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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Meinung dagegen aufzurufen versucht, wird man nur billigem können; ob
es aber bei unseren jetzigen Zustände", wie sie daso"ders auch ans unseren
Uuiversitätc" herrschen, schou rathsam sei, das Duell plötzlich mit einem
Male abzuschaffen, möchten wir sehr bezweifeln. Bei einer so großen
Menge junger, aufbrausender, oft an innerer Bildung und äußerer Form
sehr verschiedener, dabei aber sich äußerlich gleichstehender Mensche", wie sie
auf Universitäten versammelt sind, möchte bei gänzlicher Abschaffung des
Duelles gar leicht ein Ton einreißen, der zum Stocke griffe, um empfangene
Beleidigungen zu räche". sind dock) in letztem Sommer wiederholt derar¬
tige Beispiele in Heidelberg vorgekommen. Die Sitten würden gerade nicht
verfeinert, der gegenseitige Verkehr nicht geregelter werden, wäre das Rappier
so ganz von unseren Universitäten verbannt. Man kann dies so recht bei
dem Theil der Reform-Partei, die jede Genugthuung gänzlich verweigert,
bemerken. Gewiß, sie zählt sehr viele tüchtige Mitglieder, die Kopf und
Herz ans dem rechten Fleck haben, und die von allen Unbefangenen geachtet,
vou ihren Gegnern, den Corps-Studenten, aber bitter gehaßt werden, was am
Besten ihre Bedeutuug beurkundet, aber es haben sich auch, grade durch die
Bestimmung, jedes Duell zu vermeiden, angezogen, Individuen bei ihr ein-
gefunden, welche dies Vorrecht benutzen, alle möglichen Rohheiten ungestraft
begehen zu können, und die sich überall so gemein betragen, daß wir für
unsere Person wenigstens in keinerlei Weise das Mindeste mit ihnen zu
schaffen haben möchten. Gerade solche Menschen thun der guten Sache
selbst so großen Schaden, denn sie liefern den Gegnern derselben die gewich¬
tigsten Angriffswaffen in die Hände. Wir glauben, ein zweckmäßig organi-
sirtes Ehrengericht, vor dessen Forum alle Streitigkeiten der Studenten ge¬
hörten, und was zu entscheiden hätte, ob ein Duell stattfinden solle oder
nicht, wäre, für die nächsten Zeiten wenigstens, das zweckmäßigste Mittel.
Näher auf diese Frage einzugehen, ist natürlich hier der geeignete Ort nicht.

Die nähere Vereinigung der Studenten mit den gebildeten Bürgern
Heidelbergs gehört zu dem Hauptbestrebeu der Reformisten. Sie sind
größtenteils Mitglieder des Museums oder der andere" ähnlichen Ge¬
sellschaften, eifrige Theilnehmer der Turm- und Säuger-Vereine, die
bei Festen und Fahrten in der ersten Reihe sind. Auch deu politischen
Bewegungen, die besonders zur Zeit der Kammern und der Wahlen das
ganze Großherzvgthinn Baden zu durchzucken Pflegen, bleiben sie größten¬
theils nicht fremd, und nahmen an den Adressen, politischen Feste", u. s. w.
nach Kräften Antheil. Diese Reformisten zählen ungefähr an Mit¬
glieder, und wenn auch die Badenser die zahlreichsten siud, so trifft mau


Meinung dagegen aufzurufen versucht, wird man nur billigem können; ob
es aber bei unseren jetzigen Zustände», wie sie daso»ders auch ans unseren
Uuiversitätc» herrschen, schou rathsam sei, das Duell plötzlich mit einem
Male abzuschaffen, möchten wir sehr bezweifeln. Bei einer so großen
Menge junger, aufbrausender, oft an innerer Bildung und äußerer Form
sehr verschiedener, dabei aber sich äußerlich gleichstehender Mensche», wie sie
auf Universitäten versammelt sind, möchte bei gänzlicher Abschaffung des
Duelles gar leicht ein Ton einreißen, der zum Stocke griffe, um empfangene
Beleidigungen zu räche». sind dock) in letztem Sommer wiederholt derar¬
tige Beispiele in Heidelberg vorgekommen. Die Sitten würden gerade nicht
verfeinert, der gegenseitige Verkehr nicht geregelter werden, wäre das Rappier
so ganz von unseren Universitäten verbannt. Man kann dies so recht bei
dem Theil der Reform-Partei, die jede Genugthuung gänzlich verweigert,
bemerken. Gewiß, sie zählt sehr viele tüchtige Mitglieder, die Kopf und
Herz ans dem rechten Fleck haben, und die von allen Unbefangenen geachtet,
vou ihren Gegnern, den Corps-Studenten, aber bitter gehaßt werden, was am
Besten ihre Bedeutuug beurkundet, aber es haben sich auch, grade durch die
Bestimmung, jedes Duell zu vermeiden, angezogen, Individuen bei ihr ein-
gefunden, welche dies Vorrecht benutzen, alle möglichen Rohheiten ungestraft
begehen zu können, und die sich überall so gemein betragen, daß wir für
unsere Person wenigstens in keinerlei Weise das Mindeste mit ihnen zu
schaffen haben möchten. Gerade solche Menschen thun der guten Sache
selbst so großen Schaden, denn sie liefern den Gegnern derselben die gewich¬
tigsten Angriffswaffen in die Hände. Wir glauben, ein zweckmäßig organi-
sirtes Ehrengericht, vor dessen Forum alle Streitigkeiten der Studenten ge¬
hörten, und was zu entscheiden hätte, ob ein Duell stattfinden solle oder
nicht, wäre, für die nächsten Zeiten wenigstens, das zweckmäßigste Mittel.
Näher auf diese Frage einzugehen, ist natürlich hier der geeignete Ort nicht.

Die nähere Vereinigung der Studenten mit den gebildeten Bürgern
Heidelbergs gehört zu dem Hauptbestrebeu der Reformisten. Sie sind
größtenteils Mitglieder des Museums oder der andere» ähnlichen Ge¬
sellschaften, eifrige Theilnehmer der Turm- und Säuger-Vereine, die
bei Festen und Fahrten in der ersten Reihe sind. Auch deu politischen
Bewegungen, die besonders zur Zeit der Kammern und der Wahlen das
ganze Großherzvgthinn Baden zu durchzucken Pflegen, bleiben sie größten¬
theils nicht fremd, und nahmen an den Adressen, politischen Feste», u. s. w.
nach Kräften Antheil. Diese Reformisten zählen ungefähr an Mit¬
glieder, und wenn auch die Badenser die zahlreichsten siud, so trifft mau


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/278>, abgerufen am 01.09.2024.