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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Indem ich Ihnen also noch erwähne, daß von oppositioneller Seite außer den Genann¬
ten der Abgeordnete v. Gömor: Szeutiuuuyi, v. Nyitra: Tarnüerny, v. MiwnaroS:
Asztalos und von den Conservativen der Abgeordnete von Raab zu nennen wären,
theile ich Ihnen kleine Auszüge aus den Reden Kossuth's und Päzmiludy's mit.

". ... Ich halte es für meine Pflicht, mich in eine kleine Skizze des Zustan¬
des unseres Landes einzulassen.

"Hier nimmt die Sicherheit unserer zukünftigen Existenz vor Allem meine Auf¬
merksamkeit in Anspruch, und ich muß leider des unleugbaren Factums erwähnen,
daß die ungarische Regierung auf die Politik jeuer Regierung, welche die gemein
schaftlichen Verhältnisse unseres Vaterlandes und der demselben Fürsten huldigen¬
den Monarchie leitet, nicht den wirksamen Einfluß hat, den sie unserer vertragsmä¬
ßig gesicherten Unabhängigkeit zufolge haben müßte. Daher kommt es auch, daß
diese Politik gar oft nicht im Einklange mit den Interessen unseres Landes ist.
Denn da unsere constitutionellen (von unserer Negierung zu vertretenden) Interes¬
sen nicht genug Gewicht besitzen bei Ordnung der gemeinschaftlichen Staatsver¬
hältnisse der Monarchie, so kann auch dieselbe leitende Politik die Bereitwilligkeit
der ungarische" Nariou gegen das regierende Haus nicht genng würdigen, und
sucht die Stütze ihrer verkehrten Richtung lieber in Folgeleistung fremder Einflüste¬
rungen. --

"Das Verhältniß aber, in welchem nur zu den Provinzen der Monarchie
stehen, interessirt unser Vaterland ganz nahe und auf's Wesentlichste. Auch
wird Niemand selbes so sehr achtete, als eben ich. Und zwar nicht blos, weil
es durch die Identität unseres Fürsten im II. Gesetz-Art. v. sanctionirt
ist, sondern auch darum, weil ich in diesem Bundcsverhältniß sowohl die
Sicherheit unseres Vaterlandes als auch des regierenden Hauses sehe. Aber
über dieser Achtung, über dieser Anhänglichkeit darf ich jene Selbstständigkeit nicht
außer Acht lassen, jene Rechte nicht, welche der X G. A. 1790 bei diesem Ver¬
hältnisse dnrch das geheiligte Wort des Königs meinem Vaterlande zusicherte.
Dieses Verhältniß ist das Verhältniß des Einen Monarchen, aber nicht jenes der
aufgeopferten Selbständigkeit, nicht der gegenseitigen Unterordnung, sondern das
liebe Verhältniß der Freundschaft und der Verbrüderung. Und doch sind wir
dahin gekommen, daß Viele eben in diesem Verhältniß die Verhinderung der recht¬
mäßigen Ansprüche unseres Vaterlandes suchen, da wir es erfahren, daß wenn bei
Eolliswuen von Interessen die unsern denen der Monarchie untergeordnet werden,
wan unsere Bitten um Genugthuung dahin beantwortet, daß deren Erfüllung aus
Rücksicht auf die österreichische" Provinzen nicht möglich sei. Ich leugne aber die
Gründlichkeit dieser Behauptung glattweg, und behaupte, man erweist dem regie¬
renden Hause einen schlechten Dienst, wenn man der Meinung Eingang zu schaffen
suchte, als ständen unsere rechtmäßigen Interessen mit jenen Oesterreich's nothwendig
im Widerspruche. Ich leugne das, und wiederhole hier meiner innigsten Ueber-


Indem ich Ihnen also noch erwähne, daß von oppositioneller Seite außer den Genann¬
ten der Abgeordnete v. Gömor: Szeutiuuuyi, v. Nyitra: Tarnüerny, v. MiwnaroS:
Asztalos und von den Conservativen der Abgeordnete von Raab zu nennen wären,
theile ich Ihnen kleine Auszüge aus den Reden Kossuth's und Päzmiludy's mit.

„. ... Ich halte es für meine Pflicht, mich in eine kleine Skizze des Zustan¬
des unseres Landes einzulassen.

„Hier nimmt die Sicherheit unserer zukünftigen Existenz vor Allem meine Auf¬
merksamkeit in Anspruch, und ich muß leider des unleugbaren Factums erwähnen,
daß die ungarische Regierung auf die Politik jeuer Regierung, welche die gemein
schaftlichen Verhältnisse unseres Vaterlandes und der demselben Fürsten huldigen¬
den Monarchie leitet, nicht den wirksamen Einfluß hat, den sie unserer vertragsmä¬
ßig gesicherten Unabhängigkeit zufolge haben müßte. Daher kommt es auch, daß
diese Politik gar oft nicht im Einklange mit den Interessen unseres Landes ist.
Denn da unsere constitutionellen (von unserer Negierung zu vertretenden) Interes¬
sen nicht genug Gewicht besitzen bei Ordnung der gemeinschaftlichen Staatsver¬
hältnisse der Monarchie, so kann auch dieselbe leitende Politik die Bereitwilligkeit
der ungarische» Nariou gegen das regierende Haus nicht genng würdigen, und
sucht die Stütze ihrer verkehrten Richtung lieber in Folgeleistung fremder Einflüste¬
rungen. —

