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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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reget erscheint die Bestimmung wünschenswert!), daß, sobald ein Handels-
oder Geschäftsmann den gerichtlichen Actus einer Bcrmögensübertragnng vor¬
nimmt, erstens derselbe in den Zeitungen als mi I";^leur" publicirt,
und zweitens der Stand seiner Bücher vorher gerichtlich untersucht werde,
wonach zu entscheiden, ob jener Act legal vorgenommen werden darf.

Leider müssen wir, vou unsern Handelsverhältnissen sprechend, bedauern,
daß die Lage Wiens eine ungünstige ist. Die Seichtigkeit des Wiener Wassers
hemmt jede Entwickelung und zwingt die Dampfschiffe (nach Linz) in Nu߬
dorf, oder (nach Ungarn) bei den Kaiscrmühlen anzulegen. Haben es die Hol¬
länder verstanden, ein ganzes Land gegen die Angriffe eines Ocean's zu
schützen, so wird es doch dem gewaltigen Oesterreich gelingen, seine Haupt¬
stadt gegen Ueberschwemmungen zu decken. Eine durchgreifende Regulirung
der Donau im Allgemeinen und ein Durchstich bei Wien, welcher das Kaiser¬
wasser vom Spitz und in gerader Richtung zum Lufthause im Prater führt,
sind unerläßlich. Vielleicht gelänge es auch die Donan oberhalb des Spitzes
durch ein eingebautes Wehr und Dämme so zu schwellen, daß ein tieferes
Fahrwasser für den Wiener Canal erzielt wird, der alsdann seine Einmün-
dung in die Donau oberhalb Kaiser-Eberödorf durch Schleichen bewerkstel¬
ligt, um vou seinem, wenn auch nur vier Fuß erhöhten Niveau in das über
das Wehr und seitwärts desselben abfließende Wasser der großen Donau zu
gelangen. Dann aber muß die häßliche, kleinliche Schlagbrücke, die vom
rothen Thurm in die Tabvrstraße führt, cassirt und durch eine neue erhöhte
Passage, welche das Durchfahren von Dampfern gestattet, vielleicht vom
Schanzelthor in die Lilieubruungasse führend, ersetzt werden. Jedenfalls
wäre es vor der Hand Pflicht und Schuldigkeit der k. k. privilegirten ersten
Donau - Dampfschiffahrts - Gesellschaft die Passagiere durch mehrere kleine
Dampfschiffe vom Schanzel aus zu den weit entfernten Anlanden zu trans-
portiren, wohin der Wagen, wenn man einen gnädigen Fiaker zu nehmen
gezwungen ist, mehr kostet als die Wasserfahrt selbst. Besäße die Gesellschaft'
nicht das Monopol, so würde eine Rivalin sie längst gezwungen haben, aus
Noth der eigenen Erhaltung, etwas humaner mit den Passagieren umzu¬
gehen. Es ist nicht nöthig hier weiter einzugehen, wie sehr die auf den
Kanälen der Freistaaten üblichen Dampfschiffe mit Gropellers (einen auf
jeder Seite des Steuerruders, wenn blos 5 bis 6 Fuß Tiefgang vorhan¬
den) für das Wiener Wasser, wegen Schonung der Ufer und Raumgewinn,
tauglich wären; aber hinzusetzen müssen wir, daß sich Herren, wie Rothschild
und Sina, gewiß durch ähnliche Unternehmungen und Herrichtung der
Donanufer für den Betrieb eines großen Handels weit eher die Liebe und


reget erscheint die Bestimmung wünschenswert!), daß, sobald ein Handels-
oder Geschäftsmann den gerichtlichen Actus einer Bcrmögensübertragnng vor¬
nimmt, erstens derselbe in den Zeitungen als mi I«;^leur" publicirt,
und zweitens der Stand seiner Bücher vorher gerichtlich untersucht werde,
wonach zu entscheiden, ob jener Act legal vorgenommen werden darf.

Leider müssen wir, vou unsern Handelsverhältnissen sprechend, bedauern,
daß die Lage Wiens eine ungünstige ist. Die Seichtigkeit des Wiener Wassers
hemmt jede Entwickelung und zwingt die Dampfschiffe (nach Linz) in Nu߬
dorf, oder (nach Ungarn) bei den Kaiscrmühlen anzulegen. Haben es die Hol¬
länder verstanden, ein ganzes Land gegen die Angriffe eines Ocean's zu
schützen, so wird es doch dem gewaltigen Oesterreich gelingen, seine Haupt¬
stadt gegen Ueberschwemmungen zu decken. Eine durchgreifende Regulirung
der Donau im Allgemeinen und ein Durchstich bei Wien, welcher das Kaiser¬
wasser vom Spitz und in gerader Richtung zum Lufthause im Prater führt,
sind unerläßlich. Vielleicht gelänge es auch die Donan oberhalb des Spitzes
durch ein eingebautes Wehr und Dämme so zu schwellen, daß ein tieferes
Fahrwasser für den Wiener Canal erzielt wird, der alsdann seine Einmün-
dung in die Donau oberhalb Kaiser-Eberödorf durch Schleichen bewerkstel¬
ligt, um vou seinem, wenn auch nur vier Fuß erhöhten Niveau in das über
das Wehr und seitwärts desselben abfließende Wasser der großen Donau zu
gelangen. Dann aber muß die häßliche, kleinliche Schlagbrücke, die vom
rothen Thurm in die Tabvrstraße führt, cassirt und durch eine neue erhöhte
Passage, welche das Durchfahren von Dampfern gestattet, vielleicht vom
Schanzelthor in die Lilieubruungasse führend, ersetzt werden. Jedenfalls
wäre es vor der Hand Pflicht und Schuldigkeit der k. k. privilegirten ersten
Donau - Dampfschiffahrts - Gesellschaft die Passagiere durch mehrere kleine
Dampfschiffe vom Schanzel aus zu den weit entfernten Anlanden zu trans-
portiren, wohin der Wagen, wenn man einen gnädigen Fiaker zu nehmen
gezwungen ist, mehr kostet als die Wasserfahrt selbst. Besäße die Gesellschaft'
nicht das Monopol, so würde eine Rivalin sie längst gezwungen haben, aus
Noth der eigenen Erhaltung, etwas humaner mit den Passagieren umzu¬
gehen. Es ist nicht nöthig hier weiter einzugehen, wie sehr die auf den
Kanälen der Freistaaten üblichen Dampfschiffe mit Gropellers (einen auf
jeder Seite des Steuerruders, wenn blos 5 bis 6 Fuß Tiefgang vorhan¬
den) für das Wiener Wasser, wegen Schonung der Ufer und Raumgewinn,
tauglich wären; aber hinzusetzen müssen wir, daß sich Herren, wie Rothschild
und Sina, gewiß durch ähnliche Unternehmungen und Herrichtung der
Donanufer für den Betrieb eines großen Handels weit eher die Liebe und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/482>, abgerufen am 29.06.2024.