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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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bewährter Sachkenner, wie Hoffmann, hierhin die Anzahl der -- Mau¬
rer und Zimmermeister (mit deren Gehülfen und Arbeitern) vorzugs¬
weise rechnet, und darüber Folgendes äußert: "Was in Beziehung
auf die Verschiedenheit des Bedarfs an Zimmer - und Maurerarbeit
eigentlich entscheidet, ist nicht sowohl das Bedürfniß der kleinen An¬
zahl der Einwohner aus den gebildeten Ständen, als vielmehr das
Bedürfniß der großen Masse des Volkes. Wo dieses in Hütten aus
Lehm oder halbrohen Baumstämmen mit Stroh gedeckt wohnt, wo kein
gedielter Fußboden besteht, Leitern die Stelle der Treppen vertreten,
und Menschen mit Vieh in engen, halbdunkeln, gegen Wind und
Nässe nur schlecht verwahrten Räumen zusammengedrängt sind: wo
nur die Wohnungen der Reichen und Mächtigen kunstgerechter Arbeit
bedürfen, da wird, wie groß und prächtig auch diese sein möchten,
das Land im Ganzen doch nur wenige Bauhandwerker nähren. Wenn
auch im preußischen Staate Gegensätze, wie die vorstehend beschriebe¬
nen, nur in mildern Verhältnissen vorkommen dürften, so ist dennoch
unter allen Bedürfnissen des Volks die Wohnung wahrscheinlich das¬
jenige, was provinzenweise am meisten verschieden ist. So wie die Pro¬
vinz Sachsen in Bezug auf Allgemeinheit des Unterrichts, und folg¬
lich der Volksbildung, allen Provinzen des preußischen Staates vor¬
angeht, so ist dieses auch der Fall in Beziehung auf das Bedürfniß,
feste, geräumige, gesunde und bequeme Wohnungen zu haben, deren
Beschaffenheit die Stufe der Bildung und des Wohlstandes, worauf
die große Masse des Volkes steht, unter allen äußern Kennzeichen,
wahrscheinlich am sichersten bezeichnet." Es hatte" nun
aber im Jahre 1837 an Maurern und Zimmerleuten (Meistern, Ge¬
hülfen und Flickarbeitern) auf je IVNM0 Einwohner die Provinzen:


[Beginn Spaltensatz]
Sachsen 966
Westfalen 718
Rheinprovinz 691
Brandenburg 688
[Spaltenumbruch]
Pommern 5!0
Schlesien 412
Preußen 287
Posen 2V6
[Ende Spaltensatz]

Hiernach würden die Provinzen je nach ihrer durchschnittlichen
Wohlhabenheit in der Scala, wie sie hier aneinandergereiht, auf ein¬
ander folgen, so daß Sachsen als die wohlhabendste, Posen als die
bedürftigste anzusehen wäre. Eine große Bestätigung der Richtigkeit
dieser Scala ergibt sich noch aus Folgendem.
'

Unstreitig nämlich ist auch ein sehr sicheres Wahrzeichen allge¬
meiner Wohlhabenheit in einer Bevölkerung die Zahl der ausübenden
Medicinalpersonen, die sich in derselben ernähren, so lange die Regie-


bewährter Sachkenner, wie Hoffmann, hierhin die Anzahl der — Mau¬
rer und Zimmermeister (mit deren Gehülfen und Arbeitern) vorzugs¬
weise rechnet, und darüber Folgendes äußert: „Was in Beziehung
auf die Verschiedenheit des Bedarfs an Zimmer - und Maurerarbeit
eigentlich entscheidet, ist nicht sowohl das Bedürfniß der kleinen An¬
zahl der Einwohner aus den gebildeten Ständen, als vielmehr das
Bedürfniß der großen Masse des Volkes. Wo dieses in Hütten aus
Lehm oder halbrohen Baumstämmen mit Stroh gedeckt wohnt, wo kein
gedielter Fußboden besteht, Leitern die Stelle der Treppen vertreten,
und Menschen mit Vieh in engen, halbdunkeln, gegen Wind und
Nässe nur schlecht verwahrten Räumen zusammengedrängt sind: wo
nur die Wohnungen der Reichen und Mächtigen kunstgerechter Arbeit
bedürfen, da wird, wie groß und prächtig auch diese sein möchten,
das Land im Ganzen doch nur wenige Bauhandwerker nähren. Wenn
auch im preußischen Staate Gegensätze, wie die vorstehend beschriebe¬
nen, nur in mildern Verhältnissen vorkommen dürften, so ist dennoch
unter allen Bedürfnissen des Volks die Wohnung wahrscheinlich das¬
jenige, was provinzenweise am meisten verschieden ist. So wie die Pro¬
vinz Sachsen in Bezug auf Allgemeinheit des Unterrichts, und folg¬
lich der Volksbildung, allen Provinzen des preußischen Staates vor¬
angeht, so ist dieses auch der Fall in Beziehung auf das Bedürfniß,
feste, geräumige, gesunde und bequeme Wohnungen zu haben, deren
Beschaffenheit die Stufe der Bildung und des Wohlstandes, worauf
die große Masse des Volkes steht, unter allen äußern Kennzeichen,
wahrscheinlich am sichersten bezeichnet." Es hatte» nun
aber im Jahre 1837 an Maurern und Zimmerleuten (Meistern, Ge¬
hülfen und Flickarbeitern) auf je IVNM0 Einwohner die Provinzen:


