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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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führung ihres Planes zu beschleunigen, um den Behörden keine
Zeit zu lassen sich auf den projectirten Angriff vorzubereiten. Einige
von ihnen begaben sich zuerst nach Pilsno, wo sie den, als der
österreichischen Sache ergeben bekannten Bürgermeister grausam er¬
mordeten, Postpferde reauirirten und dann nach Lissa-Gura aufbra¬
chen, wo eine größere Zahl bewaffneter Insurgenten, Edelleute mit
ihrem Anhange, Verwalter und einige Gewordene sie erwarteten.
Dort waren auch die Bauern, unter dem Vorwande irgend einer
Dominicalleistung in Masse hingestellt. Aber schon von vornherein
durch diese bereits länger dauernden Umtriebe beunruhigt und durch
die Plünderung und Mord fürchtenden Juden angestiftet, hatten
sich die Landleute nach Tarnow begeben und um Schutz und mili¬
tärische Assistenz gebeten. Doch die Zahl der Truppen war zu ge¬
ring, um Tarnow zu entblößen, und es ward den Bauern der Be¬
scheid: "nach Möglichkeit sich von allen diesen Umtrieben fern zu
halten und im Nothfalle es zu versuchen, gewaltsamen Maßregeln
mit Gewalt sich zu widersetzen."

Die Aufrührer versuchten anfangs, die versammelte Masse des
Landvolkes durch Ueberredung und Versprechungen von Aufhe¬
ben der Dominicalleistungen und sonstigen Lasten zu gewinnen und
zur Mithülfe zu bewegen. Eben so fruchtlos wandten die anwe¬
senden Geistlichen ihren Einfluß daran, im Namen der nach ihrer
Aussage unterdrückten Religion, die Bauern in Bewegung zu setzen.
Einige ausgediente Kapitulanten und ein paar alte Ortörichter
nahmen das Wort und verweigerten im Namen ihrer Genossen
jede thätige Mitwirkung zu einem Aufstände gegen "den guten
Kaiser". -- Da wollten die Insurgenten terroristische Maßregeln
anwenden und einer derselben, ich glaube, es war der Graf W.,
zog die Pistole aus dem Gürtel und schoß den "Raisonneur" wie
er ihn nannte vor den Kopf. Ein anderer Verschworener feuerte
sein Doppelgewehr auf den Bauernhäuser ab. Dies war das
Signal zu der Reaction. Die Bauern, statt sich erschrecken und
imponiren zu lassen, fielen über die Verschworenen her, erschlugen
ihrer 26 auf der Stelle und trieben die andern auf den Edelhof.
wo sie sich vertheidigten, indem sie aus den Fenstern heraus feuer¬
ten. Bald aber erschien die von Tarnow entsendete Escadron des
Grafen Thurn von Kaiser Chevamlegers und nahm die noch ver-


Crenztoten, Isi". II. 14

führung ihres Planes zu beschleunigen, um den Behörden keine
Zeit zu lassen sich auf den projectirten Angriff vorzubereiten. Einige
von ihnen begaben sich zuerst nach Pilsno, wo sie den, als der
österreichischen Sache ergeben bekannten Bürgermeister grausam er¬
mordeten, Postpferde reauirirten und dann nach Lissa-Gura aufbra¬
chen, wo eine größere Zahl bewaffneter Insurgenten, Edelleute mit
ihrem Anhange, Verwalter und einige Gewordene sie erwarteten.
Dort waren auch die Bauern, unter dem Vorwande irgend einer
Dominicalleistung in Masse hingestellt. Aber schon von vornherein
durch diese bereits länger dauernden Umtriebe beunruhigt und durch
die Plünderung und Mord fürchtenden Juden angestiftet, hatten
sich die Landleute nach Tarnow begeben und um Schutz und mili¬
tärische Assistenz gebeten. Doch die Zahl der Truppen war zu ge¬
ring, um Tarnow zu entblößen, und es ward den Bauern der Be¬
scheid: „nach Möglichkeit sich von allen diesen Umtrieben fern zu
halten und im Nothfalle es zu versuchen, gewaltsamen Maßregeln
mit Gewalt sich zu widersetzen."

