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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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fuhrt. Versteht aber das Publikum die Bedeutung einer großen Staats-
hanvtmanth? Wir hoffen, daß ihrer Einrichtung die Idee der englischen
Docks zu Grunde liegt, die das Eutrepot-System, als den ersten Begün¬
stiger des Handels und Umsatzes, in's Leben rief. Jene Hanptmauth soll
hienach der Landdock für unsern Binnenverkehr werden, das heißt, das Eu-
er<-pot bilden, wo unter Anflicht der Staatsbehörde, gegen Witterung und
Unbilde, gegen Nachlässigkeit und Muthwillen geschützt, die angelangten
Waaren sicher und bequem, ohne die Dazwischenkunft von Magazineuren
"ud Sensaleu, ohne einer Umladung oder Verführung zu bedürfen, aufge¬
hoben, wo sie nicht blos ein Mal, sondern zehn Mal verkauft werden können,
ohne sich vom Platze zu rühren, und wo endlich der Lagerschein das einzige
Document bildet, der von Hand zu Hand gehend, den Verkauf regulirt und
dem letzten Inhaber den Besitz der Waare sichert. Wir begrüßen dieses
System mit um so größerer Freude, als die Verkäufe sonach den,", üds ge¬
schlossen werden müssen, mithin das Rechts- und Ehrgefühl der Verkäufer
jedesmal ans die Probe stellen. Denn Niemand kann alsdann eine verderbte
Ladung Zucker, Kaffee oder Wolle, da sie der Käufer blos nach dem Lager¬
schein, ohne Besichtigung übernimmt, als gut verkaufen, ohne seinen guten
Namen mit in den Preis zu geben, was in der nächsten Stunde an der
Börse bekannt würde. Leider wird bei uns der Waarenhandel noch wie der
Roßhandel betrieben, wo der Verkäufer auf die Unwissenheit des Käufers
speculirt. Diese mercantilische Oeffentlichkeit ist ein großer Schritt vorwärts,
befreit den Handel ans den Banden des Schachers, stößt das Prinzip um:
"!U!lotor it tinis 8MI8 c" s^ni Vi"it six et penal'v it six "0U8 ce qui
v-nie truis "mis," und macht ihn zu einem hohen hnmanitarischen Institut.
Ist einmal der edlere Geist des Handels hier besser begriffen, so wird dieser
Oesterreich zum Anschluß an den Zollverein drängen. --
'

Erwähnung verdient die jetzt ins Leben getretene Maßregel der Ueber-
weisung von Crida- und Concnrsfällen an das Criminal. Dabei meint aber
das Publikum, der ganze Unterschied gegen früher bestehe darin, daß die großen
Betrüger, die den Bankerott "alö ImiKno unir" vorbereiten können, ihr Vermö¬
gen vielleicht drei Monate früher auf ihre Frauen oder "Sloepioss k^noers"
überschreiben werden, was sonst blos drei Tage vorher zu geschehen brauchte,
um auch salvirt zu sein; und daß an jener Gesetzesangel nur wieder jene
armen kleinen Fische hängen bleiben, die von hente auf morgen wegen einer
Bagatelle Bankerott machen müssen. Ein Bischen Oeffentlichkeit hätte
auch hier die Gesetzgebung auf die rechte Fährte gebracht; sie will aber Alles
für sich allein wissen und stößt nachher überall an. Als nachträgliche Maß-


Grrnzwtcn. II. Is47. ein

fuhrt. Versteht aber das Publikum die Bedeutung einer großen Staats-
hanvtmanth? Wir hoffen, daß ihrer Einrichtung die Idee der englischen
Docks zu Grunde liegt, die das Eutrepot-System, als den ersten Begün¬
stiger des Handels und Umsatzes, in's Leben rief. Jene Hanptmauth soll
hienach der Landdock für unsern Binnenverkehr werden, das heißt, das Eu-
er<-pot bilden, wo unter Anflicht der Staatsbehörde, gegen Witterung und
Unbilde, gegen Nachlässigkeit und Muthwillen geschützt, die angelangten
Waaren sicher und bequem, ohne die Dazwischenkunft von Magazineuren
»ud Sensaleu, ohne einer Umladung oder Verführung zu bedürfen, aufge¬
hoben, wo sie nicht blos ein Mal, sondern zehn Mal verkauft werden können,
ohne sich vom Platze zu rühren, und wo endlich der Lagerschein das einzige
Document bildet, der von Hand zu Hand gehend, den Verkauf regulirt und
dem letzten Inhaber den Besitz der Waare sichert. Wir begrüßen dieses
System mit um so größerer Freude, als die Verkäufe sonach den,», üds ge¬
schlossen werden müssen, mithin das Rechts- und Ehrgefühl der Verkäufer
jedesmal ans die Probe stellen. Denn Niemand kann alsdann eine verderbte
Ladung Zucker, Kaffee oder Wolle, da sie der Käufer blos nach dem Lager¬
schein, ohne Besichtigung übernimmt, als gut verkaufen, ohne seinen guten
Namen mit in den Preis zu geben, was in der nächsten Stunde an der
Börse bekannt würde. Leider wird bei uns der Waarenhandel noch wie der
Roßhandel betrieben, wo der Verkäufer auf die Unwissenheit des Käufers
speculirt. Diese mercantilische Oeffentlichkeit ist ein großer Schritt vorwärts,
befreit den Handel ans den Banden des Schachers, stößt das Prinzip um:
„!U!lotor it tinis 8MI8 c» s^ni Vi»it six et penal'v it six «0U8 ce qui
v-nie truis «mis," und macht ihn zu einem hohen hnmanitarischen Institut.
Ist einmal der edlere Geist des Handels hier besser begriffen, so wird dieser
Oesterreich zum Anschluß an den Zollverein drängen. —
'

