Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.bringen. Es besteht zwar noch die Vorschrift, daß die diensthabenden Se- Wie viel Schuld die Direction an diesen empörenden Zuständen hat, be¬ Es liegt zu Tage, daß solche Mißbräuche, ein solches Spiel mit hoch¬ Ist die Direction vielleicht mit Blindheit geschlagen? Kennt sie allein, Daß sie die schlechte gewissenlose Verpflegung kennt, möge ein Vorgang Silppe lie<iual"z Wasser. Die Direction nahm diesen Bericht wie gewöhnlich mit Stillschweigen bringen. Es besteht zwar noch die Vorschrift, daß die diensthabenden Se- Wie viel Schuld die Direction an diesen empörenden Zuständen hat, be¬ Es liegt zu Tage, daß solche Mißbräuche, ein solches Spiel mit hoch¬ Ist die Direction vielleicht mit Blindheit geschlagen? Kennt sie allein, Daß sie die schlechte gewissenlose Verpflegung kennt, möge ein Vorgang Silppe lie<iual«z Wasser. Die Direction nahm diesen Bericht wie gewöhnlich mit Stillschweigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0566" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272465"/> <p xml:id="ID_1864" prev="#ID_1863"> bringen. Es besteht zwar noch die Vorschrift, daß die diensthabenden Se-<lb/> cnndarärzte die ans den Abtheilungen angelangten Speisen ebenfalls kosten,<lb/> und täglich über ihre Qualität und Quantität schriftliche Berichte erstatten,<lb/> allein diese Vorsicht scheiterte an dem merkwürdigen Verhalten der Direction.<lb/> Die Berichte der Seenndarärzle waren nämlich lange Zeit hindurch ganz der<lb/> Wahrheit gemäß, und bildeten einen ewigen Wiederhall von Klagen über<lb/> die normalwidrige Nahrung der Kranken. Da die Direction aber alle diese<lb/> Klagen mit größter Gleichgültigkeit hinnahm, so ermüdeten endlich diese letz¬<lb/> ten Richter, und jetzt schreibt jeder Secundararzt, nachdem er lange Zeit<lb/> fruchtlos geklagt und getadelt hat, mechanisch in seinen Bericht: „Speisen<lb/> und Getränke normal"!!</p><lb/> <p xml:id="ID_1865"> Wie viel Schuld die Direction an diesen empörenden Zuständen hat, be¬<lb/> weisen weniger die auf ihre Kosten im Krankenhause umlaufenden Gerüchte<lb/> als deutliche und gehäufte Juzichtcn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1866"> Es liegt zu Tage, daß solche Mißbräuche, ein solches Spiel mit hoch¬<lb/> wichtigen Daten unter einer Verwaltung, welche die Heiligkeit ihrer Sendung<lb/> begreift, sich gar uicht einnisten konnten, es ist unzweifelhaft, daß es bereits<lb/> längst die Pflicht der Verwaltung gewesen wäre, die wohlwollende, zu jedem<lb/> Opfer für die leidende Menschheit bereite Regierung darauf aufmerksam zu<lb/> macheu, daß die Kranken für die unter den gegenwärtigen Verhältniß mähr-<lb/> chenhaften Tarifsätze keine gute Nahrung erhalten können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1867"> Ist die Direction vielleicht mit Blindheit geschlagen? Kennt sie allein,<lb/> welche den Krankeilstaat leiten sott, nicht die gerügten Uebelstände, die doch<lb/> jeder Hausknecht bereits ergründet hat?</p><lb/> <p xml:id="ID_1868"> Daß sie die schlechte gewissenlose Verpflegung kennt, möge ein Vorgang<lb/> bewähren. Ein Secundararzt klassistzirte einst einen Speisenapparat folgen¬<lb/> dermaßen :</p><lb/> <quote> Silppe lie<iual«z Wasser.<lb/> Gemüse avljimlo Suppe<lb/> Fleisch ->,c;,>>i!av Leder.