ausgepolsterten Bohlen gebaut und bei Linienschiffen und Fregatten oft drei bis vier Schuh dick sind. Eine zwölfpfüudige Kugel klopft an solche Seiten nur unsanft an, selbst 48 Minder schlagen nur ein manierliches Loch, wogegen sich Rath schaffen.läßt, während ein Handelsschiff durch drei Ladungen einer Caronade kampfunfähig gemacht wird. Der Hanptnachtheil der Kauffahrer aber liegt in ihrem Bau und ist jedem Laien sichtbar; dick und flach construirt sind sie, unbehilflicher im Wenden und Segeln, also ungeschickt zur Deckung und zum Angriff. Grcnzlwt-n. it. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/291>, abgerufen am 26.06.2024.