Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Bäder und Nadeleben im Rhöngebirge.
I.

Drei Schwester". -- Kissingen. -- Die russischen Gäste. -- Alte "ut neue Zeit. -- Kissingen"
Umgebungen. -- Bocklct und Brücken-",.

Da liegen sie ganz nahe bei einander die drei lieblichen Schwestern,
Kissingen, Bocktet und Brücken an! Welche von den drei freundlichen
Najaden sollen wir zuerst begrüßen und an ihren Heilquellen ein Glas ihres
trefflichen Wassers trinken? Ich denke, wir wenden uns dem lieblichen
Saalgrnndc zu, dorthin, wo die Trümmer der Bodeulaube sich erheben, die
Otto von Bodenlanbe's Gedächtniß in unser Andenken zurückrufen, des
reichbegabten Minnesäugers, zu dem heilspendenden Kissingen. Ein regeres
Leben hat nie an diesem Kurorte geherrscht als in diesem Jahre, die Geburts¬
aristokratie und der Geldadel haben dieses Bild zu ihrem Lieblingsorte er¬
wählt und halten mit jeder Sommerszeit in immer größerer Anzahl dort
Einkehr, von dem Czareusohne des starren Nordens an, bis zu dem sicilia-
nischen Fürsten, welcher die glühende Sonne seiner heimathlichen Insel flieht,
um an den Heilquellen des Saalthales der deutschen Sommerfrische sich zu
erfreuen. Da ist überall Pracht und Glanz, Luxus und üppige Lebensweise
aller Art, während die nah' und fern herrschende Noth einen eigenen Con¬
trast zu dem vielbewegten Bilde bietet. Wer Lust und Muße dazu hat, der
beeile sich, um zu sehen, wie die Popen der griechischen Kirche in den weiten
Sälen des Kurhauses jenes deutschen Bades die Liturgie der uicht unirten
Kirche feiern, und wie glänzende Diner's an den Geburtstag des russischen
Kaisers erinnern. Mit welcher Aufmerksamkeit, mit welcher Bewunderung
besieht sich der echte Sohn Vetter Michels alles dies, wie lüstern schielt er
nach dem Golde, welches die slavischen Großen reichlich fließen lassen. Nicht
wahr, das sind reiche Herren, wie es in Deutschland wenige gibt, wie
nachlässig und unbekümmert werfen sie die blanken Goldstücke hin auf den


Bäder und Nadeleben im Rhöngebirge.
I.

Drei Schwester». — Kissingen. — Die russischen Gäste. — Alte »ut neue Zeit. — Kissingen»
Umgebungen. — Bocklct und Brücken-»,.

Da liegen sie ganz nahe bei einander die drei lieblichen Schwestern,
Kissingen, Bocktet und Brücken an! Welche von den drei freundlichen
Najaden sollen wir zuerst begrüßen und an ihren Heilquellen ein Glas ihres
trefflichen Wassers trinken? Ich denke, wir wenden uns dem lieblichen
Saalgrnndc zu, dorthin, wo die Trümmer der Bodeulaube sich erheben, die
Otto von Bodenlanbe's Gedächtniß in unser Andenken zurückrufen, des
reichbegabten Minnesäugers, zu dem heilspendenden Kissingen. Ein regeres
Leben hat nie an diesem Kurorte geherrscht als in diesem Jahre, die Geburts¬
aristokratie und der Geldadel haben dieses Bild zu ihrem Lieblingsorte er¬
wählt und halten mit jeder Sommerszeit in immer größerer Anzahl dort
Einkehr, von dem Czareusohne des starren Nordens an, bis zu dem sicilia-
nischen Fürsten, welcher die glühende Sonne seiner heimathlichen Insel flieht,
um an den Heilquellen des Saalthales der deutschen Sommerfrische sich zu
erfreuen. Da ist überall Pracht und Glanz, Luxus und üppige Lebensweise
aller Art, während die nah' und fern herrschende Noth einen eigenen Con¬
trast zu dem vielbewegten Bilde bietet. Wer Lust und Muße dazu hat, der
beeile sich, um zu sehen, wie die Popen der griechischen Kirche in den weiten
Sälen des Kurhauses jenes deutschen Bades die Liturgie der uicht unirten
Kirche feiern, und wie glänzende Diner's an den Geburtstag des russischen
Kaisers erinnern. Mit welcher Aufmerksamkeit, mit welcher Bewunderung
besieht sich der echte Sohn Vetter Michels alles dies, wie lüstern schielt er
nach dem Golde, welches die slavischen Großen reichlich fließen lassen. Nicht
wahr, das sind reiche Herren, wie es in Deutschland wenige gibt, wie
nachlässig und unbekümmert werfen sie die blanken Goldstücke hin auf den


