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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Hier liegt ein aufgeschlagenes Buch mit großen und wichtigen
Räthseln vor uns! Wie kommt es, daß die Provinz Posen so reich an
blutigen Verbrechen ist, während die Rheinprovinz hierin so günstig
dasteht? Daß in Pommern so viele fleischliche Verbrechen, dagegen so
wenig Fälle von Mord, Todtschlag und Kindermord zur Untersuchung
gekommen? Daß die Provinz Brandenburg mit dem Marimum an
Selbstmorden, das aus seiner großen Hauptstadt Berlin erklärt scheint,
trotz eben dieser Hauptstadt doch nur verhältnißmäßig weniger Morde,
Kindermorde und Verbrechen gegen die Sittlichkeit zählt? Wir wollen
es versuchen, der Lösung dieser Fragen näher zu treten.

Als anscheinend wichtigstes Element drängt sich zunächst der Ein¬
fluß der Verbreitung des Unterrichts in einer Bevölkerung
auf. Wie oft ist es gesagt worden: "unterrichtet, bildet das Volk,
und Ihr werdet es vor Verbrechen bewahren; mit jeder Dorfschule,
die Ihr eröffnet, schließt Ihr ein Polizeiamt, ein Criminalgericht. Un¬
kultur erzeugt Rohheit, Rohheit Verbrechen." Aber dies erhebend klin¬
gende Schiboleth entbehrt leider! der innern Wahrheit, wie schon An¬
dere vor mir, die demselben forschend nahe getreten, behauptet haben,
und wie ich sogleich, zu eignem Bedauern, beweisen werde. Quete-
let *) hat, nach den amtlichen Criminalberichten an den König von
Frankreich für das Jahr 1829, die die Angeschuldigten und vor die



*) 8"r 1'Hommk. Paris, 1835. II. S. 181.

Hier liegt ein aufgeschlagenes Buch mit großen und wichtigen
Räthseln vor uns! Wie kommt es, daß die Provinz Posen so reich an
blutigen Verbrechen ist, während die Rheinprovinz hierin so günstig
dasteht? Daß in Pommern so viele fleischliche Verbrechen, dagegen so
wenig Fälle von Mord, Todtschlag und Kindermord zur Untersuchung
gekommen? Daß die Provinz Brandenburg mit dem Marimum an
Selbstmorden, das aus seiner großen Hauptstadt Berlin erklärt scheint,
trotz eben dieser Hauptstadt doch nur verhältnißmäßig weniger Morde,
Kindermorde und Verbrechen gegen die Sittlichkeit zählt? Wir wollen
es versuchen, der Lösung dieser Fragen näher zu treten.

Als anscheinend wichtigstes Element drängt sich zunächst der Ein¬
fluß der Verbreitung des Unterrichts in einer Bevölkerung
auf. Wie oft ist es gesagt worden: „unterrichtet, bildet das Volk,
und Ihr werdet es vor Verbrechen bewahren; mit jeder Dorfschule,
die Ihr eröffnet, schließt Ihr ein Polizeiamt, ein Criminalgericht. Un¬
kultur erzeugt Rohheit, Rohheit Verbrechen." Aber dies erhebend klin¬
gende Schiboleth entbehrt leider! der innern Wahrheit, wie schon An¬
dere vor mir, die demselben forschend nahe getreten, behauptet haben,
und wie ich sogleich, zu eignem Bedauern, beweisen werde. Quete-
let *) hat, nach den amtlichen Criminalberichten an den König von
Frankreich für das Jahr 1829, die die Angeschuldigten und vor die



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/423>, abgerufen am 24.11.2024.