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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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einer alten Matrone, nicht zwanzig Schritte weit an mir vorüber.
Während ich mich beeilte, meinen Sorbetto zu bezahlen, sprachen die
Offiziere noch von Zcrina. -- Sie soll die Braut des Gaetano Quitti
sein? fragte der Eine. -- Ja, und seine Helfershelferin, antwortete ein
Anderer. Seitdem sie bei ihm ist, ist ihm noch schwerer beizukommen,
als sonst, setzte er hinzu, und treibt er sein Wesen noch ärger als
früher. -- Weiter konnte ich nicht hören, denn ich eilte, Zerina ein¬
zuholen, doch machten mir die Worte der Offiziere manches Beden¬
ken. Die Begleiterin Zerina's war ein altes, dickes, schwarzes Weib,
mit glühenden, etwas gemeinen Augen und unendlich langer Nase.
Sie machte ein strenges Duennengestcht und ich wußte nicht, ob ich
es wagen könne, mich zu nähern. Darum kam ich ihnen mit gleich-
giltiger Geberde entgegen und wollte an Zerina's Mienen erkennen,
ob ich mich ihr nähern dürfe. Aber schon aus der Ferne lachte sie
mir freundlich entgegen und als ich mich näherte, hing sie plötzlich an
meinem Arme, ohne sich um die Duenna zu kümmern, die uns lächelnd
zusah.

-- Ach der Tano ist wüthend, lachte Zerina lind wenn er Dich trifft,
kann es Dir schlecht gehen.

-- Wer ist Tano? fragte ich.

-- Nun, Gaetano Quitti, mein treuer Geliebter, rief sie ausgelassen,
den Du heute Morgen gesehen hast. Er sticht gut, der Tano, er ist
eine Schlange, der Tano, hüte Dich vor ihm, Du guter Deutscher,
rief sie immer lachend und schlug mich mit ihrem Sonnenschirm. Er
hat mich geschlagen aus Eisersucht, lachte sie weiter, und Dich wird
er ermorden. Er ist stark, wie ein Riese, der Tano, der dumme Tano.

-- Wer ist er aber, dieser Tano? fragte ich weiter.

-- Ein Lump ist er, ein Pferdehändler, ein Schmuggler, ein Narr,
ein verliebter Narr, der einmal hängen wird, denn er ist dumm, un¬
geheuer dumm, rief sie und lachte so ausgelassen, daß die Spazier¬
gänger sich verwundert umsahen.

So lachend und unter dem beständigen Rufe: der Tano ist wüthend,
oder der Tano wäre wüthend, wenn er wüßte, -- führte mich Zerina
bis vor die Arena. Die Musik scholl wild und lockend heraus und
die alte Dame begann die Herrlichkeiten zu preisen, die darin zu sehen
wären.

-- Wollen Sie vielleicht hinein, Signora? fragte ich, so bitte ich,
sich nicht zu gemren.


Srtnzvot-N. it. ISiv. 55

einer alten Matrone, nicht zwanzig Schritte weit an mir vorüber.
Während ich mich beeilte, meinen Sorbetto zu bezahlen, sprachen die
Offiziere noch von Zcrina. — Sie soll die Braut des Gaetano Quitti
sein? fragte der Eine. — Ja, und seine Helfershelferin, antwortete ein
Anderer. Seitdem sie bei ihm ist, ist ihm noch schwerer beizukommen,
als sonst, setzte er hinzu, und treibt er sein Wesen noch ärger als
früher. — Weiter konnte ich nicht hören, denn ich eilte, Zerina ein¬
zuholen, doch machten mir die Worte der Offiziere manches Beden¬
ken. Die Begleiterin Zerina's war ein altes, dickes, schwarzes Weib,
mit glühenden, etwas gemeinen Augen und unendlich langer Nase.
Sie machte ein strenges Duennengestcht und ich wußte nicht, ob ich
es wagen könne, mich zu nähern. Darum kam ich ihnen mit gleich-
giltiger Geberde entgegen und wollte an Zerina's Mienen erkennen,
ob ich mich ihr nähern dürfe. Aber schon aus der Ferne lachte sie
mir freundlich entgegen und als ich mich näherte, hing sie plötzlich an
meinem Arme, ohne sich um die Duenna zu kümmern, die uns lächelnd
zusah.

— Ach der Tano ist wüthend, lachte Zerina lind wenn er Dich trifft,
kann es Dir schlecht gehen.

