Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

aufgegeben wurde. Der Graf wollte die beiden Parteien vereinigen und gab einer
Jeden Etwas. Die Folge dieses Antrages war, daß die Opposition einige Stimmen
weniger zählte, aber die Mehrheit konnte ihr auch Graf Szvch"api nicht streitig
machen. So oft SzvclMyi gesprochen, eben so oft hat er sich darüber beklagt,
daß man ihn nicht verstände und er halte es für seine Schuldigkeit, sich zu erklä¬
ren. Nun. glaube ich aber, daß ein Mensch, der sich in so vielen Schriften und
Reden noch immer nicht deutlich genug erklären kann, entweder wirklich unverständ¬
lich ist oder sich selbst nicht versteht. Das ist eine Halbheit des edlen Grafen. Die
Nation will und kaun nur Gutes von ihm voraussetzen, dafür bürgt seine Laufbahn;
aber sein jetziges Verfahren kann nicht ansprechen und daher die wenige Sympa¬
thie, welche der Graf besitzt. Szvch".api meint es gewiß in seiner Art redlich.
Er traut der Negierung, er verbürgt sich mit seinem Ehreuwvrte für deren red¬
liche Absichten und darum kömmt er ganz außer sich über den Unverstand der Op¬
position, daß sie nicht traut, während Er sich verbürgt. Das was wir Eigenmäch¬
tigkeiten nennen, das genirt den Grafen nicht, das heißt er die Philosophie des
österreichischen Staatenverbandes und die bureaukratischen Tendenzen sind ein Co-
rollarium, das wir uns gefallen lassen müssen. Jetzt sieht SM)<wyi die Opposi¬
tion in der Mehrheit und will daher ein Centrum bilden, ein Justiz milieu, nach
ihm muß man die Regierung deshalb unterstützen, weil sie in ultim-i, lin-ü^si und den
Appendix des Staatenverbandes ungerechnet nur das Beste des Landes wolle. --

Nun kämpften die beiden Motionen von Kossuth und Szc-es^nyi miteinander,
und die Abstimmung zeigte, daß die Opposition selbst gegen das ^ufte union in
der Majorität sei. Dies wäre nun die kurze Skizze dieser heißen Woche. Von Seiten
der Conservativen macht sich noch ein Consiliar Babarczy, der Abgeordnete von
Csongrad breit. Er spricht ganz von oben herab, wurde aber vou Szentkiriilyi,
unstreitig dem scharfsinnigsten und geistreichsten Kopfe der diesmaligen Ständetafel,
ganz klein gehackt und wird in Zukunft weniger hoch intoniren. Es thut mir leid,
daß ich Ihnen die Rede jenes Abgeordneten nicht ganz mittheilen kann, es thut mir
deshalb darum leid, weil ich dadurch auf das Vergnügen Verzicht leisten ausi, Ih¬
nen Szentkir-ilyi's meisterhafte Erwiederung herschreiben zü können. Aber ich muß
Ihnen einige Stellen aus Kossuth's Rede und aus der Rede des Abgeordneten
vom Komor-Comitate mittheilen, weil diese für Ihre Leser von größerem Interesse
sein dürften, da sie die ausländische und zum Theile die österreichische (nicht un¬
garische) Politik betreffen. Die Censur streicht hier Alles (selbst den ungarischen Blät¬
tern, die sonst mehr Freiheit hatten) was gegen die österreichischen Maximen ist. Ich
führe Ihnen diesen Umstand an, damit Sie verstehen, was es heißen soll, wenn
die Allgemeine Zeitung sich berichten läßt: Statthaltereirath erklärte sich wider die
Censur vom Standpunkte der Regierung aus. Die Regierung censurirte
die Blätter, welche die Adreßdebatte behandelten, selber, und selbst der "Budapesti
Hirad"" hat seine Jungfräulichkeit verloren, Samson ist um sein Haar gekommen.


