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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Parteistimmen ans Oesterreich.
l.
Vorbemerkung der Redaction.

Die Kölnische Zeitung vom 15. April enthält einen größern Artikel
über österreichische Zustände, in welchem unter Andern folgende Stelle vor¬
kömmt:

"Ein Beispiel für Hunderte, daß es leichter ist zu Verdicken als Ver¬
bote ansteche zu halten, liefern jetzt eben wieder die gegen die "Grenzboten"
angeordneten Maßregeln. Das gegen selbe seit Jahren bestehende Verbot
wurde in jüngster Zeit auffallend geschärft; vergeblich verwendete sich selbst
der sonst noch mit einer gewissen Nachsicht behandelte hiesige juridische Lese¬
verein, um sur seinen geschlossenen Zirkel dieses Journal beibehalten zu
dürfen. Man motivirte die mündliche Weigerung mit dem festen Entschlüsse,
jenes Blatt gänzlich von Oesterreich auszuschließen, dessen Redacteur eben,
weil er ein Oesterreicher "den Ausfall empfinden soll," den man durch dieses
allgemeine Verbot herbeiführen, und dadurch seine beharrliche Tendenz be¬
strafen wollte. Mit ungewöhnlicher Strenge wurden die Leipziger Bällen
behandelt, manche in selben ertappte Lieferung jenes Blattes confiszirt, und
diese Bemühungen mit einem Eifer fortgesetzt, der einer besseren Sache
würdig gewesen wäre. Ist aber irgend Etwas damit erreicht worden? Ge¬
wiß nicht. Denn die "Grenzboten" werden"ebeu so eifrig in den weitesten
Kreisen gelesen wie früher und ihre Art der Besprechung österreichischer Zu¬
stände hat sich auch nicht im Mindesten geändert. Abgesehen aber von die¬
ser Erfolglosigkeit, so ist überhaupt schwer zu begreifen, warum gerade jenes
Blatt und solch einem wahren Luxus von Strenge zurückzudrängen versucht
wird, da es doch neben der -- freilich mitunter tief einschneidenden aber
keineswegs gehässigen -- Besprechung unserer Mängel andererseits sichtbar


Srenzboten. ". Is47. 16
Parteistimmen ans Oesterreich.
l.
Vorbemerkung der Redaction.

Die Kölnische Zeitung vom 15. April enthält einen größern Artikel
über österreichische Zustände, in welchem unter Andern folgende Stelle vor¬
kömmt:

„Ein Beispiel für Hunderte, daß es leichter ist zu Verdicken als Ver¬
bote ansteche zu halten, liefern jetzt eben wieder die gegen die „Grenzboten"
angeordneten Maßregeln. Das gegen selbe seit Jahren bestehende Verbot
wurde in jüngster Zeit auffallend geschärft; vergeblich verwendete sich selbst
der sonst noch mit einer gewissen Nachsicht behandelte hiesige juridische Lese¬
verein, um sur seinen geschlossenen Zirkel dieses Journal beibehalten zu
dürfen. Man motivirte die mündliche Weigerung mit dem festen Entschlüsse,
jenes Blatt gänzlich von Oesterreich auszuschließen, dessen Redacteur eben,
weil er ein Oesterreicher „den Ausfall empfinden soll," den man durch dieses
allgemeine Verbot herbeiführen, und dadurch seine beharrliche Tendenz be¬
strafen wollte. Mit ungewöhnlicher Strenge wurden die Leipziger Bällen
behandelt, manche in selben ertappte Lieferung jenes Blattes confiszirt, und
diese Bemühungen mit einem Eifer fortgesetzt, der einer besseren Sache
würdig gewesen wäre. Ist aber irgend Etwas damit erreicht worden? Ge¬
wiß nicht. Denn die „Grenzboten" werden»ebeu so eifrig in den weitesten
Kreisen gelesen wie früher und ihre Art der Besprechung österreichischer Zu¬
stände hat sich auch nicht im Mindesten geändert. Abgesehen aber von die¬
ser Erfolglosigkeit, so ist überhaupt schwer zu begreifen, warum gerade jenes
Blatt und solch einem wahren Luxus von Strenge zurückzudrängen versucht
wird, da es doch neben der — freilich mitunter tief einschneidenden aber
keineswegs gehässigen — Besprechung unserer Mängel andererseits sichtbar


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[0125] Parteistimmen ans Oesterreich. l. Vorbemerkung der Redaction. Die Kölnische Zeitung vom 15. April enthält einen größern Artikel über österreichische Zustände, in welchem unter Andern folgende Stelle vor¬ kömmt: „Ein Beispiel für Hunderte, daß es leichter ist zu Verdicken als Ver¬ bote ansteche zu halten, liefern jetzt eben wieder die gegen die „Grenzboten" angeordneten Maßregeln. Das gegen selbe seit Jahren bestehende Verbot wurde in jüngster Zeit auffallend geschärft; vergeblich verwendete sich selbst der sonst noch mit einer gewissen Nachsicht behandelte hiesige juridische Lese¬ verein, um sur seinen geschlossenen Zirkel dieses Journal beibehalten zu dürfen. Man motivirte die mündliche Weigerung mit dem festen Entschlüsse, jenes Blatt gänzlich von Oesterreich auszuschließen, dessen Redacteur eben, weil er ein Oesterreicher „den Ausfall empfinden soll," den man durch dieses allgemeine Verbot herbeiführen, und dadurch seine beharrliche Tendenz be¬ strafen wollte. Mit ungewöhnlicher Strenge wurden die Leipziger Bällen behandelt, manche in selben ertappte Lieferung jenes Blattes confiszirt, und diese Bemühungen mit einem Eifer fortgesetzt, der einer besseren Sache würdig gewesen wäre. Ist aber irgend Etwas damit erreicht worden? Ge¬ wiß nicht. Denn die „Grenzboten" werden»ebeu so eifrig in den weitesten Kreisen gelesen wie früher und ihre Art der Besprechung österreichischer Zu¬ stände hat sich auch nicht im Mindesten geändert. Abgesehen aber von die¬ ser Erfolglosigkeit, so ist überhaupt schwer zu begreifen, warum gerade jenes Blatt und solch einem wahren Luxus von Strenge zurückzudrängen versucht wird, da es doch neben der — freilich mitunter tief einschneidenden aber keineswegs gehässigen — Besprechung unserer Mängel andererseits sichtbar Srenzboten. ». Is47. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/125>, abgerufen am 22.07.2024.