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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Monate fast zusammen, und kostete große Summen, die wirklich für des Landes
Wohl oft besser hätten verwendet werden können. Unter den Koryphäen der Op¬
position zeichneten sich besonders aus Advokat Willich ans Rheinbaiern, kurz, scharf,
bestimmt, dabei sehr lebendig, in seiner politischen Gesinnung, wie alle übrigen
Rheinbaiern, den Uebrigen weit voraus und für die badische Opposition passend;
dann noch die Rheinbaiern Stöckinger II., Secretair der Kammer, weniger gewandt
im äußeren Vortrag, aber sehr gediegen im Inhalte desselben; Appellationsrath
Heiles aus demselben Landestheile, ein klarer juristischer, lakonischer Redner; Guts¬
besitzer Christmann, eben daher, feurig und anregend, bei größerem Vertrautsein
mit der parlamentarischen Laufbahn und dadurch erlangter vermehrter Sicherheit,
entschieden mit eines der bedeutenderen Mitglieder der Kammer. Unter den Ver¬
tretern der andern Provinzen sind besonders zu nennen der Freiherr v. Closen
ans Oberbaiern, der Vorkämpfer der Opposition, stets zu neuen Angriffen bereit,
nie ermüdend oder vom Platze verdrängt, dabei des Wortes in hohem Grade
mächtig und seine ganze Thätigkeit auch außerhalb der Kammer den Vorbereitungen
zu derselben widmend. Baron v. Gumpcnberg, kräftig, fest, entschlossen, aber
sehr gemäßigt in seinen politischen Ansichten; derselbe ist leider in diesem Jahre
in der vollen Kraft seines Lebens gestorben, ein Verlust, den ganz Baiern mit
vollem Rechte beklagen kann. Graf Hegnenberg-Dux, scharf und gewandt in seinen
Angriffen, Pfarrer Wagner ans Baireuth, fast überströmend vor innerer, glühender
Begeisterung, anregend in hohem Grade, Pfarrer Bauer aus Bamberg, kurz,
gediegen und kräftig in seiner ganzen Redeweise, dann noch Gutsbesitzer Schmelzer
ans Altbaiern, mehr innern Willens, wie äußere Redegabe besitzend, Pfarrer
Götz aus Ansbach, Großhändler Neuffer aus Regensburg und noch einige andre.
Auf Seite des Ministeriums waren besonders bemerkbar Professor Döllinger aus
München, durch seine gewandte Dialektik, womit er die Worte seiner Gegner zu
verdrehen und möglichst Uneinigkeit unter ihnen auszusäen verstand (in Folge der
jüngsten Krisis seines Amtes als Professor entlassen), Advokat Nei aus München,
nicht ohne juristischen Scharfsinn, Regiernngsdirector Vetterbein aus Baireuth,
zwar uicht ein besonderes Rednertalent, aber schlau, gewandt und namentlich zur
rechten Zeit nachgiebig in unwichtigen Dingen, Professor Edel aus Würzburg, ein
gelehrter, weitschweifiger Professor, Banquier v. Schätzler aus Augsburg, am
meisten wegen der unbeschreibbarer Gedehntheit seiner Reden, welche alle wo mög¬
lich in die Flucht schlug, gefürchtet. Mehr als alle diese Herren zusammen ver¬
trat aber Herr v. Abel sich selbst. Eben so sehr wie wir sei" ganzes Wirken
in Baiern haßten und uns über seinen Sturz erfreuten, müssen wir auch mit
gleicher Gerechtigkeit seine hohen geistigen Gaben anerkennen. In jeder Weise
gehörte derselbe zu deu ausgezeichnetsten Rednern, die wir je in unserem Leben
gehört, und mit wirklich seltener Fähigkeit verstand er es, eine durch und durch
schlechte Sache, wie ja die seine war, zu vertheidige" und in einem möglichst vor-