aufgegeben wurde. Der Graf wollte die beiden Parteien vereinigen und gab einer
Jeden Etwas. Die Folge dieses Antrages war, daß die Opposition einige Stimmen
weniger zählte, aber die Mehrheit konnte ihr auch Graf Szvch«api nicht streitig
machen. So oft SzvclMyi gesprochen, eben so oft hat er sich darüber beklagt,
daß man ihn nicht verstände und er halte es für seine Schuldigkeit, sich zu erklä¬
ren. Nun. glaube ich aber, daß ein Mensch, der sich in so vielen Schriften und
Reden noch immer nicht deutlich genug erklären kann, entweder wirklich unverständ¬
lich ist oder sich selbst nicht versteht. Das ist eine Halbheit des edlen Grafen. Die
Nation will und kaun nur Gutes von ihm voraussetzen, dafür bürgt seine Laufbahn;
aber sein jetziges Verfahren kann nicht ansprechen und daher die wenige Sympa¬
thie, welche der Graf besitzt. Szvch«.api meint es gewiß in seiner Art redlich.
Er traut der Negierung, er verbürgt sich mit seinem Ehreuwvrte für deren red¬
liche Absichten und darum kömmt er ganz außer sich über den Unverstand der Op¬
position, daß sie nicht traut, während Er sich verbürgt. Das was wir Eigenmäch¬
tigkeiten nennen, das genirt den Grafen nicht, das heißt er die Philosophie des
österreichischen Staatenverbandes und die bureaukratischen Tendenzen sind ein Co-
rollarium, das wir uns gefallen lassen müssen. Jetzt sieht SM)<wyi die Opposi¬
tion in der Mehrheit und will daher ein Centrum bilden, ein Justiz milieu, nach
ihm muß man die Regierung deshalb unterstützen, weil sie in ultim-i, lin-ü^si und den
Appendix des Staatenverbandes ungerechnet nur das Beste des Landes wolle. —

Nun kämpften die beiden Motionen von Kossuth und Szc-es^nyi miteinander,
und die Abstimmung zeigte, daß die Opposition selbst gegen das ^ufte union in
der Majorität sei. Dies wäre nun die kurze Skizze dieser heißen Woche. Von Seiten
der Conservativen macht sich noch ein Consiliar Babarczy, der Abgeordnete von
Csongrad breit. Er spricht ganz von oben herab, wurde aber vou Szentkiriilyi,
unstreitig dem scharfsinnigsten und geistreichsten Kopfe der diesmaligen Ständetafel,
ganz klein gehackt und wird in Zukunft weniger hoch intoniren. Es thut mir leid,
daß ich Ihnen die Rede jenes Abgeordneten nicht ganz mittheilen kann, es thut mir
deshalb darum leid, weil ich dadurch auf das Vergnügen Verzicht leisten ausi, Ih¬
nen Szentkir-ilyi's meisterhafte Erwiederung herschreiben zü können. Aber ich muß
Ihnen einige Stellen aus Kossuth's Rede und aus der Rede des Abgeordneten
vom Komor-Comitate mittheilen, weil diese für Ihre Leser von größerem Interesse
sein dürften, da sie die ausländische und zum Theile die österreichische (nicht un¬
garische) Politik betreffen. Die Censur streicht hier Alles (selbst den ungarischen Blät¬
tern, die sonst mehr Freiheit hatten) was gegen die österreichischen Maximen ist. Ich
führe Ihnen diesen Umstand an, damit Sie verstehen, was es heißen soll, wenn
die Allgemeine Zeitung sich berichten läßt: Statthaltereirath erklärte sich wider die
Censur vom Standpunkte der Regierung aus. Die Regierung censurirte
die Blätter, welche die Adreßdebatte behandelten, selber, und selbst der „Budapesti
Hirad»" hat seine Jungfräulichkeit verloren, Samson ist um sein Haar gekommen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185192"/>
            <p xml:id="ID_1391" prev="#ID_1390"> aufgegeben wurde. Der Graf wollte die beiden Parteien vereinigen und gab einer<lb/>