Erwähnung verdient die jetzt ins Leben getretene Maßregel der Ueber-
weisung von Crida- und Concnrsfällen an das Criminal. Dabei meint aber
das Publikum, der ganze Unterschied gegen früher bestehe darin, daß die großen
Betrüger, die den Bankerott „alö ImiKno unir" vorbereiten können, ihr Vermö¬
gen vielleicht drei Monate früher auf ihre Frauen oder „Sloepioss k^noers"
überschreiben werden, was sonst blos drei Tage vorher zu geschehen brauchte,
um auch salvirt zu sein; und daß an jener Gesetzesangel nur wieder jene
armen kleinen Fische hängen bleiben, die von hente auf morgen wegen einer
Bagatelle Bankerott machen müssen. Ein Bischen Oeffentlichkeit hätte
auch hier die Gesetzgebung auf die rechte Fährte gebracht; sie will aber Alles
für sich allein wissen und stößt nachher überall an. Als nachträgliche Maß-


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[0481] fuhrt. Versteht aber das Publikum die Bedeutung einer großen Staats- hanvtmanth? Wir hoffen, daß ihrer Einrichtung die Idee der englischen Docks zu Grunde liegt, die das Eutrepot-System, als den ersten Begün¬ stiger des Handels und Umsatzes, in's Leben rief. Jene Hanptmauth soll hienach der Landdock für unsern Binnenverkehr werden, das heißt, das Eu- er<-pot bilden, wo unter Anflicht der Staatsbehörde, gegen Witterung und Unbilde, gegen Nachlässigkeit und Muthwillen geschützt, die angelangten Waaren sicher und bequem, ohne die Dazwischenkunft von Magazineuren »ud Sensaleu, ohne einer Umladung oder Verführung zu bedürfen, aufge¬ hoben, wo sie nicht blos ein Mal, sondern zehn Mal verkauft werden können, ohne sich vom Platze zu rühren, und wo endlich der Lagerschein das einzige Document bildet, der von Hand zu Hand gehend, den Verkauf regulirt und dem letzten Inhaber den Besitz der Waare sichert. Wir begrüßen dieses System mit um so größerer Freude, als die Verkäufe sonach den,», üds ge¬ schlossen werden müssen, mithin das Rechts- und Ehrgefühl der Verkäufer jedesmal ans die Probe stellen. Denn Niemand kann alsdann eine verderbte Ladung Zucker, Kaffee oder Wolle, da sie der Käufer blos nach dem Lager¬ schein, ohne Besichtigung übernimmt, als gut verkaufen, ohne seinen guten Namen mit in den Preis zu geben, was in der nächsten Stunde an der Börse bekannt würde. Leider wird bei uns der Waarenhandel noch wie der Roßhandel betrieben, wo der Verkäufer auf die Unwissenheit des Käufers speculirt. Diese mercantilische Oeffentlichkeit ist ein großer Schritt vorwärts, befreit den Handel ans den Banden des Schachers, stößt das Prinzip um: „!U!lotor it tinis 8MI8 c» s^ni Vi»it six et penal'v it six «0U8 ce qui v-nie truis «mis," und macht ihn zu einem hohen hnmanitarischen Institut. Ist einmal der edlere Geist des Handels hier besser begriffen, so wird dieser Oesterreich zum Anschluß an den Zollverein drängen. — ' Erwähnung verdient die jetzt ins Leben getretene Maßregel der Ueber- weisung von Crida- und Concnrsfällen an das Criminal. Dabei meint aber das Publikum, der ganze Unterschied gegen früher bestehe darin, daß die großen Betrüger, die den Bankerott „alö ImiKno unir" vorbereiten können, ihr Vermö¬ gen vielleicht drei Monate früher auf ihre Frauen oder „Sloepioss k^noers" überschreiben werden, was sonst blos drei Tage vorher zu geschehen brauchte, um auch salvirt zu sein; und daß an jener Gesetzesangel nur wieder jene armen kleinen Fische hängen bleiben, die von hente auf morgen wegen einer Bagatelle Bankerott machen müssen. Ein Bischen Oeffentlichkeit hätte auch hier die Gesetzgebung auf die rechte Fährte gebracht; sie will aber Alles für sich allein wissen und stößt nachher überall an. Als nachträgliche Maß- Grrnzwtcn. II. Is47. ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/481>, abgerufen am 26.06.2024.