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1869" next="#ID_1870"> Die Direction nahm diesen Bericht wie gewöhnlich mit Stillschweigen<lb/> hin. Dies geschieht trotz der in der Instruction für die Secundarärzte un¬<lb/> ter 24 enthaltenen Bestimmungen, die wir hier wörtlich anführen wollen:<lb/> „Die Kost und Nahrung der Kranken verdienen ein vorzügliches Augen-<lb/> merk. Er (der Secundararzt) hat demnach zur Zeit einer jeden Ausspeisung<lb/> auf den Krankensälen zu sein, die Speisen, das Brod und den Wein zu<lb/> untersuchen und auf die Reinlichkeit der Eßgeschirre seinen Blick zu richten.<lb/> Gr muß nicht nur aus die Qualität, sondern auch ans die vorgeschriebene</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0566]
bringen. Es besteht zwar noch die Vorschrift, daß die diensthabenden Se-
cnndarärzte die ans den Abtheilungen angelangten Speisen ebenfalls kosten,
und täglich über ihre Qualität und Quantität schriftliche Berichte erstatten,
allein diese Vorsicht scheiterte an dem merkwürdigen Verhalten der Direction.
Die Berichte der Seenndarärzle waren nämlich lange Zeit hindurch ganz der
Wahrheit gemäß, und bildeten einen ewigen Wiederhall von Klagen über
die normalwidrige Nahrung der Kranken. Da die Direction aber alle diese
Klagen mit größter Gleichgültigkeit hinnahm, so ermüdeten endlich diese letz¬
ten Richter, und jetzt schreibt jeder Secundararzt, nachdem er lange Zeit
fruchtlos geklagt und getadelt hat, mechanisch in seinen Bericht: „Speisen
und Getränke normal"!!
Wie viel Schuld die Direction an diesen empörenden Zuständen hat, be¬
weisen weniger die auf ihre Kosten im Krankenhause umlaufenden Gerüchte
als deutliche und gehäufte Juzichtcn.
Es liegt zu Tage, daß solche Mißbräuche, ein solches Spiel mit hoch¬
wichtigen Daten unter einer Verwaltung, welche die Heiligkeit ihrer Sendung
begreift, sich gar uicht einnisten konnten, es ist unzweifelhaft, daß es bereits
längst die Pflicht der Verwaltung gewesen wäre, die wohlwollende, zu jedem
Opfer für die leidende Menschheit bereite Regierung darauf aufmerksam zu
macheu, daß die Kranken für die unter den gegenwärtigen Verhältniß mähr-
chenhaften Tarifsätze keine gute Nahrung erhalten können.
Ist die Direction vielleicht mit Blindheit geschlagen? Kennt sie allein,
welche den Krankeilstaat leiten sott, nicht die gerügten Uebelstände, die doch
jeder Hausknecht bereits ergründet hat?
Daß sie die schlechte gewissenlose Verpflegung kennt, möge ein Vorgang
bewähren. Ein Secundararzt klassistzirte einst einen Speisenapparat folgen¬
dermaßen :
Silppe lie<iual«z Wasser.
Gemüse avljimlo Suppe
Fleisch ->,c;,>>i!av Leder.
Die Direction nahm diesen Bericht wie gewöhnlich mit Stillschweigen
hin. Dies geschieht trotz der in der Instruction für die Secundarärzte un¬
ter 24 enthaltenen Bestimmungen, die wir hier wörtlich anführen wollen:
„Die Kost und Nahrung der Kranken verdienen ein vorzügliches Augen-
merk. Er (der Secundararzt) hat demnach zur Zeit einer jeden Ausspeisung
auf den Krankensälen zu sein, die Speisen, das Brod und den Wein zu
untersuchen und auf die Reinlichkeit der Eßgeschirre seinen Blick zu richten.
Gr muß nicht nur aus die Qualität, sondern auch ans die vorgeschriebene
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |