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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Damit ist durchaus uicht gesagt, daß sie überhaupt den Widerstand aufge¬
ben soll. Die Verfassung bietet eine Menge Widersprüche und Jnconveuienzcn,
die durch sich selbst, wenn Krone und Stände einig sind, zu eiuer gedeih¬
lichen Weiterausbildung veranlassen. Langsamer jedenfalls, aber vielleicht
nicht nachtheilig für das Wohl des Ganzen, wird sich ans diese Weise ein
Rechtszustand herstellen lassen.

Man höre auf, die Faust in der Tasche zu ballen, mit liberalen Redens¬
arten überall, wo es nicht am Ort ist, sich geltend zu macheu. Das, so zu
sagen, dramatische Interesse der Verfassungsgeschichte ist vorüber; aber auch
im Kleinen, im Einzelnen, in der prosaischen Alltäglichkeit des praktischen
Lebens läßt sich Gutes erreiche".

Man verzage uicht an der Sache der Freiheit, weil der zauberische
Schein der Größe sie nicht mehr umkleidet. Ein Großes ist immer gewonnen,
wenn der Unsicherheit, der Heuchelei, dem Mißtrauen ein Ende gemacht wird.

-- "Ohne Resultat," sagt Biedermann in seiner Brochüre über den
verewigten Landtag -- "und zwar ohne entscheidendes Resultat, kann,
darf der vereinigte Landtag nicht auseinandergehen." -

Die Entscheidung ist erfolgt, in anderm Sinn, als Biedermann es
meinte; ob sie das Verderben des Volks nach sich ziehen werde, - diese
Frage kann uur eine abstracte Theorie unbedingt bejahen.


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Damit ist durchaus uicht gesagt, daß sie überhaupt den Widerstand aufge¬
ben soll. Die Verfassung bietet eine Menge Widersprüche und Jnconveuienzcn,
die durch sich selbst, wenn Krone und Stände einig sind, zu eiuer gedeih¬
lichen Weiterausbildung veranlassen. Langsamer jedenfalls, aber vielleicht
nicht nachtheilig für das Wohl des Ganzen, wird sich ans diese Weise ein
Rechtszustand herstellen lassen.

Man höre auf, die Faust in der Tasche zu ballen, mit liberalen Redens¬
arten überall, wo es nicht am Ort ist, sich geltend zu macheu. Das, so zu
sagen, dramatische Interesse der Verfassungsgeschichte ist vorüber; aber auch
im Kleinen, im Einzelnen, in der prosaischen Alltäglichkeit des praktischen
Lebens läßt sich Gutes erreiche».

Man verzage uicht an der Sache der Freiheit, weil der zauberische
Schein der Größe sie nicht mehr umkleidet. Ein Großes ist immer gewonnen,
wenn der Unsicherheit, der Heuchelei, dem Mißtrauen ein Ende gemacht wird.

— „Ohne Resultat," sagt Biedermann in seiner Brochüre über den
verewigten Landtag — „und zwar ohne entscheidendes Resultat, kann,
darf der vereinigte Landtag nicht auseinandergehen." -

Die Entscheidung ist erfolgt, in anderm Sinn, als Biedermann es
meinte; ob sie das Verderben des Volks nach sich ziehen werde, - diese
Frage kann uur eine abstracte Theorie unbedingt bejahen.


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[0124] Damit ist durchaus uicht gesagt, daß sie überhaupt den Widerstand aufge¬ ben soll. Die Verfassung bietet eine Menge Widersprüche und Jnconveuienzcn, die durch sich selbst, wenn Krone und Stände einig sind, zu eiuer gedeih¬ lichen Weiterausbildung veranlassen. Langsamer jedenfalls, aber vielleicht nicht nachtheilig für das Wohl des Ganzen, wird sich ans diese Weise ein Rechtszustand herstellen lassen. Man höre auf, die Faust in der Tasche zu ballen, mit liberalen Redens¬ arten überall, wo es nicht am Ort ist, sich geltend zu macheu. Das, so zu sagen, dramatische Interesse der Verfassungsgeschichte ist vorüber; aber auch im Kleinen, im Einzelnen, in der prosaischen Alltäglichkeit des praktischen Lebens läßt sich Gutes erreiche». Man verzage uicht an der Sache der Freiheit, weil der zauberische Schein der Größe sie nicht mehr umkleidet. Ein Großes ist immer gewonnen, wenn der Unsicherheit, der Heuchelei, dem Mißtrauen ein Ende gemacht wird. — „Ohne Resultat," sagt Biedermann in seiner Brochüre über den verewigten Landtag — „und zwar ohne entscheidendes Resultat, kann, darf der vereinigte Landtag nicht auseinandergehen." - Die Entscheidung ist erfolgt, in anderm Sinn, als Biedermann es meinte; ob sie das Verderben des Volks nach sich ziehen werde, - diese Frage kann uur eine abstracte Theorie unbedingt bejahen. 55

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/124>, abgerufen am 22.07.2024.