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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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"Wir erklären, daß wir zur billigen Ausgleichung der Jnteressenconflicte mit
den benachbarten Erbstaaten durch unsere Vorkehrungen mit um so größerer Be¬
reitwilligkeit hülfreiche Hand leisten werden, als wir fest überzeugt sind, daß die
Schwierigkeiten dieser Ausgleichung nicht ans der Natur des zwischen uns beste¬
henden Verhältnisses fließen.

"Groß und schwer ist die Aufgabe der folgenden Zeiten. Die unsere, unser
verfassungsmäßiges Leben und unsere materiellen Kräfte vollkommen auszubilden.
Die Ew. Majestät, diese mit der geistigen Entwicklung Ihrer Gesammtmonarchie
so wie mit deren materiellen Interessen zu vereinbaren -- nach den Ansprüchen
der allseitigen Aufrechterhaltung des Rechtes und der Zeitforderungen.

"Die Menge und Wichtigkeit der Erledigung heischenden Gegenstände in Be¬
tracht nehmend, so wie deren ans die vielfachen Verhältnisse des Staates sich er¬
streckenden Zusammenhang, erscheint es uns als unentbehrliches Mittel, daß jährlich
in Pesth Reichstag gehalten werde.

"Wir bitten, daß Ew. Maj. die Nation in Betreff dieses ihres Wunsches im
Vorhinein gnädigst zu beruhigen geruhen.

"Wir hoffen, daß auf diese Weise mit Hülfe der unendlichen Güte Gottes ei¬
nige erfolgreiche Schritte zum Ziele geschehen werden, die wir übrigens ze. ze."


VI.

Die Magnaten (Pairskammer) versammelten sich heute zur Discutirung des
Adreßentwnrfes. Er hat wenig Hoffnung durchzugehen, aber einen heißen Kampf wird
es setzen. Die Opposition ist nämlich stark vertreten, denn die bedeutendsten und
reichsten Familien des Landes kämpfen unter ihrer Fahne. Das conservative Lager
machen die Beamten, die Großwürdenträger und der hohe Clerus ans, der bei
uns, wie überall, ein Schlagbaum allen Fortschritts ist. Schon der bloße
Anblick dieser Tafel gibt einem das vollkommene Verständniß ihrer Bestrebung,
auf der einen Seite die Blüthe des Mannesalters, die Kraft und das Feuer der
Jugend, auf jder anderen Seite vom Alter gebeugte Gestalten. Die Oppo¬
sition hat ziemlich bedeutende Talente aufzuweisen, obgleich sie Eötvös Abwe¬
senheit ziemlich fühlen wird, die Conservativen sind der Intelligenz nach bedeu¬
tend schwächer, und wenn man Graf Szvchen, Szereuesy (den gewesenen Perso¬
nal, jetzt Oberstmundschcny und allenfalls Graf Emil Desewfy aufnimmt, haben
die Herren, ihre Orden und Aemter abgerechnet, wenig Glänzendes aufzuweisen.

Der Erzherzog Stephan eröffnete die Sitzung damit, daß er bei seiner ge¬
ringen Erfahrung um Nachsicht der hohen Magnaten bittet, und zugleich den Ve¬
teran der Versammlung, seinen Stellvertreter, den Mlvx curiao Grafen MaMH
auffordert, ihm mit seiner Erfahrung und ausgezeichneten Geschäftskenntniß an
die Hand gehen zu wollen.

Die Discussion begann Szerenesy damit, daß er natürlich gegen den Entwurf


„Wir erklären, daß wir zur billigen Ausgleichung der Jnteressenconflicte mit
den benachbarten Erbstaaten durch unsere Vorkehrungen mit um so größerer Be¬
reitwilligkeit hülfreiche Hand leisten werden, als wir fest überzeugt sind, daß die
Schwierigkeiten dieser Ausgleichung nicht ans der Natur des zwischen uns beste¬
henden Verhältnisses fließen.

„Groß und schwer ist die Aufgabe der folgenden Zeiten. Die unsere, unser
verfassungsmäßiges Leben und unsere materiellen Kräfte vollkommen auszubilden.
Die Ew. Majestät, diese mit der geistigen Entwicklung Ihrer Gesammtmonarchie
so wie mit deren materiellen Interessen zu vereinbaren — nach den Ansprüchen
der allseitigen Aufrechterhaltung des Rechtes und der Zeitforderungen.

„Die Menge und Wichtigkeit der Erledigung heischenden Gegenstände in Be¬
tracht nehmend, so wie deren ans die vielfachen Verhältnisse des Staates sich er¬
streckenden Zusammenhang, erscheint es uns als unentbehrliches Mittel, daß jährlich
in Pesth Reichstag gehalten werde.

„Wir bitten, daß Ew. Maj. die Nation in Betreff dieses ihres Wunsches im
Vorhinein gnädigst zu beruhigen geruhen.

„Wir hoffen, daß auf diese Weise mit Hülfe der unendlichen Güte Gottes ei¬
nige erfolgreiche Schritte zum Ziele geschehen werden, die wir übrigens ze. ze."


VI.

Die Magnaten (Pairskammer) versammelten sich heute zur Discutirung des
Adreßentwnrfes. Er hat wenig Hoffnung durchzugehen, aber einen heißen Kampf wird
es setzen. Die Opposition ist nämlich stark vertreten, denn die bedeutendsten und
reichsten Familien des Landes kämpfen unter ihrer Fahne. Das conservative Lager
machen die Beamten, die Großwürdenträger und der hohe Clerus ans, der bei
uns, wie überall, ein Schlagbaum allen Fortschritts ist. Schon der bloße
Anblick dieser Tafel gibt einem das vollkommene Verständniß ihrer Bestrebung,
auf der einen Seite die Blüthe des Mannesalters, die Kraft und das Feuer der
Jugend, auf jder anderen Seite vom Alter gebeugte Gestalten. Die Oppo¬
sition hat ziemlich bedeutende Talente aufzuweisen, obgleich sie Eötvös Abwe¬
senheit ziemlich fühlen wird, die Conservativen sind der Intelligenz nach bedeu¬
tend schwächer, und wenn man Graf Szvchen, Szereuesy (den gewesenen Perso¬
nal, jetzt Oberstmundschcny und allenfalls Graf Emil Desewfy aufnimmt, haben
die Herren, ihre Orden und Aemter abgerechnet, wenig Glänzendes aufzuweisen.

Der Erzherzog Stephan eröffnete die Sitzung damit, daß er bei seiner ge¬
ringen Erfahrung um Nachsicht der hohen Magnaten bittet, und zugleich den Ve¬
teran der Versammlung, seinen Stellvertreter, den Mlvx curiao Grafen MaMH
auffordert, ihm mit seiner Erfahrung und ausgezeichneten Geschäftskenntniß an
die Hand gehen zu wollen.

Die Discussion begann Szerenesy damit, daß er natürlich gegen den Entwurf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/483>, abgerufen am 01.07.2024.