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Monate fast zusammen, und kostete große Summen, die wirklich für des Landes
Wohl oft besser hätten verwendet werden können. Unter den Koryphäen der Op¬
position zeichneten sich besonders aus Advokat Willich ans Rheinbaiern, kurz, scharf,
bestimmt, dabei sehr lebendig, in seiner politischen Gesinnung, wie alle übrigen
Rheinbaiern, den Uebrigen weit voraus und für die badische Opposition passend;
dann noch die Rheinbaiern Stöckinger II., Secretair der Kammer, weniger gewandt
im äußeren Vortrag, aber sehr gediegen im Inhalte desselben; Appellationsrath
Heiles aus demselben Landestheile, ein klarer juristischer, lakonischer Redner; Guts¬
besitzer Christmann, eben daher, feurig und anregend, bei größerem Vertrautsein
mit der parlamentarischen Laufbahn und dadurch erlangter vermehrter Sicherheit,
entschieden mit eines der bedeutenderen Mitglieder der Kammer. Unter den Ver¬
tretern der andern Provinzen sind besonders zu nennen der Freiherr v. Closen
ans Oberbaiern, der Vorkämpfer der Opposition, stets zu neuen Angriffen bereit,
nie ermüdend oder vom Platze verdrängt, dabei des Wortes in hohem Grade
mächtig und seine ganze Thätigkeit auch außerhalb der Kammer den Vorbereitungen
zu derselben widmend. Baron v. Gumpcnberg, kräftig, fest, entschlossen, aber
sehr gemäßigt in seinen politischen Ansichten; derselbe ist leider in diesem Jahre
in der vollen Kraft seines Lebens gestorben, ein Verlust, den ganz Baiern mit
vollem Rechte beklagen kann. Graf Hegnenberg-Dux, scharf und gewandt in seinen
Angriffen, Pfarrer Wagner ans Baireuth, fast überströmend vor innerer, glühender
Begeisterung, anregend in hohem Grade, Pfarrer Bauer aus Bamberg, kurz,
gediegen und kräftig in seiner ganzen Redeweise, dann noch Gutsbesitzer Schmelzer
ans Altbaiern, mehr innern Willens, wie äußere Redegabe besitzend, Pfarrer
Götz aus Ansbach, Großhändler Neuffer aus Regensburg und noch einige andre.
Auf Seite des Ministeriums waren besonders bemerkbar Professor Döllinger aus
München, durch seine gewandte Dialektik, womit er die Worte seiner Gegner zu
verdrehen und möglichst Uneinigkeit unter ihnen auszusäen verstand (in Folge der
jüngsten Krisis seines Amtes als Professor entlassen), Advokat Nei aus München,
nicht ohne juristischen Scharfsinn, Regiernngsdirector Vetterbein aus Baireuth,
zwar uicht ein besonderes Rednertalent, aber schlau, gewandt und namentlich zur
rechten Zeit nachgiebig in unwichtigen Dingen, Professor Edel aus Würzburg, ein
gelehrter, weitschweifiger Professor, Banquier v. Schätzler aus Augsburg, am
meisten wegen der unbeschreibbarer Gedehntheit seiner Reden, welche alle wo mög¬
lich in die Flucht schlug, gefürchtet. Mehr als alle diese Herren zusammen ver¬
trat aber Herr v. Abel sich selbst. Eben so sehr wie wir sei» ganzes Wirken
in Baiern haßten und uns über seinen Sturz erfreuten, müssen wir auch mit
gleicher Gerechtigkeit seine hohen geistigen Gaben anerkennen. In jeder Weise
gehörte derselbe zu deu ausgezeichnetsten Rednern, die wir je in unserem Leben
gehört, und mit wirklich seltener Fähigkeit verstand er es, eine durch und durch
schlechte Sache, wie ja die seine war, zu vertheidige» und in einem möglichst vor-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/209>, abgerufen am 24.08.2024.