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0230" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184390"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Bäder und Nadeleben im Rhöngebirge.<lb/></head><lb/>
          <div n="2">
            <head> I.</head><lb/>
            <note type="argument"> Drei Schwester». &#x2014; Kissingen. &#x2014; Die russischen Gäste. &#x2014; Alte »ut neue Zeit. &#x2014; Kissingen»<lb/>
Umgebungen. &#x2014; Bocklct und Brücken-»,.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_741" next="#ID_742"> Da liegen sie ganz nahe bei einander die drei lieblichen Schwestern,<lb/>
Kissingen, Bocktet und Brücken an! Welche von den drei freundlichen<lb/>
Najaden sollen wir zuerst begrüßen und an ihren Heilquellen ein Glas ihres<lb/>
trefflichen Wassers trinken? Ich denke, wir wenden uns dem lieblichen<lb/>
Saalgrnndc zu, dorthin, wo die Trümmer der Bodeulaube sich erheben, die<lb/>
Otto von Bodenlanbe's Gedächtniß in unser Andenken zurückrufen, des<lb/>
reichbegabten Minnesäugers, zu dem heilspendenden Kissingen. Ein regeres<lb/>
Leben hat nie an diesem Kurorte geherrscht als in diesem Jahre, die Geburts¬<lb/>
aristokratie und der Geldadel haben dieses Bild zu ihrem Lieblingsorte er¬<lb/>
wählt und halten mit jeder Sommerszeit in immer größerer Anzahl dort<lb/>
Einkehr, von dem Czareusohne des starren Nordens an, bis zu dem sicilia-<lb/>
nischen Fürsten, welcher die glühende Sonne seiner heimathlichen Insel flieht,<lb/>
um an den Heilquellen des Saalthales der deutschen Sommerfrische sich zu<lb/>
erfreuen. Da ist überall Pracht und Glanz, Luxus und üppige Lebensweise<lb/>
aller Art, während die nah' und fern herrschende Noth einen eigenen Con¬<lb/>
trast zu dem vielbewegten Bilde bietet. Wer Lust und Muße dazu hat, der<lb/>
beeile sich, um zu sehen, wie die Popen der griechischen Kirche in den weiten<lb/>
Sälen des Kurhauses jenes deutschen Bades die Liturgie der uicht unirten<lb/>
Kirche feiern, und wie glänzende Diner's an den Geburtstag des russischen<lb/>
Kaisers erinnern. Mit welcher Aufmerksamkeit, mit welcher Bewunderung<lb/>
besieht sich der echte Sohn Vetter Michels alles dies, wie lüstern schielt er<lb/>
nach dem Golde, welches die slavischen Großen reichlich fließen lassen. Nicht<lb/>
wahr, das sind reiche Herren, wie es in Deutschland wenige gibt, wie<lb/>
nachlässig und unbekümmert werfen sie die blanken Goldstücke hin auf den</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0230] Bäder und Nadeleben im Rhöngebirge. I. Drei Schwester». — Kissingen. — Die russischen Gäste. — Alte »ut neue Zeit. — Kissingen» Umgebungen. — Bocklct und Brücken-»,. Da liegen sie ganz nahe bei einander die drei lieblichen Schwestern, Kissingen, Bocktet und Brücken an! Welche von den drei freundlichen Najaden sollen wir zuerst begrüßen und an ihren Heilquellen ein Glas ihres trefflichen Wassers trinken? Ich denke, wir wenden uns dem lieblichen Saalgrnndc zu, dorthin, wo die Trümmer der Bodeulaube sich erheben, die Otto von Bodenlanbe's Gedächtniß in unser Andenken zurückrufen, des reichbegabten Minnesäugers, zu dem heilspendenden Kissingen. Ein regeres Leben hat nie an diesem Kurorte geherrscht als in diesem Jahre, die Geburts¬ aristokratie und der Geldadel haben dieses Bild zu ihrem Lieblingsorte er¬ wählt und halten mit jeder Sommerszeit in immer größerer Anzahl dort Einkehr, von dem Czareusohne des starren Nordens an, bis zu dem sicilia- nischen Fürsten, welcher die glühende Sonne seiner heimathlichen Insel flieht, um an den Heilquellen des Saalthales der deutschen Sommerfrische sich zu erfreuen. Da ist überall Pracht und Glanz, Luxus und üppige Lebensweise aller Art, während die nah' und fern herrschende Noth einen eigenen Con¬ trast zu dem vielbewegten Bilde bietet. Wer Lust und Muße dazu hat, der beeile sich, um zu sehen, wie die Popen der griechischen Kirche in den weiten Sälen des Kurhauses jenes deutschen Bades die Liturgie der uicht unirten Kirche feiern, und wie glänzende Diner's an den Geburtstag des russischen Kaisers erinnern. Mit welcher Aufmerksamkeit, mit welcher Bewunderung besieht sich der echte Sohn Vetter Michels alles dies, wie lüstern schielt er nach dem Golde, welches die slavischen Großen reichlich fließen lassen. Nicht wahr, das sind reiche Herren, wie es in Deutschland wenige gibt, wie nachlässig und unbekümmert werfen sie die blanken Goldstücke hin auf den

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/230
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/230>, abgerufen am 28.07.2024.