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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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i.
Die Rüstungen in Oesterreich.

Oesterreich läßt wirklich waffnen! Mehrere Regimenter werden auf den Kriegsfuß
gesetzt, die Urlauber einberufen, Militärmassen in Bewegung gesetzt und Vorbereitun¬
gen zum blutigen Ernste gemacht. Gegen wen? Wenn man dem österreichischen Be¬
obachter als Wetterhahn unserer wirklichen Politik betrachten wollte, so müßte mau
glauben, die Schweiz und Niemand anderer als die Schweiz würde die ganze Wucht
unseres Zorns zu tragen haben. Die heutige Nummer dieses officiösen Blattes streicht
sich ungemein kriegslustig den Schnurrbart. Die "radicale Partei, die jetzt in Bern
residirt" -- Styl des Journal des Debats -- geht Hand in Hand mit den -- Com-
munisten. Nun das ist das alte Lied. Den Kommunistenpopanz haben nur gleichfalls
von dem Journal des Debats gelernt. Louis Philipp, der mit Hülse der reichen
Bourgeoisie regiert, hat sich vor drei, vier Jahren dieses Schreckbildes: Kommunisten
ante rwrtits! mit Glück bedient, um seine Anhänger hübsch beisammen zu halten.
Heute, wo der Communismus alle Viere von sich streckt, schämt sich sogar das Jour¬
nal des Debats mit diesem Wau-Wau die Kinder schrecken zu wollen. Was will man
damit in Oesterreich? Wir fürchten uns vor keinen Kommunisten. Wir fürchten uns
vor Bankrotten der Reichen, vor dem Kommunismus der Banquirs, die ihre Wechsel
in die Nationalbank legen und Banknoten dafür erbaten. Die schweizer Kommunisten
sind noch sehr weit und -- ehe sie uns fressen werden, können wir noch hübsch fett
werden. Aber wenn wir fortfahren Sicgwart Müllers Kassen zu füllen, Kriegsmunition
zu häufen, Regimenter auszurüsten und ähnlichen Aufwand der Staatskasse aufzubürden,
blos um die Communisten tief in der Schweiz drinnen aufzusuchen -- so könnte uns
ganz in unserer Nähe ein Unglück passiren, das alle Kommunisten abschrecken würde sich
in unsere Geldverhältnisse zu mischen.

Glauben wir doch" dem alten Brummbär nicht, der sich österreichischer Beobachter
nennt. Er überläßt sich seiner üblen Laune -- wie jedes andere Blatt. Nur die
Wiener Zeitung ist unser officielles Blatt. Es kann dem Leser nicht entgehen, daß
die Artikel des österreichischen Beobachters, wenn die Wiener Zeitung sie aufnimmt,
nie unter der Rubrik "Jrrland" oder der eigentlichen politischen Neuigkeiten stehen,
sondern rückwärts unter dem Strich, dort, wo von den Versammlungen des Gewerbe-
pereins, von den neuen Erfindungen mit dem großen Heizapparat und von den Stücken


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i.
Die Rüstungen in Oesterreich.

Oesterreich läßt wirklich waffnen! Mehrere Regimenter werden auf den Kriegsfuß
gesetzt, die Urlauber einberufen, Militärmassen in Bewegung gesetzt und Vorbereitun¬
gen zum blutigen Ernste gemacht. Gegen wen? Wenn man dem österreichischen Be¬
obachter als Wetterhahn unserer wirklichen Politik betrachten wollte, so müßte mau
glauben, die Schweiz und Niemand anderer als die Schweiz würde die ganze Wucht
unseres Zorns zu tragen haben. Die heutige Nummer dieses officiösen Blattes streicht
sich ungemein kriegslustig den Schnurrbart. Die „radicale Partei, die jetzt in Bern
residirt" — Styl des Journal des Debats — geht Hand in Hand mit den — Com-
munisten. Nun das ist das alte Lied. Den Kommunistenpopanz haben nur gleichfalls
von dem Journal des Debats gelernt. Louis Philipp, der mit Hülse der reichen
Bourgeoisie regiert, hat sich vor drei, vier Jahren dieses Schreckbildes: Kommunisten
ante rwrtits! mit Glück bedient, um seine Anhänger hübsch beisammen zu halten.
Heute, wo der Communismus alle Viere von sich streckt, schämt sich sogar das Jour¬
nal des Debats mit diesem Wau-Wau die Kinder schrecken zu wollen. Was will man
damit in Oesterreich? Wir fürchten uns vor keinen Kommunisten. Wir fürchten uns
vor Bankrotten der Reichen, vor dem Kommunismus der Banquirs, die ihre Wechsel
in die Nationalbank legen und Banknoten dafür erbaten. Die schweizer Kommunisten
sind noch sehr weit und — ehe sie uns fressen werden, können wir noch hübsch fett
werden. Aber wenn wir fortfahren Sicgwart Müllers Kassen zu füllen, Kriegsmunition
zu häufen, Regimenter auszurüsten und ähnlichen Aufwand der Staatskasse aufzubürden,
blos um die Communisten tief in der Schweiz drinnen aufzusuchen — so könnte uns
ganz in unserer Nähe ein Unglück passiren, das alle Kommunisten abschrecken würde sich
in unsere Geldverhältnisse zu mischen.