— Wer ist Tano? fragte ich.

— Nun, Gaetano Quitti, mein treuer Geliebter, rief sie ausgelassen,
den Du heute Morgen gesehen hast. Er sticht gut, der Tano, er ist
eine Schlange, der Tano, hüte Dich vor ihm, Du guter Deutscher,
rief sie immer lachend und schlug mich mit ihrem Sonnenschirm. Er
hat mich geschlagen aus Eisersucht, lachte sie weiter, und Dich wird
er ermorden. Er ist stark, wie ein Riese, der Tano, der dumme Tano.

— Wer ist er aber, dieser Tano? fragte ich weiter.

— Ein Lump ist er, ein Pferdehändler, ein Schmuggler, ein Narr,
ein verliebter Narr, der einmal hängen wird, denn er ist dumm, un¬
geheuer dumm, rief sie und lachte so ausgelassen, daß die Spazier¬
gänger sich verwundert umsahen.

So lachend und unter dem beständigen Rufe: der Tano ist wüthend,
oder der Tano wäre wüthend, wenn er wüßte, — führte mich Zerina
bis vor die Arena. Die Musik scholl wild und lockend heraus und
die alte Dame begann die Herrlichkeiten zu preisen, die darin zu sehen
wären.

— Wollen Sie vielleicht hinein, Signora? fragte ich, so bitte ich,
sich nicht zu gemren.


Srtnzvot-N. it. ISiv. 55
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[0441] einer alten Matrone, nicht zwanzig Schritte weit an mir vorüber. Während ich mich beeilte, meinen Sorbetto zu bezahlen, sprachen die Offiziere noch von Zcrina. — Sie soll die Braut des Gaetano Quitti sein? fragte der Eine. — Ja, und seine Helfershelferin, antwortete ein Anderer. Seitdem sie bei ihm ist, ist ihm noch schwerer beizukommen, als sonst, setzte er hinzu, und treibt er sein Wesen noch ärger als früher. — Weiter konnte ich nicht hören, denn ich eilte, Zerina ein¬ zuholen, doch machten mir die Worte der Offiziere manches Beden¬ ken. Die Begleiterin Zerina's war ein altes, dickes, schwarzes Weib, mit glühenden, etwas gemeinen Augen und unendlich langer Nase. Sie machte ein strenges Duennengestcht und ich wußte nicht, ob ich es wagen könne, mich zu nähern. Darum kam ich ihnen mit gleich- giltiger Geberde entgegen und wollte an Zerina's Mienen erkennen, ob ich mich ihr nähern dürfe. Aber schon aus der Ferne lachte sie mir freundlich entgegen und als ich mich näherte, hing sie plötzlich an meinem Arme, ohne sich um die Duenna zu kümmern, die uns lächelnd zusah. — Ach der Tano ist wüthend, lachte Zerina lind wenn er Dich trifft, kann es Dir schlecht gehen. — Wer ist Tano? fragte ich. — Nun, Gaetano Quitti, mein treuer Geliebter, rief sie ausgelassen, den Du heute Morgen gesehen hast. Er sticht gut, der Tano, er ist eine Schlange, der Tano, hüte Dich vor ihm, Du guter Deutscher, rief sie immer lachend und schlug mich mit ihrem Sonnenschirm. Er hat mich geschlagen aus Eisersucht, lachte sie weiter, und Dich wird er ermorden. Er ist stark, wie ein Riese, der Tano, der dumme Tano. — Wer ist er aber, dieser Tano? fragte ich weiter. — Ein Lump ist er, ein Pferdehändler, ein Schmuggler, ein Narr, ein verliebter Narr, der einmal hängen wird, denn er ist dumm, un¬ geheuer dumm, rief sie und lachte so ausgelassen, daß die Spazier¬ gänger sich verwundert umsahen. So lachend und unter dem beständigen Rufe: der Tano ist wüthend, oder der Tano wäre wüthend, wenn er wüßte, — führte mich Zerina bis vor die Arena. Die Musik scholl wild und lockend heraus und die alte Dame begann die Herrlichkeiten zu preisen, die darin zu sehen wären. — Wollen Sie vielleicht hinein, Signora? fragte ich, so bitte ich, sich nicht zu gemren. Srtnzvot-N. it. ISiv. 55

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/441>, abgerufen am 24.11.2024.