„Das Verhältniß aber, in welchem nur zu den Provinzen der Monarchie
stehen, interessirt unser Vaterland ganz nahe und auf's Wesentlichste. Auch
wird Niemand selbes so sehr achtete, als eben ich. Und zwar nicht blos, weil
es durch die Identität unseres Fürsten im II. Gesetz-Art. v. sanctionirt
ist, sondern auch darum, weil ich in diesem Bundcsverhältniß sowohl die
Sicherheit unseres Vaterlandes als auch des regierenden Hauses sehe. Aber
über dieser Achtung, über dieser Anhänglichkeit darf ich jene Selbstständigkeit nicht
außer Acht lassen, jene Rechte nicht, welche der X G. A. 1790 bei diesem Ver¬
hältnisse dnrch das geheiligte Wort des Königs meinem Vaterlande zusicherte.
Dieses Verhältniß ist das Verhältniß des Einen Monarchen, aber nicht jenes der
aufgeopferten Selbständigkeit, nicht der gegenseitigen Unterordnung, sondern das
liebe Verhältniß der Freundschaft und der Verbrüderung. Und doch sind wir
dahin gekommen, daß Viele eben in diesem Verhältniß die Verhinderung der recht¬
mäßigen Ansprüche unseres Vaterlandes suchen, da wir es erfahren, daß wenn bei
Eolliswuen von Interessen die unsern denen der Monarchie untergeordnet werden,
wan unsere Bitten um Genugthuung dahin beantwortet, daß deren Erfüllung aus
Rücksicht auf die österreichische» Provinzen nicht möglich sei. Ich leugne aber die
Gründlichkeit dieser Behauptung glattweg, und behaupte, man erweist dem regie¬
renden Hause einen schlechten Dienst, wenn man der Meinung Eingang zu schaffen
suchte, als ständen unsere rechtmäßigen Interessen mit jenen Oesterreich's nothwendig
im Widerspruche. Ich leugne das, und wiederhole hier meiner innigsten Ueber-


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[0429] Indem ich Ihnen also noch erwähne, daß von oppositioneller Seite außer den Genann¬ ten der Abgeordnete v. Gömor: Szeutiuuuyi, v. Nyitra: Tarnüerny, v. MiwnaroS: Asztalos und von den Conservativen der Abgeordnete von Raab zu nennen wären, theile ich Ihnen kleine Auszüge aus den Reden Kossuth's und Päzmiludy's mit. „. ... Ich halte es für meine Pflicht, mich in eine kleine Skizze des Zustan¬ des unseres Landes einzulassen. „Hier nimmt die Sicherheit unserer zukünftigen Existenz vor Allem meine Auf¬ merksamkeit in Anspruch, und ich muß leider des unleugbaren Factums erwähnen, daß die ungarische Regierung auf die Politik jeuer Regierung, welche die gemein schaftlichen Verhältnisse unseres Vaterlandes und der demselben Fürsten huldigen¬ den Monarchie leitet, nicht den wirksamen Einfluß hat, den sie unserer vertragsmä¬ ßig gesicherten Unabhängigkeit zufolge haben müßte. Daher kommt es auch, daß diese Politik gar oft nicht im Einklange mit den Interessen unseres Landes ist. Denn da unsere constitutionellen (von unserer Negierung zu vertretenden) Interes¬ sen nicht genug Gewicht besitzen bei Ordnung der gemeinschaftlichen Staatsver¬ hältnisse der Monarchie, so kann auch dieselbe leitende Politik die Bereitwilligkeit der ungarische» Nariou gegen das regierende Haus nicht genng würdigen, und sucht die Stütze ihrer verkehrten Richtung lieber in Folgeleistung fremder Einflüste¬ rungen. — „Das Verhältniß aber, in welchem nur zu den Provinzen der Monarchie stehen, interessirt unser Vaterland ganz nahe und auf's Wesentlichste. Auch wird Niemand selbes so sehr achtete, als eben ich. Und zwar nicht blos, weil es durch die Identität unseres Fürsten im II. Gesetz-Art. v. sanctionirt ist, sondern auch darum, weil ich in diesem Bundcsverhältniß sowohl die Sicherheit unseres Vaterlandes als auch des regierenden Hauses sehe. Aber über dieser Achtung, über dieser Anhänglichkeit darf ich jene Selbstständigkeit nicht außer Acht lassen, jene Rechte nicht, welche der X G. A. 1790 bei diesem Ver¬ hältnisse dnrch das geheiligte Wort des Königs meinem Vaterlande zusicherte. Dieses Verhältniß ist das Verhältniß des Einen Monarchen, aber nicht jenes der aufgeopferten Selbständigkeit, nicht der gegenseitigen Unterordnung, sondern das liebe Verhältniß der Freundschaft und der Verbrüderung. Und doch sind wir dahin gekommen, daß Viele eben in diesem Verhältniß die Verhinderung der recht¬ mäßigen Ansprüche unseres Vaterlandes suchen, da wir es erfahren, daß wenn bei Eolliswuen von Interessen die unsern denen der Monarchie untergeordnet werden, wan unsere Bitten um Genugthuung dahin beantwortet, daß deren Erfüllung aus Rücksicht auf die österreichische» Provinzen nicht möglich sei. Ich leugne aber die Gründlichkeit dieser Behauptung glattweg, und behaupte, man erweist dem regie¬ renden Hause einen schlechten Dienst, wenn man der Meinung Eingang zu schaffen suchte, als ständen unsere rechtmäßigen Interessen mit jenen Oesterreich's nothwendig im Widerspruche. Ich leugne das, und wiederhole hier meiner innigsten Ueber-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/429>, abgerufen am 22.07.2024.