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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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scheuen Karren vor sich treiben; dort die elegantesten Equipagen, die man
auf der Welt sehen kann, elegante Damen darin und vergoldete indische
Livreen von den schönsten Stoffen Hintenauf, dazu die Pferde von der edelsten
arabische" Race; die größte Pracht und die größte Armuth, der größte Stolz und
die größte Niederträchtigkeit. Man ist hier sehr von der Etikette der vor¬
nehmen Welt abhängig. Zu Fuße zu gehe", wird für sehr unanständig ge¬
halten; nur die braunen Hindus der untersten Klasse thun es. Man läßt
sich entweder im Palankin tragen, oder man fährt. -- Die zahllose Diener¬
schaft im Palais des Gouverneurs beobachtet jeden Schritt. Die Uniformen
der braunen, schönen Kerle sind äußerst prächtig und geschmackvoll. Die
meisten tragen Scharlachröcke, mit Goldlitzen über die Brust besetzt, und
Scharlachbarette mit weißem Mittelfelde. Die Oberbedienten sind alte Män¬
ner mit schönen, weißen Bärten, zu deuen die rothen, langen Gewänder mit
einem Ueberfluß von Goldstickerei sich sehr gut ausnehmen. Im Ganzen
sind 372 Bedienten im Gouver"eine"tspalast nothwendig." --

Von Calcutta geht es am Ende des Monats zu Lande nach Patna.
"Die Veränderung in der Bevölkerung, in Tracht und Sprache war uns
schon am zweiten Tage ausfallend. Am dritten begegneten wir zahlreichen
Pilgern. Die Trachten waren malerisch, nicht mehr das einförmige weiße
Tuch um Schultern, Brust und Schenkel vielfach geschlungen wie in Cal¬
cutta, sondern hier entfaltete sich ein reicher himmelblauer Cashmir, hier ein
dunkelgelber Mantel, hier eine goldgestickte, schwerseidene Tunica, die Kopf¬
bedeckung verwandelt sich aus dem wulstigen Turban in ein flaches Barett
von eleganter Form und Farbe. Die Leute trugen meist enge Beinkleider
und gingen bewaffnet mit einem eisernen Schilde ans dem Rücken und einem
langen Schwert an der linken Seite. Hin und wieder schleift ein gewaltig
ger Elephant seine Säulenfüße und trägt eine ganze Familie ans seinem
Rücken, die eines reichen Priesters oder eines Rajah, mit sämmtlichem Haus-
geräthe, bestehend ans einigen Decken, die zugleich als Mäntel dienen,
Messinggefäßen zum Trinken und einem Kessel zum Kurrie kochen. Ein per¬
sischer Kaufmann mit grünem Turban, behaglich die Hukapfeife brodelnd,
rollt im leichte" Fuhrwerk vorüber, einem kleinen viereckigen Thurm sammt
Baldachin, der auf zwei Rädern ruht, und dessen Deichsel an einem leder¬
nen Höcker mitten über dem Rucke" des Pferdes befestigt ist. Sei" schwarz¬
brauner Begleiter treibt das arabische Pferdche"."

Im Februar zog die Gesellschaft i" das Reich Nepaul. "Ausdauer
und Beharrlichkeit haben uns nicht n"r de" Eintritt verschafft, sondern wir
sind auch in Gegenden vorgedrungen, welche seit langer Zeit kein Europäer


scheuen Karren vor sich treiben; dort die elegantesten Equipagen, die man
auf der Welt sehen kann, elegante Damen darin und vergoldete indische
Livreen von den schönsten Stoffen Hintenauf, dazu die Pferde von der edelsten
arabische» Race; die größte Pracht und die größte Armuth, der größte Stolz und
die größte Niederträchtigkeit. Man ist hier sehr von der Etikette der vor¬
nehmen Welt abhängig. Zu Fuße zu gehe», wird für sehr unanständig ge¬
halten; nur die braunen Hindus der untersten Klasse thun es. Man läßt
sich entweder im Palankin tragen, oder man fährt. — Die zahllose Diener¬
schaft im Palais des Gouverneurs beobachtet jeden Schritt. Die Uniformen
der braunen, schönen Kerle sind äußerst prächtig und geschmackvoll. Die
meisten tragen Scharlachröcke, mit Goldlitzen über die Brust besetzt, und
Scharlachbarette mit weißem Mittelfelde. Die Oberbedienten sind alte Män¬
ner mit schönen, weißen Bärten, zu deuen die rothen, langen Gewänder mit
einem Ueberfluß von Goldstickerei sich sehr gut ausnehmen. Im Ganzen
sind 372 Bedienten im Gouver»eine»tspalast nothwendig." --

Von Calcutta geht es am Ende des Monats zu Lande nach Patna.
„Die Veränderung in der Bevölkerung, in Tracht und Sprache war uns
schon am zweiten Tage ausfallend. Am dritten begegneten wir zahlreichen
Pilgern. Die Trachten waren malerisch, nicht mehr das einförmige weiße
Tuch um Schultern, Brust und Schenkel vielfach geschlungen wie in Cal¬
cutta, sondern hier entfaltete sich ein reicher himmelblauer Cashmir, hier ein
dunkelgelber Mantel, hier eine goldgestickte, schwerseidene Tunica, die Kopf¬
bedeckung verwandelt sich aus dem wulstigen Turban in ein flaches Barett
von eleganter Form und Farbe. Die Leute trugen meist enge Beinkleider
und gingen bewaffnet mit einem eisernen Schilde ans dem Rücken und einem
langen Schwert an der linken Seite. Hin und wieder schleift ein gewaltig
ger Elephant seine Säulenfüße und trägt eine ganze Familie ans seinem
Rücken, die eines reichen Priesters oder eines Rajah, mit sämmtlichem Haus-
geräthe, bestehend ans einigen Decken, die zugleich als Mäntel dienen,
Messinggefäßen zum Trinken und einem Kessel zum Kurrie kochen. Ein per¬
sischer Kaufmann mit grünem Turban, behaglich die Hukapfeife brodelnd,
rollt im leichte» Fuhrwerk vorüber, einem kleinen viereckigen Thurm sammt
Baldachin, der auf zwei Rädern ruht, und dessen Deichsel an einem leder¬
nen Höcker mitten über dem Rucke» des Pferdes befestigt ist. Sei» schwarz¬
brauner Begleiter treibt das arabische Pferdche»."

Im Februar zog die Gesellschaft i» das Reich Nepaul. „Ausdauer
und Beharrlichkeit haben uns nicht n»r de» Eintritt verschafft, sondern wir
sind auch in Gegenden vorgedrungen, welche seit langer Zeit kein Europäer


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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/211>, abgerufen am 01.09.2024.