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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Es war ein seltner, wunderbarer Zug,
Wie hin er schritt durch Mährens grüne Gaur
Und seltsam war die Absicht, die ihn trug
In's Land, wo hell der Donau Wellen blau'n.
Nicht dir, der selbst den Himmel blutig färbst,
Dir Kriegsrecht, galt der Einfall in das Land,
Mit Waffen ist das Heer hinausgesandt
Die Beute dir zu rauben, stiller Herbst.
Du aber reichst, o liebende Natur,
Dein Füllhorn Gaben Jedem, der da naht,
Weh, wenn ein Fuß auf deiner grünen Flur
Sie zu erringen, einen Wurm zertrat!
Der Kelch braucht Wein, und also glüht der Brand
Der Glaubenssonne ob dem Vöhmerland,
Daß er im Kelch versickert also schnell.
Als wie am heißen Tag der Silberquell.
Was aber soll der Pfaff dem Glaub'gen reichen,
Wenn nach dem Schlachttag er den Kelch begehrt?
Die letzten Klosterkeller sind geleert,
Und MelniL ist verheert von Wetterstreichen.
Nach Oestreich denn! In's schöne Land der Reben
In's Land der blauen Trauben, blauen Seen,
Ein Einbruch nur! Holdsel'ger Herbst ist's eben.
Der blinde Held will selber Winzern gehn,
Er sonst ein Winzer, der am Winzerfest
Der Schlacht so oft das Blut wie Wein gepreßt.
Das ist kein Zug, Wie sonst mit Schreck und Graun
Das arme Böhmen war gewohnt zu schaun,
Der Thaja Ufer schallt von Sang ringsum,
Denn Winzer sind ja niemals liederstumm!
Dem waffenleichten, treuen Hecresbann
Zieht froh die Fraun- und Kinderschaar voran --
Es ist kein Zug, wie sonst mit Raub und Glut,
Ein frommes Wallfahr'" ist's nach Gottes Blut.
Und durch die Wälder Böhmens wild und rauh,
Wo in den Klüften hangt das Nebelgrau,
Wo durch die co'gen Felsen ftarrgezackt
Mit Donnersängen geht der Katarakt,
Hinzieht das Heer; der Strom auf seiner Flucht
Zeigt ihm den Weg nach Süden, den es sucht.

<5'r"nzbvt"n. IV. iSiv. 9

Es war ein seltner, wunderbarer Zug,
Wie hin er schritt durch Mährens grüne Gaur
Und seltsam war die Absicht, die ihn trug
In's Land, wo hell der Donau Wellen blau'n.
Nicht dir, der selbst den Himmel blutig färbst,
Dir Kriegsrecht, galt der Einfall in das Land,
Mit Waffen ist das Heer hinausgesandt
Die Beute dir zu rauben, stiller Herbst.
Du aber reichst, o liebende Natur,
Dein Füllhorn Gaben Jedem, der da naht,
Weh, wenn ein Fuß auf deiner grünen Flur
Sie zu erringen, einen Wurm zertrat!
Der Kelch braucht Wein, und also glüht der Brand
Der Glaubenssonne ob dem Vöhmerland,
Daß er im Kelch versickert also schnell.
Als wie am heißen Tag der Silberquell.
Was aber soll der Pfaff dem Glaub'gen reichen,
Wenn nach dem Schlachttag er den Kelch begehrt?
Die letzten Klosterkeller sind geleert,
Und MelniL ist verheert von Wetterstreichen.
Nach Oestreich denn! In's schöne Land der Reben
In's Land der blauen Trauben, blauen Seen,
Ein Einbruch nur! Holdsel'ger Herbst ist's eben.
Der blinde Held will selber Winzern gehn,
Er sonst ein Winzer, der am Winzerfest
Der Schlacht so oft das Blut wie Wein gepreßt.
Das ist kein Zug, Wie sonst mit Schreck und Graun
Das arme Böhmen war gewohnt zu schaun,
Der Thaja Ufer schallt von Sang ringsum,
Denn Winzer sind ja niemals liederstumm!
Dem waffenleichten, treuen Hecresbann
Zieht froh die Fraun- und Kinderschaar voran —
Es ist kein Zug, wie sonst mit Raub und Glut,
Ein frommes Wallfahr'» ist's nach Gottes Blut.
Und durch die Wälder Böhmens wild und rauh,
Wo in den Klüften hangt das Nebelgrau,
Wo durch die co'gen Felsen ftarrgezackt
Mit Donnersängen geht der Katarakt,
Hinzieht das Heer; der Strom auf seiner Flucht
Zeigt ihm den Weg nach Süden, den es sucht.

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[0065] Es war ein seltner, wunderbarer Zug, Wie hin er schritt durch Mährens grüne Gaur Und seltsam war die Absicht, die ihn trug In's Land, wo hell der Donau Wellen blau'n. Nicht dir, der selbst den Himmel blutig färbst, Dir Kriegsrecht, galt der Einfall in das Land, Mit Waffen ist das Heer hinausgesandt Die Beute dir zu rauben, stiller Herbst. Du aber reichst, o liebende Natur, Dein Füllhorn Gaben Jedem, der da naht, Weh, wenn ein Fuß auf deiner grünen Flur Sie zu erringen, einen Wurm zertrat! Der Kelch braucht Wein, und also glüht der Brand Der Glaubenssonne ob dem Vöhmerland, Daß er im Kelch versickert also schnell. Als wie am heißen Tag der Silberquell. Was aber soll der Pfaff dem Glaub'gen reichen, Wenn nach dem Schlachttag er den Kelch begehrt? Die letzten Klosterkeller sind geleert, Und MelniL ist verheert von Wetterstreichen. Nach Oestreich denn! In's schöne Land der Reben In's Land der blauen Trauben, blauen Seen, Ein Einbruch nur! Holdsel'ger Herbst ist's eben. Der blinde Held will selber Winzern gehn, Er sonst ein Winzer, der am Winzerfest Der Schlacht so oft das Blut wie Wein gepreßt. Das ist kein Zug, Wie sonst mit Schreck und Graun Das arme Böhmen war gewohnt zu schaun, Der Thaja Ufer schallt von Sang ringsum, Denn Winzer sind ja niemals liederstumm! Dem waffenleichten, treuen Hecresbann Zieht froh die Fraun- und Kinderschaar voran — Es ist kein Zug, wie sonst mit Raub und Glut, Ein frommes Wallfahr'» ist's nach Gottes Blut. Und durch die Wälder Böhmens wild und rauh, Wo in den Klüften hangt das Nebelgrau, Wo durch die co'gen Felsen ftarrgezackt Mit Donnersängen geht der Katarakt, Hinzieht das Heer; der Strom auf seiner Flucht Zeigt ihm den Weg nach Süden, den es sucht. <5'r«nzbvt«n. IV. iSiv. 9

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/65>, abgerufen am 26.08.2024.