Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Mit bunten Lumpen um den braunen Leib
Liegt an der Straße ein Aigeunerweib,
Sie springt heran und kreischet: laß dich bitten,
Zieh' nicht nach Naby, Herr der Taboriten!
Warum nicht, Weib, fragt Kska's wilder Blick,
,,Weil du nicht finden wirst den Weg zurück!"
Der Ziska drauf: daß wir den Rückzug wahren,
Laß meine Sorge sein und meiner Schaaren.
Vor Raby steht die Taboritenmacht,
Belagert Raby's Mauern Tag und Nacht,
Auf wergumflochtnen Pfeilen schickt der Rächer
Des heil'gen Huß den Brand auf hundert Dächer
Die Kaiserlichen drinnen kämpfen gut,
Die Stürmer müssen weichen ihrer Wuth,
Da sprengt der Z'ista an -- wie eine rothe
Brandfackel führt er Tausende zum Tode.
Da plötzlich laut aufschreit der starke Held,
Er taumelt auf dem Sattel -- nein er fällt
Und ruft den Treuen zu: reißt mich vom Pferde,
Nacht ist's um mich für immer auf der Erde.
Da durch das Heer der Kelchner geht ein Schrei
Von wild'Stein Schmerz und wild'ster Raserei:
Der Vater blind! Wer wird die Kinder leiten.
Des Kelches heil'ge Sache auszustreiten?
In allen Herzen kocht das wilde Blut,
Die Pfeile prasseln und es steigt die Glut,
Der Procop führt das Heer -- wie eine rothe
Brandfackel führr er Tausende zum Tode.
Kaum ist der Blinde auf dem Weg nach Prag,
Kaum blitzt in die Natur ein neuer Tag,
Ist Iiska's Unglück tausendfach gerochen.
Viel tausend Augen sind für Ein's gebrochen.



Mit bunten Lumpen um den braunen Leib
Liegt an der Straße ein Aigeunerweib,
Sie springt heran und kreischet: laß dich bitten,
Zieh' nicht nach Naby, Herr der Taboriten!
Warum nicht, Weib, fragt Kska's wilder Blick,
,,Weil du nicht finden wirst den Weg zurück!"
Der Ziska drauf: daß wir den Rückzug wahren,
Laß meine Sorge sein und meiner Schaaren.
Vor Raby steht die Taboritenmacht,
Belagert Raby's Mauern Tag und Nacht,
Auf wergumflochtnen Pfeilen schickt der Rächer
Des heil'gen Huß den Brand auf hundert Dächer
Die Kaiserlichen drinnen kämpfen gut,
Die Stürmer müssen weichen ihrer Wuth,
Da sprengt der Z'ista an — wie eine rothe
Brandfackel führt er Tausende zum Tode.
Da plötzlich laut aufschreit der starke Held,
Er taumelt auf dem Sattel — nein er fällt
Und ruft den Treuen zu: reißt mich vom Pferde,
Nacht ist's um mich für immer auf der Erde.
Da durch das Heer der Kelchner geht ein Schrei
Von wild'Stein Schmerz und wild'ster Raserei:
Der Vater blind! Wer wird die Kinder leiten.
Des Kelches heil'ge Sache auszustreiten?
In allen Herzen kocht das wilde Blut,
Die Pfeile prasseln und es steigt die Glut,
Der Procop führt das Heer — wie eine rothe
Brandfackel führr er Tausende zum Tode.
Kaum ist der Blinde auf dem Weg nach Prag,
Kaum blitzt in die Natur ein neuer Tag,
Ist Iiska's Unglück tausendfach gerochen.