[Beginn Spaltensatz]
Sachsen 966
Westfalen 718
Rheinprovinz 691
Brandenburg 688
[Spaltenumbruch]
Pommern 5!0
Schlesien 412
Preußen 287
Posen 2V6
[Ende Spaltensatz]

Hiernach würden die Provinzen je nach ihrer durchschnittlichen
Wohlhabenheit in der Scala, wie sie hier aneinandergereiht, auf ein¬
ander folgen, so daß Sachsen als die wohlhabendste, Posen als die
bedürftigste anzusehen wäre. Eine große Bestätigung der Richtigkeit
dieser Scala ergibt sich noch aus Folgendem.
'

Unstreitig nämlich ist auch ein sehr sicheres Wahrzeichen allge¬
meiner Wohlhabenheit in einer Bevölkerung die Zahl der ausübenden
Medicinalpersonen, die sich in derselben ernähren, so lange die Regie-


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[0475] bewährter Sachkenner, wie Hoffmann, hierhin die Anzahl der — Mau¬ rer und Zimmermeister (mit deren Gehülfen und Arbeitern) vorzugs¬ weise rechnet, und darüber Folgendes äußert: „Was in Beziehung auf die Verschiedenheit des Bedarfs an Zimmer - und Maurerarbeit eigentlich entscheidet, ist nicht sowohl das Bedürfniß der kleinen An¬ zahl der Einwohner aus den gebildeten Ständen, als vielmehr das Bedürfniß der großen Masse des Volkes. Wo dieses in Hütten aus Lehm oder halbrohen Baumstämmen mit Stroh gedeckt wohnt, wo kein gedielter Fußboden besteht, Leitern die Stelle der Treppen vertreten, und Menschen mit Vieh in engen, halbdunkeln, gegen Wind und Nässe nur schlecht verwahrten Räumen zusammengedrängt sind: wo nur die Wohnungen der Reichen und Mächtigen kunstgerechter Arbeit bedürfen, da wird, wie groß und prächtig auch diese sein möchten, das Land im Ganzen doch nur wenige Bauhandwerker nähren. Wenn auch im preußischen Staate Gegensätze, wie die vorstehend beschriebe¬ nen, nur in mildern Verhältnissen vorkommen dürften, so ist dennoch unter allen Bedürfnissen des Volks die Wohnung wahrscheinlich das¬ jenige, was provinzenweise am meisten verschieden ist. So wie die Pro¬ vinz Sachsen in Bezug auf Allgemeinheit des Unterrichts, und folg¬ lich der Volksbildung, allen Provinzen des preußischen Staates vor¬ angeht, so ist dieses auch der Fall in Beziehung auf das Bedürfniß, feste, geräumige, gesunde und bequeme Wohnungen zu haben, deren Beschaffenheit die Stufe der Bildung und des Wohlstandes, worauf die große Masse des Volkes steht, unter allen äußern Kennzeichen, wahrscheinlich am sichersten bezeichnet." Es hatte» nun aber im Jahre 1837 an Maurern und Zimmerleuten (Meistern, Ge¬ hülfen und Flickarbeitern) auf je IVNM0 Einwohner die Provinzen: Sachsen 966 Westfalen 718 Rheinprovinz 691 Brandenburg 688 Pommern 5!0 Schlesien 412 Preußen 287 Posen 2V6 Hiernach würden die Provinzen je nach ihrer durchschnittlichen Wohlhabenheit in der Scala, wie sie hier aneinandergereiht, auf ein¬ ander folgen, so daß Sachsen als die wohlhabendste, Posen als die bedürftigste anzusehen wäre. Eine große Bestätigung der Richtigkeit dieser Scala ergibt sich noch aus Folgendem. ' Unstreitig nämlich ist auch ein sehr sicheres Wahrzeichen allge¬ meiner Wohlhabenheit in einer Bevölkerung die Zahl der ausübenden Medicinalpersonen, die sich in derselben ernähren, so lange die Regie-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/475>, abgerufen am 24.11.2024.