Jeden Etwas. Die Folge dieses Antrages war, daß die Opposition einige Stimmen<lb/>
weniger zählte, aber die Mehrheit konnte ihr auch Graf Szvch«api nicht streitig<lb/>
machen. So oft SzvclMyi gesprochen, eben so oft hat er sich darüber beklagt,<lb/>
daß man ihn nicht verstände und er halte es für seine Schuldigkeit, sich zu erklä¬<lb/>
ren. Nun. glaube ich aber, daß ein Mensch, der sich in so vielen Schriften und<lb/>
Reden noch immer nicht deutlich genug erklären kann, entweder wirklich unverständ¬<lb/>
lich ist oder sich selbst nicht versteht. Das ist eine Halbheit des edlen Grafen. Die<lb/>
Nation will und kaun nur Gutes von ihm voraussetzen, dafür bürgt seine Laufbahn;<lb/>
aber sein jetziges Verfahren kann nicht ansprechen und daher die wenige Sympa¬<lb/>
thie, welche der Graf besitzt. Szvch«.api meint es gewiß in seiner Art redlich.<lb/>
Er traut der Negierung, er verbürgt sich mit seinem Ehreuwvrte für deren red¬<lb/>
liche Absichten und darum kömmt er ganz außer sich über den Unverstand der Op¬<lb/>
position, daß sie nicht traut, während Er sich verbürgt. Das was wir Eigenmäch¬<lb/>
tigkeiten nennen, das genirt den Grafen nicht, das heißt er die Philosophie des<lb/>
österreichischen Staatenverbandes und die bureaukratischen Tendenzen sind ein Co-<lb/>
rollarium, das wir uns gefallen lassen müssen. Jetzt sieht SM)&lt;wyi die Opposi¬<lb/>
tion in der Mehrheit und will daher ein Centrum bilden, ein Justiz milieu, nach<lb/>
ihm muß man die Regierung deshalb unterstützen, weil sie in ultim-i, lin-ü^si und den<lb/>
Appendix des Staatenverbandes ungerechnet nur das Beste des Landes wolle. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1392"> Nun kämpften die beiden Motionen von Kossuth und Szc-es^nyi miteinander,<lb/>
und die Abstimmung zeigte, daß die Opposition selbst gegen das ^ufte union in<lb/>
der Majorität sei. Dies wäre nun die kurze Skizze dieser heißen Woche. Von Seiten<lb/>
der Conservativen macht sich noch ein Consiliar Babarczy, der Abgeordnete von<lb/>
Csongrad breit. Er spricht ganz von oben herab, wurde aber vou Szentkiriilyi,<lb/>
unstreitig dem scharfsinnigsten und geistreichsten Kopfe der diesmaligen Ständetafel,<lb/>
ganz klein gehackt und wird in Zukunft weniger hoch intoniren. Es thut mir leid,<lb/>
daß ich Ihnen die Rede jenes Abgeordneten nicht ganz mittheilen kann, es thut mir<lb/>
deshalb darum leid, weil ich dadurch auf das Vergnügen Verzicht leisten ausi, Ih¬<lb/>
nen Szentkir-ilyi's meisterhafte Erwiederung herschreiben zü können. Aber ich muß<lb/>
Ihnen einige Stellen aus Kossuth's Rede und aus der Rede des Abgeordneten<lb/>
vom Komor-Comitate mittheilen, weil diese für Ihre Leser von größerem Interesse<lb/>
sein dürften, da sie die ausländische und zum Theile die österreichische (nicht un¬<lb/>
garische) Politik betreffen. Die Censur streicht hier Alles (selbst den ungarischen Blät¬<lb/>
tern, die sonst mehr Freiheit hatten) was gegen die österreichischen Maximen ist. Ich<lb/>
führe Ihnen diesen Umstand an, damit Sie verstehen, was es heißen soll, wenn<lb/>
die Allgemeine Zeitung sich berichten läßt: Statthaltereirath erklärte sich wider die<lb/>
Censur vom Standpunkte der Regierung aus. Die Regierung censurirte<lb/>
die Blätter, welche die Adreßdebatte behandelten, selber, und selbst der &#x201E;Budapesti<lb/>
