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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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erreicht hat." Der Empfang beim Sultan gibt Gelegenheit zu einer anmu¬
thigen Schilderung. Von da kehrten die Reisenden in das flache Land In¬
diens zurück, und kamen nach Benaes, "der schönsten aller indischen Städte.
Sie liegt in einem weiten Bogen am Ufer des prächtigen Flusses (Ganges)
mit ihren majestätischen Bauwerken, den zahllosen Moscheen, Minarets, Pa¬
goden und Palästen ausgebreitet. Die bunte Bevölkerung treibt sich den
gauzen Tag in den vollen Straßen und an den Ufern des Ganges, welche
durchgängig mit breiten Treppenflüchten versehen sind, damit die Pilger be¬
quem zum heiligen Strom hinabsteigen können. Keine andere Stadt gibt
ein so lebendiges Bild des indischen Volkslebens." Von da nach Lncknow.
"Große, hohe Häuser mit gelben oder weißen, glänzendem Stuck überzogen,
reihten sich zu beiden Seiten der breiten Straßen aneinander; zahlreiche.
Moscheen und Minarets von der künstlichsten Schrcmbenform erhoben sich
zwischen völlig europäisch aussehenden Gebänden. Die Zahl der Kuppeln
mit vergoldeten Spitzen und der weißen, durchbrochenen Einfassung um die
Plattformen hoher Paläste nahm zu, je weiter wir in das Innere der Stadt
gelangten; doch war die Bauart derselben eher prächtig und sauber zu nen-
nen, als daß sie von gutem Geschmack gezeugt hätte." Eine Reihe von Fest¬
lichkeiten gibt diesem Bilde ein größeres Leben. -- Von Lncknow geht es
im Anfang April nach Agra, bis die Reisenden endlich am Ende des Mo¬
nats Delhi, den alten Sitz des Großmoguls erreichen. Von dort aus wenden
sie sich in das Gebirge; die Gegend wird kühler, anmuthiger, und behält doch
in der Pracht der Vegetation den orientalischen Charakter bei. Aber allmälich
wird es milder; die Reise wird schwierig und anstrengend. "Hohe Granit¬
wände und Geröllbänke, die der Ganges durchbrochen hat, machten uns bei
der Fortsetzung unseres Weges (I.Juni) viel zu schaffen. An einer Stelle, wo
wir das Flußbett selbst erreichten, sahen wir eine steile Felswand von 1000
Fuß Höhe, welche durch die darnberfließenden, kalkhaltigen Quellen in ihrer
ganzen Ausdehnung bis unten hin mit gelbem Kalksinter überzogen war.
Eine Zeit lang zog sich der frisch reparirte Weg dicht am Flusse hin; er
war so locker, daß er an einzelnen Stellen unter uns einstürzte, und führte
zu einer Balkenbrücke über den KV Schritt breiten Fluß, die sehr morsch
und wie immer ohne Geländer war, mir indessen angenehmer als das einfache
Seil erschien; denn man gewöhnt sich an das Schwanken der langen Bäume
und den Anblick des tiefen Abgrundes zu den Füßen leichter, als an die ver¬
zweifelte Lage, in welche man beim Hinüberrutschen über eine Seilbrücke
eingezwängt wird." -- "Ein furchtbares Bild der Verwüstung, die unend¬
lichen Massen der mannigfaltig geformten Schneepiks, die alle erschienen, als


erreicht hat." Der Empfang beim Sultan gibt Gelegenheit zu einer anmu¬
thigen Schilderung. Von da kehrten die Reisenden in das flache Land In¬
diens zurück, und kamen nach Benaes, „der schönsten aller indischen Städte.
Sie liegt in einem weiten Bogen am Ufer des prächtigen Flusses (Ganges)
mit ihren majestätischen Bauwerken, den zahllosen Moscheen, Minarets, Pa¬
goden und Palästen ausgebreitet. Die bunte Bevölkerung treibt sich den
gauzen Tag in den vollen Straßen und an den Ufern des Ganges, welche
durchgängig mit breiten Treppenflüchten versehen sind, damit die Pilger be¬
quem zum heiligen Strom hinabsteigen können. Keine andere Stadt gibt
ein so lebendiges Bild des indischen Volkslebens." Von da nach Lncknow.
„Große, hohe Häuser mit gelben oder weißen, glänzendem Stuck überzogen,
reihten sich zu beiden Seiten der breiten Straßen aneinander; zahlreiche.
Moscheen und Minarets von der künstlichsten Schrcmbenform erhoben sich
zwischen völlig europäisch aussehenden Gebänden. Die Zahl der Kuppeln
mit vergoldeten Spitzen und der weißen, durchbrochenen Einfassung um die
Plattformen hoher Paläste nahm zu, je weiter wir in das Innere der Stadt
gelangten; doch war die Bauart derselben eher prächtig und sauber zu nen-
nen, als daß sie von gutem Geschmack gezeugt hätte." Eine Reihe von Fest¬
lichkeiten gibt diesem Bilde ein größeres Leben. — Von Lncknow geht es
im Anfang April nach Agra, bis die Reisenden endlich am Ende des Mo¬
nats Delhi, den alten Sitz des Großmoguls erreichen. Von dort aus wenden
sie sich in das Gebirge; die Gegend wird kühler, anmuthiger, und behält doch
in der Pracht der Vegetation den orientalischen Charakter bei. Aber allmälich
wird es milder; die Reise wird schwierig und anstrengend. „Hohe Granit¬
wände und Geröllbänke, die der Ganges durchbrochen hat, machten uns bei
der Fortsetzung unseres Weges (I.Juni) viel zu schaffen. An einer Stelle, wo
wir das Flußbett selbst erreichten, sahen wir eine steile Felswand von 1000
Fuß Höhe, welche durch die darnberfließenden, kalkhaltigen Quellen in ihrer
ganzen Ausdehnung bis unten hin mit gelbem Kalksinter überzogen war.
Eine Zeit lang zog sich der frisch reparirte Weg dicht am Flusse hin; er
war so locker, daß er an einzelnen Stellen unter uns einstürzte, und führte
zu einer Balkenbrücke über den KV Schritt breiten Fluß, die sehr morsch
und wie immer ohne Geländer war, mir indessen angenehmer als das einfache
Seil erschien; denn man gewöhnt sich an das Schwanken der langen Bäume
und den Anblick des tiefen Abgrundes zu den Füßen leichter, als an die ver¬
zweifelte Lage, in welche man beim Hinüberrutschen über eine Seilbrücke
eingezwängt wird." — „Ein furchtbares Bild der Verwüstung, die unend¬
lichen Massen der mannigfaltig geformten Schneepiks, die alle erschienen, als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/212>, abgerufen am 01.09.2024.