Die Aufrührer versuchten anfangs, die versammelte Masse des
Landvolkes durch Ueberredung und Versprechungen von Aufhe¬
ben der Dominicalleistungen und sonstigen Lasten zu gewinnen und
zur Mithülfe zu bewegen. Eben so fruchtlos wandten die anwe¬
senden Geistlichen ihren Einfluß daran, im Namen der nach ihrer
Aussage unterdrückten Religion, die Bauern in Bewegung zu setzen.
Einige ausgediente Kapitulanten und ein paar alte Ortörichter
nahmen das Wort und verweigerten im Namen ihrer Genossen
jede thätige Mitwirkung zu einem Aufstände gegen „den guten
Kaiser". — Da wollten die Insurgenten terroristische Maßregeln
anwenden und einer derselben, ich glaube, es war der Graf W.,
zog die Pistole aus dem Gürtel und schoß den „Raisonneur" wie
er ihn nannte vor den Kopf. Ein anderer Verschworener feuerte
sein Doppelgewehr auf den Bauernhäuser ab. Dies war das
Signal zu der Reaction. Die Bauern, statt sich erschrecken und
imponiren zu lassen, fielen über die Verschworenen her, erschlugen
ihrer 26 auf der Stelle und trieben die andern auf den Edelhof.
wo sie sich vertheidigten, indem sie aus den Fenstern heraus feuer¬
ten. Bald aber erschien die von Tarnow entsendete Escadron des
Grafen Thurn von Kaiser Chevamlegers und nahm die noch ver-


Crenztoten, Isi«. II. 14
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[0117] führung ihres Planes zu beschleunigen, um den Behörden keine Zeit zu lassen sich auf den projectirten Angriff vorzubereiten. Einige von ihnen begaben sich zuerst nach Pilsno, wo sie den, als der österreichischen Sache ergeben bekannten Bürgermeister grausam er¬ mordeten, Postpferde reauirirten und dann nach Lissa-Gura aufbra¬ chen, wo eine größere Zahl bewaffneter Insurgenten, Edelleute mit ihrem Anhange, Verwalter und einige Gewordene sie erwarteten. Dort waren auch die Bauern, unter dem Vorwande irgend einer Dominicalleistung in Masse hingestellt. Aber schon von vornherein durch diese bereits länger dauernden Umtriebe beunruhigt und durch die Plünderung und Mord fürchtenden Juden angestiftet, hatten sich die Landleute nach Tarnow begeben und um Schutz und mili¬ tärische Assistenz gebeten. Doch die Zahl der Truppen war zu ge¬ ring, um Tarnow zu entblößen, und es ward den Bauern der Be¬ scheid: „nach Möglichkeit sich von allen diesen Umtrieben fern zu halten und im Nothfalle es zu versuchen, gewaltsamen Maßregeln mit Gewalt sich zu widersetzen." Die Aufrührer versuchten anfangs, die versammelte Masse des Landvolkes durch Ueberredung und Versprechungen von Aufhe¬ ben der Dominicalleistungen und sonstigen Lasten zu gewinnen und zur Mithülfe zu bewegen. Eben so fruchtlos wandten die anwe¬ senden Geistlichen ihren Einfluß daran, im Namen der nach ihrer Aussage unterdrückten Religion, die Bauern in Bewegung zu setzen. Einige ausgediente Kapitulanten und ein paar alte Ortörichter nahmen das Wort und verweigerten im Namen ihrer Genossen jede thätige Mitwirkung zu einem Aufstände gegen „den guten Kaiser". — Da wollten die Insurgenten terroristische Maßregeln anwenden und einer derselben, ich glaube, es war der Graf W., zog die Pistole aus dem Gürtel und schoß den „Raisonneur" wie er ihn nannte vor den Kopf. Ein anderer Verschworener feuerte sein Doppelgewehr auf den Bauernhäuser ab. Dies war das Signal zu der Reaction. Die Bauern, statt sich erschrecken und imponiren zu lassen, fielen über die Verschworenen her, erschlugen ihrer 26 auf der Stelle und trieben die andern auf den Edelhof. wo sie sich vertheidigten, indem sie aus den Fenstern heraus feuer¬ ten. Bald aber erschien die von Tarnow entsendete Escadron des Grafen Thurn von Kaiser Chevamlegers und nahm die noch ver- Crenztoten, Isi«. II. 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/117>, abgerufen am 24.11.2024.