Hirad»" hat seine Jungfräulichkeit verloren, Samson ist um sein Haar gekommen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0428] aufgegeben wurde. Der Graf wollte die beiden Parteien vereinigen und gab einer Jeden Etwas. Die Folge dieses Antrages war, daß die Opposition einige Stimmen weniger zählte, aber die Mehrheit konnte ihr auch Graf Szvch«api nicht streitig machen. So oft SzvclMyi gesprochen, eben so oft hat er sich darüber beklagt, daß man ihn nicht verstände und er halte es für seine Schuldigkeit, sich zu erklä¬ ren. Nun. glaube ich aber, daß ein Mensch, der sich in so vielen Schriften und Reden noch immer nicht deutlich genug erklären kann, entweder wirklich unverständ¬ lich ist oder sich selbst nicht versteht. Das ist eine Halbheit des edlen Grafen. Die Nation will und kaun nur Gutes von ihm voraussetzen, dafür bürgt seine Laufbahn; aber sein jetziges Verfahren kann nicht ansprechen und daher die wenige Sympa¬ thie, welche der Graf besitzt. Szvch«.api meint es gewiß in seiner Art redlich. Er traut der Negierung, er verbürgt sich mit seinem Ehreuwvrte für deren red¬ liche Absichten und darum kömmt er ganz außer sich über den Unverstand der Op¬ position, daß sie nicht traut, während Er sich verbürgt. Das was wir Eigenmäch¬ tigkeiten nennen, das genirt den Grafen nicht, das heißt er die Philosophie des österreichischen Staatenverbandes und die bureaukratischen Tendenzen sind ein Co- rollarium, das wir uns gefallen lassen müssen. Jetzt sieht SM)<wyi die Opposi¬ tion in der Mehrheit und will daher ein Centrum bilden, ein Justiz milieu, nach ihm muß man die Regierung deshalb unterstützen, weil sie in ultim-i, lin-ü^si und den Appendix des Staatenverbandes ungerechnet nur das Beste des Landes wolle. — Nun kämpften die beiden Motionen von Kossuth und Szc-es^nyi miteinander, und die Abstimmung zeigte, daß die Opposition selbst gegen das ^ufte union in der Majorität sei. Dies wäre nun die kurze Skizze dieser heißen Woche. Von Seiten der Conservativen macht sich noch ein Consiliar Babarczy, der Abgeordnete von Csongrad breit. Er spricht ganz von oben herab, wurde aber vou Szentkiriilyi, unstreitig dem scharfsinnigsten und geistreichsten Kopfe der diesmaligen Ständetafel, ganz klein gehackt und wird in Zukunft weniger hoch intoniren. Es thut mir leid, daß ich Ihnen die Rede jenes Abgeordneten nicht ganz mittheilen kann, es thut mir deshalb darum leid, weil ich dadurch auf das Vergnügen Verzicht leisten ausi, Ih¬ nen Szentkir-ilyi's meisterhafte Erwiederung herschreiben zü können. Aber ich muß Ihnen einige Stellen aus Kossuth's Rede und aus der Rede des Abgeordneten vom Komor-Comitate mittheilen, weil diese für Ihre Leser von größerem Interesse sein dürften, da sie die ausländische und zum Theile die österreichische (nicht un¬ garische) Politik betreffen. Die Censur streicht hier Alles (selbst den ungarischen Blät¬ tern, die sonst mehr Freiheit hatten) was gegen die österreichischen Maximen ist. Ich führe Ihnen diesen Umstand an, damit Sie verstehen, was es heißen soll, wenn die Allgemeine Zeitung sich berichten läßt: Statthaltereirath erklärte sich wider die Censur vom Standpunkte der Regierung aus. Die Regierung censurirte die Blätter, welche die Adreßdebatte behandelten, selber, und selbst der „Budapesti Hirad»" hat seine Jungfräulichkeit verloren, Samson ist um sein Haar gekommen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/428
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/428>, abgerufen am 22.07.2024.