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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Tage b u es.



i.

Schlägst Du meinen Herrn, so schlage ich Deinen. -- Die vsmoeistie i>soni<z"e und
ihre alten Sünden. -- Die beiden Geschichtschreiber. -- Französische Meinung über
Preußens Landtag.

Unser Charivciri ist der Lafontaine der gegenwärtigen Zustände Frankreichs.
Eine Sammlung aller seiner schlagenden Scenen würde die tiefste philosophische
Geschichte unserer Tage sein. Wie schade, daß diese Blätter von dem Winde
weggeweht werden. Eine der lustigen Scenen des Charivari heißt: "Schlägst
Du meinen Herrn, so schlage ich Deinen!" Zwei Kutscher sitzen auf ihren Böcken
und schlagen Beide lustig auf ihre wechselseitigen Herren los, um Jeder den
Schimpf, den der Andere ihm anthut, indem er seinen Herrn dnrchfuchtelt, zu
rächen. Diese kleine Familienscene ist, wie die Fabeln Lafontaine's, nur die bild¬
liche Darstellung von Ereignissen höherer Regionen. Für den Augenblick heißen
die beiden Kutscher: 1" nrocureur Koi und I" 6"Zmocrativ i>!"c:Ili"jiie, und
die beiden Herren Duchatel und Considerant. Die vemociatie nacili<zu<z hat
dem Herrn Duchatel ein paar harte Hiebe versetzt; der Kutscher des Ministers
des Innern sagt: "Schlägst Du meinen Herrn, so schlage ich Deinen!" und
frisch daraus los gibt er der Democratie drei Hiebe in einem Athem.
'

Die vemocrativ pacilüine ist von allen französischen Blättern unstreitig das
ehrlichste. Sie hat eine feste Ueberzeugung und tritt überall für dieselbe ein;
sie steht dem Kreise der intriguirenden und mächtigen Parteien zu ferne, um in
Versuchung geführt zu werden; sie hat ein gutes Gewissen, und braucht deswegen
nicht halb so laut aufzutreten, um einen viel größeren Eindruck zu machen als
die lautesten Schreier. Seit längerer Zeit verfolgt dies Blatt alle kleinen und
großen Betrügereien der Ausbeuter unserer Zustände, Rothschild und die Mini¬
ster sind nicht einen Tag sicher vor dem scharfen Auge und dem strengen Worte
dieses unbestechlichen Censors. In den Scandalen der letzten Tage hat die De¬
mokratie pacilisjue die härtesten Sachen gegen die Herren Minister vorgebracht.

Wenn aber die Ovmoci-iUiv pncilicjiw in allen Geldangelegenheiten ein rei¬
nes Gewissen hat, so ist sie dagegen in anderer Beziehung eine unverbesserliche


Tage b u es.



i.

Schlägst Du meinen Herrn, so schlage ich Deinen. — Die vsmoeistie i>soni<z»e und
ihre alten Sünden. — Die beiden Geschichtschreiber. — Französische Meinung über
Preußens Landtag.

Unser Charivciri ist der Lafontaine der gegenwärtigen Zustände Frankreichs.
Eine Sammlung aller seiner schlagenden Scenen würde die tiefste philosophische
Geschichte unserer Tage sein. Wie schade, daß diese Blätter von dem Winde
weggeweht werden. Eine der lustigen Scenen des Charivari heißt: „Schlägst
Du meinen Herrn, so schlage ich Deinen!" Zwei Kutscher sitzen auf ihren Böcken
und schlagen Beide lustig auf ihre wechselseitigen Herren los, um Jeder den
Schimpf, den der Andere ihm anthut, indem er seinen Herrn dnrchfuchtelt, zu
rächen. Diese kleine Familienscene ist, wie die Fabeln Lafontaine's, nur die bild¬
liche Darstellung von Ereignissen höherer Regionen. Für den Augenblick heißen
die beiden Kutscher: 1« nrocureur Koi und I» 6«Zmocrativ i>!»c:Ili«jiie, und
die beiden Herren Duchatel und Considerant. Die vemociatie nacili<zu<z hat
dem Herrn Duchatel ein paar harte Hiebe versetzt; der Kutscher des Ministers
des Innern sagt: „Schlägst Du meinen Herrn, so schlage ich Deinen!" und
frisch daraus los gibt er der Democratie drei Hiebe in einem Athem.
'

Die vemocrativ pacilüine ist von allen französischen Blättern unstreitig das
ehrlichste. Sie hat eine feste Ueberzeugung und tritt überall für dieselbe ein;
sie steht dem Kreise der intriguirenden und mächtigen Parteien zu ferne, um in
Versuchung geführt zu werden; sie hat ein gutes Gewissen, und braucht deswegen
nicht halb so laut aufzutreten, um einen viel größeren Eindruck zu machen als
die lautesten Schreier. Seit längerer Zeit verfolgt dies Blatt alle kleinen und
großen Betrügereien der Ausbeuter unserer Zustände, Rothschild und die Mini¬
ster sind nicht einen Tag sicher vor dem scharfen Auge und dem strengen Worte
dieses unbestechlichen Censors. In den Scandalen der letzten Tage hat die De¬
mokratie pacilisjue die härtesten Sachen gegen die Herren Minister vorgebracht.

Wenn aber die Ovmoci-iUiv pncilicjiw in allen Geldangelegenheiten ein rei¬
nes Gewissen hat, so ist sie dagegen in anderer Beziehung eine unverbesserliche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/85>, abgerufen am 27.07.2024.