Viel tausend Augen sind für Ein's gebrochen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183646"/>
          <lg xml:id="POEMID_11" type="poem">
            <l> Mit bunten Lumpen um den braunen Leib<lb/>
Liegt an der Straße ein Aigeunerweib,<lb/>
Sie springt heran und kreischet: laß dich bitten,<lb/>
Zieh' nicht nach Naby, Herr der Taboriten!</l>
            <l> Warum nicht, Weib, fragt Kska's wilder Blick,<lb/>
,,Weil du nicht finden wirst den Weg zurück!"<lb/>
Der Ziska drauf: daß wir den Rückzug wahren,<lb/>
Laß meine Sorge sein und meiner Schaaren.</l>
            <l> Vor Raby steht die Taboritenmacht,<lb/>
Belagert Raby's Mauern Tag und Nacht,<lb/>
Auf wergumflochtnen Pfeilen schickt der Rächer<lb/>
Des heil'gen Huß den Brand auf hundert Dächer</l>
            <l> Die Kaiserlichen drinnen kämpfen gut,<lb/>
Die Stürmer müssen weichen ihrer Wuth,<lb/>
Da sprengt der Z'ista an &#x2014; wie eine rothe<lb/>
Brandfackel führt er Tausende zum Tode.</l>
            <l> Da plötzlich laut aufschreit der starke Held,<lb/>
Er taumelt auf dem Sattel &#x2014; nein er fällt<lb/>
Und ruft den Treuen zu: reißt mich vom Pferde,<lb/>
Nacht ist's um mich für immer auf der Erde.</l>
            <l> Da durch das Heer der Kelchner geht ein Schrei<lb/>
Von wild'Stein Schmerz und wild'ster Raserei:<lb/>
Der Vater blind!  Wer wird die Kinder leiten.<lb/>
Des Kelches heil'ge Sache auszustreiten?</l>
            <l> In allen Herzen kocht das wilde Blut,<lb/>
Die Pfeile prasseln und es steigt die Glut,<lb/>
Der Procop führt das Heer &#x2014; wie eine rothe<lb/>
Brandfackel führr er Tausende zum Tode.</l>
            <l> Kaum ist der Blinde auf dem Weg nach Prag,<lb/>
Kaum blitzt in die Natur ein neuer Tag,<lb/>
Ist Iiska's Unglück tausendfach gerochen.<lb/>
Viel tausend Augen sind für Ein's gebrochen.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] Mit bunten Lumpen um den braunen Leib Liegt an der Straße ein Aigeunerweib, Sie springt heran und kreischet: laß dich bitten, Zieh' nicht nach Naby, Herr der Taboriten! Warum nicht, Weib, fragt Kska's wilder Blick, ,,Weil du nicht finden wirst den Weg zurück!" Der Ziska drauf: daß wir den Rückzug wahren, Laß meine Sorge sein und meiner Schaaren. Vor Raby steht die Taboritenmacht, Belagert Raby's Mauern Tag und Nacht, Auf wergumflochtnen Pfeilen schickt der Rächer Des heil'gen Huß den Brand auf hundert Dächer Die Kaiserlichen drinnen kämpfen gut, Die Stürmer müssen weichen ihrer Wuth, Da sprengt der Z'ista an — wie eine rothe Brandfackel führt er Tausende zum Tode. Da plötzlich laut aufschreit der starke Held, Er taumelt auf dem Sattel — nein er fällt Und ruft den Treuen zu: reißt mich vom Pferde, Nacht ist's um mich für immer auf der Erde. Da durch das Heer der Kelchner geht ein Schrei Von wild'Stein Schmerz und wild'ster Raserei: Der Vater blind! Wer wird die Kinder leiten. Des Kelches heil'ge Sache auszustreiten? In allen Herzen kocht das wilde Blut, Die Pfeile prasseln und es steigt die Glut, Der Procop führt das Heer — wie eine rothe Brandfackel führr er Tausende zum Tode. Kaum ist der Blinde auf dem Weg nach Prag, Kaum blitzt in die Natur ein neuer Tag, Ist Iiska's Unglück tausendfach gerochen. Viel tausend Augen sind für Ein's gebrochen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/64
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/64>, abgerufen am 26.08.2024.