Glauben wir doch» dem alten Brummbär nicht, der sich österreichischer Beobachter
nennt. Er überläßt sich seiner üblen Laune — wie jedes andere Blatt. Nur die
Wiener Zeitung ist unser officielles Blatt. Es kann dem Leser nicht entgehen, daß
die Artikel des österreichischen Beobachters, wenn die Wiener Zeitung sie aufnimmt,
nie unter der Rubrik „Jrrland" oder der eigentlichen politischen Neuigkeiten stehen,
sondern rückwärts unter dem Strich, dort, wo von den Versammlungen des Gewerbe-
pereins, von den neuen Erfindungen mit dem großen Heizapparat und von den Stücken


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[0539] T a g e ki u es. i. Die Rüstungen in Oesterreich. Oesterreich läßt wirklich waffnen! Mehrere Regimenter werden auf den Kriegsfuß gesetzt, die Urlauber einberufen, Militärmassen in Bewegung gesetzt und Vorbereitun¬ gen zum blutigen Ernste gemacht. Gegen wen? Wenn man dem österreichischen Be¬ obachter als Wetterhahn unserer wirklichen Politik betrachten wollte, so müßte mau glauben, die Schweiz und Niemand anderer als die Schweiz würde die ganze Wucht unseres Zorns zu tragen haben. Die heutige Nummer dieses officiösen Blattes streicht sich ungemein kriegslustig den Schnurrbart. Die „radicale Partei, die jetzt in Bern residirt" — Styl des Journal des Debats — geht Hand in Hand mit den — Com- munisten. Nun das ist das alte Lied. Den Kommunistenpopanz haben nur gleichfalls von dem Journal des Debats gelernt. Louis Philipp, der mit Hülse der reichen Bourgeoisie regiert, hat sich vor drei, vier Jahren dieses Schreckbildes: Kommunisten ante rwrtits! mit Glück bedient, um seine Anhänger hübsch beisammen zu halten. Heute, wo der Communismus alle Viere von sich streckt, schämt sich sogar das Jour¬ nal des Debats mit diesem Wau-Wau die Kinder schrecken zu wollen. Was will man damit in Oesterreich? Wir fürchten uns vor keinen Kommunisten. Wir fürchten uns vor Bankrotten der Reichen, vor dem Kommunismus der Banquirs, die ihre Wechsel in die Nationalbank legen und Banknoten dafür erbaten. Die schweizer Kommunisten sind noch sehr weit und — ehe sie uns fressen werden, können wir noch hübsch fett werden. Aber wenn wir fortfahren Sicgwart Müllers Kassen zu füllen, Kriegsmunition zu häufen, Regimenter auszurüsten und ähnlichen Aufwand der Staatskasse aufzubürden, blos um die Communisten tief in der Schweiz drinnen aufzusuchen — so könnte uns ganz in unserer Nähe ein Unglück passiren, das alle Kommunisten abschrecken würde sich in unsere Geldverhältnisse zu mischen. Glauben wir doch» dem alten Brummbär nicht, der sich österreichischer Beobachter nennt. Er überläßt sich seiner üblen Laune — wie jedes andere Blatt. Nur die Wiener Zeitung ist unser officielles Blatt. Es kann dem Leser nicht entgehen, daß die Artikel des österreichischen Beobachters, wenn die Wiener Zeitung sie aufnimmt, nie unter der Rubrik „Jrrland" oder der eigentlichen politischen Neuigkeiten stehen, sondern rückwärts unter dem Strich, dort, wo von den Versammlungen des Gewerbe- pereins, von den neuen Erfindungen mit dem großen Heizapparat und von den Stücken

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/539>, abgerufen am 04.12.2024.