Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.der Reitknecht auf dem Pony aus, so war die gräfliche Familie wie¬ Selbst die Offiziere des Bataillons, welches in der kleinen Stadt Mit dieser angenehmen Belustigung waren einige derselben am Aber plötzlich klangen in der Stadt die wohlbekannten, langge¬ der Reitknecht auf dem Pony aus, so war die gräfliche Familie wie¬ Selbst die Offiziere des Bataillons, welches in der kleinen Stadt Mit dieser angenehmen Belustigung waren einige derselben am Aber plötzlich klangen in der Stadt die wohlbekannten, langge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182581"/> <p xml:id="ID_429" prev="#ID_428"> der Reitknecht auf dem Pony aus, so war die gräfliche Familie wie¬<lb/> der abgereist.</p><lb/> <p xml:id="ID_430"> Selbst die Offiziere des Bataillons, welches in der kleinen Stadt<lb/> garnisonirte, hatten vergeblich gesucht, Eintritt in das Haus des Gra¬<lb/> fen zu erlangen. Die Meisten waren doch, wenn auch von niederm<lb/> Adel, durch Geburt courfähig. Aber sie hatten zum Theil eine, nach dem<lb/> ihnen unbekannten Styl des Hauses unpassende Visitenstunde gewählt<lb/> und waren mit dem für Kleinstädter beleidigenden Bescheide abgewie¬<lb/> sen worden: die Gräfin empfange nicht — oder sie hatten allerdings<lb/> die alte Gräfin gesehen, mit der sich eine höchst fließende Conversa-<lb/> tion pflog, aber die beiden blendend schonen Töchter, die Mancher<lb/> schon in der Residenz von fern bewundert hatte, kamen nicht zum<lb/> Vorschein, und auf eine Einladung, die sonst reif in den Schooß fal¬<lb/> lende Frucht jeder Visite, warteten Alle vergebens. Der Graf sandte ihnen<lb/> wieder seine Karte, damit war es abgemacht. Welche Loblieder ihm<lb/> dafür an der gemeinschaftlichen Mittagstafel der Offiziere gesungen<lb/> wurden, erfuhr er nicht, und kümmerte sich auch nicht darum. Was<lb/> man von den jungen Damen einzig erblickte, das waren ihre schlan¬<lb/> ken Gestalten über das Wasser herüber, wenn sie im Park, an dessen<lb/> äußerste Terrasse der See stieß, lustwandelten. Sie pflegten zu gewis¬<lb/> sen Stunden dort zu erscheinen lind wenn es den jüngern Herren nicht<lb/> an Zeit fehlte, so legten sie sich gegenüber auf die Fernsicht, woher<lb/> ein schönes Glas von Ramsden, das Einer von seinem Vater geerbt<lb/> hatte, vielfach in Anspruch genommen wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_431"> Mit dieser angenehmen Belustigung waren einige derselben am<lb/> See, durch Gebüsch gedeckt, damit sie nicht von jenseit gesehen und indis-<lb/> cret gescholten werden konnten. Sie fanden die Figur besonders der jüng¬<lb/> sten Gräfin „famos" und „maAniperbe", welche geistreiche Contraction<lb/> zweier Eigenschaftswörter einer von ihnen erfunden hatte und ein Pa¬<lb/> tent darauf zu nehmen gedachte, um sie als Modeartikel in Cours zu<lb/> bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_432"> Aber plötzlich klangen in der Stadt die wohlbekannten, langge¬<lb/> haltenen Töne der Signalhörner, welche die Garnison unter die Waf¬<lb/> fen riefen. Die Offiziere stutzten, wunderten sich, was dieser unge¬<lb/> wöhnliche Generalmarsch bedeute, und eilte dem Thore zu. Aus al¬<lb/> len Häusern stürzten die Soldaten schon mit Sack und Pack, schleu¬<lb/> nigst gerüstet. Kaum war das Bataillon nothdürftig zusammen, so<lb/> erhielt eine Compagnie Befehl zum Abmarsch und ihr Chef eine ge¬<lb/> heime und genaue Instruction. Die übrigen blieben vorläufig stehen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
der Reitknecht auf dem Pony aus, so war die gräfliche Familie wie¬
der abgereist.
Selbst die Offiziere des Bataillons, welches in der kleinen Stadt
garnisonirte, hatten vergeblich gesucht, Eintritt in das Haus des Gra¬
fen zu erlangen. Die Meisten waren doch, wenn auch von niederm
Adel, durch Geburt courfähig. Aber sie hatten zum Theil eine, nach dem
ihnen unbekannten Styl des Hauses unpassende Visitenstunde gewählt
und waren mit dem für Kleinstädter beleidigenden Bescheide abgewie¬
sen worden: die Gräfin empfange nicht — oder sie hatten allerdings
die alte Gräfin gesehen, mit der sich eine höchst fließende Conversa-
tion pflog, aber die beiden blendend schonen Töchter, die Mancher
schon in der Residenz von fern bewundert hatte, kamen nicht zum
Vorschein, und auf eine Einladung, die sonst reif in den Schooß fal¬
lende Frucht jeder Visite, warteten Alle vergebens. Der Graf sandte ihnen
wieder seine Karte, damit war es abgemacht. Welche Loblieder ihm
dafür an der gemeinschaftlichen Mittagstafel der Offiziere gesungen
wurden, erfuhr er nicht, und kümmerte sich auch nicht darum. Was
man von den jungen Damen einzig erblickte, das waren ihre schlan¬
ken Gestalten über das Wasser herüber, wenn sie im Park, an dessen
äußerste Terrasse der See stieß, lustwandelten. Sie pflegten zu gewis¬
sen Stunden dort zu erscheinen lind wenn es den jüngern Herren nicht
an Zeit fehlte, so legten sie sich gegenüber auf die Fernsicht, woher
ein schönes Glas von Ramsden, das Einer von seinem Vater geerbt
hatte, vielfach in Anspruch genommen wurde.
Mit dieser angenehmen Belustigung waren einige derselben am
See, durch Gebüsch gedeckt, damit sie nicht von jenseit gesehen und indis-
cret gescholten werden konnten. Sie fanden die Figur besonders der jüng¬
sten Gräfin „famos" und „maAniperbe", welche geistreiche Contraction
zweier Eigenschaftswörter einer von ihnen erfunden hatte und ein Pa¬
tent darauf zu nehmen gedachte, um sie als Modeartikel in Cours zu
bringen.
Aber plötzlich klangen in der Stadt die wohlbekannten, langge¬
haltenen Töne der Signalhörner, welche die Garnison unter die Waf¬
fen riefen. Die Offiziere stutzten, wunderten sich, was dieser unge¬
wöhnliche Generalmarsch bedeute, und eilte dem Thore zu. Aus al¬
len Häusern stürzten die Soldaten schon mit Sack und Pack, schleu¬
nigst gerüstet. Kaum war das Bataillon nothdürftig zusammen, so
erhielt eine Compagnie Befehl zum Abmarsch und ihr Chef eine ge¬
heime und genaue Instruction. Die übrigen blieben vorläufig stehen.
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