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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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tende Fa^abe unendlich an Schönheit und Reiz und das Elbflvrenz würde
grade an der Elbe seinen florentinischen Charakter zeigen!

Ich ging unlängst mit einem geistvollen Schriftsteller, der ehemals
ein Demokrat war, über die Brühl'sche Terrasse und wir freuten uns dieser
reizenden Anlage, die in Deutschland nicht ihres Gleichen hat. "Sehen
Sie", sagte mein Begleiter, "der Absolutismus hat auch seine großen Ver¬
dienste und es ließe sich eigentlich ein schönes Buch schreiben über die glän¬
zenden Resultate, die er vollbracht. Dieser Gras Brühl hat allerdings das
Land ausgesaugt, aber er war ein Mann von Geschmack und er hat ein
Denkmal seiner Zeit zurückgelassen, so schon und aristokratisch prächtig, wie
es unsre konstitutionelle Zeit, wo man die Volksvertreter erst um ihre Zu¬
stimmung fragen muß, gewiß uicht ausführen wird." Ich antwortete ihn,,
daß unsere Eisenbahnen Ergebnisse der Demokratie seien, die in jener aristo¬
kratischen Zeit, wo die großen Bauten und Anlagen zur Bequemlichkeit und
Freude des Volkes, souderu uur durch die egoistische Prachtliebe, Bequem¬
lichkeit und Eitelkeit der großen Herren geschaffen wurden, gewiß nicht ent¬
standen wären. Im Stillen aber dachte ich: wenn sie doch das neue Mu¬
seum der Brühlschen Terrasse gegenüber bauten! Es wäre ein Triumph,
eine Pflicht der neuen Zeit, den stolzen, dem Volke abgezwungenen Monu¬
menten aristokratischer Herrlichkeit, ein Denkmal, welches das freie Volk er¬
baut, gerade gegenüber zu setzen und Auge ins Ange Monument gegen Mo¬
nument den Beweis zu liefern, daß die Kunst und das Schöne nicht blos
im Gefolge der Aristokratie zu suchen ist, wie der Adel und seine Erben die
Bankheldcn prahlen.

Doch so subtil denkt man in Sachsen nicht. Der Mnseumsbau dicht
am Elbufer würde wegen des Dammes und des Pfahlwertes, das er zur
Abwehr gegell die Ueberschwemmung bedürfte, eine doppelte Summe in An¬
spruch nehmen. So wird denn um der Wohlfeilheit willen der Platz am
Zwinger beibehalten, trotzdem, daß Alles, was Sinn für Kunst, Schönheit
und Zweckmäßigkeit besitzt , sich einstimmig dagegen ausspricht. Auf jenem
Platze befindet sich bereits das Schloß, die katholische Kirche, das Theater,
der Zwinger und uun stopft man auch noch das Museum hinein und hebt
so, durch die Masse der Gebäude, die schöne und großartige Wirkung aus,
welche sie im Einzelnen zweckmäßig vertheilt, hervorbrächten. Doch es ist
wohlfeiler!




tende Fa^abe unendlich an Schönheit und Reiz und das Elbflvrenz würde
grade an der Elbe seinen florentinischen Charakter zeigen!

Ich ging unlängst mit einem geistvollen Schriftsteller, der ehemals
ein Demokrat war, über die Brühl'sche Terrasse und wir freuten uns dieser
reizenden Anlage, die in Deutschland nicht ihres Gleichen hat. „Sehen
Sie", sagte mein Begleiter, „der Absolutismus hat auch seine großen Ver¬
dienste und es ließe sich eigentlich ein schönes Buch schreiben über die glän¬
zenden Resultate, die er vollbracht. Dieser Gras Brühl hat allerdings das
Land ausgesaugt, aber er war ein Mann von Geschmack und er hat ein
Denkmal seiner Zeit zurückgelassen, so schon und aristokratisch prächtig, wie
es unsre konstitutionelle Zeit, wo man die Volksvertreter erst um ihre Zu¬
stimmung fragen muß, gewiß uicht ausführen wird." Ich antwortete ihn,,
daß unsere Eisenbahnen Ergebnisse der Demokratie seien, die in jener aristo¬
kratischen Zeit, wo die großen Bauten und Anlagen zur Bequemlichkeit und
Freude des Volkes, souderu uur durch die egoistische Prachtliebe, Bequem¬
lichkeit und Eitelkeit der großen Herren geschaffen wurden, gewiß nicht ent¬
standen wären. Im Stillen aber dachte ich: wenn sie doch das neue Mu¬
seum der Brühlschen Terrasse gegenüber bauten! Es wäre ein Triumph,
eine Pflicht der neuen Zeit, den stolzen, dem Volke abgezwungenen Monu¬
menten aristokratischer Herrlichkeit, ein Denkmal, welches das freie Volk er¬
baut, gerade gegenüber zu setzen und Auge ins Ange Monument gegen Mo¬
nument den Beweis zu liefern, daß die Kunst und das Schöne nicht blos
im Gefolge der Aristokratie zu suchen ist, wie der Adel und seine Erben die
Bankheldcn prahlen.

Doch so subtil denkt man in Sachsen nicht. Der Mnseumsbau dicht
am Elbufer würde wegen des Dammes und des Pfahlwertes, das er zur
Abwehr gegell die Ueberschwemmung bedürfte, eine doppelte Summe in An¬
spruch nehmen. So wird denn um der Wohlfeilheit willen der Platz am
Zwinger beibehalten, trotzdem, daß Alles, was Sinn für Kunst, Schönheit
und Zweckmäßigkeit besitzt , sich einstimmig dagegen ausspricht. Auf jenem
Platze befindet sich bereits das Schloß, die katholische Kirche, das Theater,
der Zwinger und uun stopft man auch noch das Museum hinein und hebt
so, durch die Masse der Gebäude, die schöne und großartige Wirkung aus,
welche sie im Einzelnen zweckmäßig vertheilt, hervorbrächten. Doch es ist
wohlfeiler!




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[0031] tende Fa^abe unendlich an Schönheit und Reiz und das Elbflvrenz würde grade an der Elbe seinen florentinischen Charakter zeigen! Ich ging unlängst mit einem geistvollen Schriftsteller, der ehemals ein Demokrat war, über die Brühl'sche Terrasse und wir freuten uns dieser reizenden Anlage, die in Deutschland nicht ihres Gleichen hat. „Sehen Sie", sagte mein Begleiter, „der Absolutismus hat auch seine großen Ver¬ dienste und es ließe sich eigentlich ein schönes Buch schreiben über die glän¬ zenden Resultate, die er vollbracht. Dieser Gras Brühl hat allerdings das Land ausgesaugt, aber er war ein Mann von Geschmack und er hat ein Denkmal seiner Zeit zurückgelassen, so schon und aristokratisch prächtig, wie es unsre konstitutionelle Zeit, wo man die Volksvertreter erst um ihre Zu¬ stimmung fragen muß, gewiß uicht ausführen wird." Ich antwortete ihn,, daß unsere Eisenbahnen Ergebnisse der Demokratie seien, die in jener aristo¬ kratischen Zeit, wo die großen Bauten und Anlagen zur Bequemlichkeit und Freude des Volkes, souderu uur durch die egoistische Prachtliebe, Bequem¬ lichkeit und Eitelkeit der großen Herren geschaffen wurden, gewiß nicht ent¬ standen wären. Im Stillen aber dachte ich: wenn sie doch das neue Mu¬ seum der Brühlschen Terrasse gegenüber bauten! Es wäre ein Triumph, eine Pflicht der neuen Zeit, den stolzen, dem Volke abgezwungenen Monu¬ menten aristokratischer Herrlichkeit, ein Denkmal, welches das freie Volk er¬ baut, gerade gegenüber zu setzen und Auge ins Ange Monument gegen Mo¬ nument den Beweis zu liefern, daß die Kunst und das Schöne nicht blos im Gefolge der Aristokratie zu suchen ist, wie der Adel und seine Erben die Bankheldcn prahlen. Doch so subtil denkt man in Sachsen nicht. Der Mnseumsbau dicht am Elbufer würde wegen des Dammes und des Pfahlwertes, das er zur Abwehr gegell die Ueberschwemmung bedürfte, eine doppelte Summe in An¬ spruch nehmen. So wird denn um der Wohlfeilheit willen der Platz am Zwinger beibehalten, trotzdem, daß Alles, was Sinn für Kunst, Schönheit und Zweckmäßigkeit besitzt , sich einstimmig dagegen ausspricht. Auf jenem Platze befindet sich bereits das Schloß, die katholische Kirche, das Theater, der Zwinger und uun stopft man auch noch das Museum hinein und hebt so, durch die Masse der Gebäude, die schöne und großartige Wirkung aus, welche sie im Einzelnen zweckmäßig vertheilt, hervorbrächten. Doch es ist wohlfeiler!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/31>, abgerufen am 01.07.2024.