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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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führte Beruf auch mit dem Richtcramte in Angelegenheiten der vertretenen
Partei vereinbarlich sei, ohne der strengen Gerechtigkeit und Unbefangen¬
heit nahe zu treten, deren Behauptung die allerhöchsten Entschließungen
vom 24. Juli 482 l und vom 24. Februar 1835 einzuschärfen sächlich
erachteten.

Eine lange Erfahrung, ruhig und von allen Seiten geprüft, muß
Aufschluß geben über die Art und Weise, wie diese psychologisch schwie¬
rige Aufgabe gegenwartig gelöset wird.

Ew. Majestät treugehorsamste Stande müssen die unterthänigste
Bitte stellen, diese Frage der Allerhöchsten Erwägung zu umerziehen,
zugleich aber zu gestatten, daß hierbei auch die Ansichten und Behelfe der
treugehorsamsten Stände berücksichtigt werden, welche sich vorläufig
dahin unverholen äußern müssen, daß sich im Allgemeinen bei den Kreis-
amtern durch die ihnen vor Allem am Herzen liegende Vertretung der
Unterthanen, Voraussetzungen und Grundsätze herangebildet haben, welche
für die unbefangene und gerechte Ausübung ihres Richteramtcs ernstliche
Bedenken erwecken.

Die Kreisämter haben nämlich die Meinung gefaßt, daß die Unter¬
thanen durch die Dominien gedrückt sind und daß ihre Erleichterung in
allen Wegen geboten ist. Sie glauben für jede Urbarial- oder sonstige
Anforderung der Dominien an Unterthanen, wenn auch von letzteren
die Rechtmäßigkeit des Anspruches anerkannt wird, die genauesten Nach¬
weisungen des Rechtes verlangen und neue von den Unterthanen frei¬
willig angebotene Urbarialleistungen verweigern zu müssen -- sie glauben
gütliche Zugeständnisse der Dominien, sobald sie einige Zeit währten, als
Schuldigkeit, die Eingriffe der Unterthanen dagegen in das herrschaftliche
Eigenthum, namentlich den Waldfrevel, mit der größten Milde und
Nachsicht behandeln zu müssen -- sie glauben ihre vorgefaßte Meinung
auch bei jeder Gelegenheit auf schonungslose Weise aussprechen zu müssen,
und alle diese Ansichten sind so mächtig, daß die Folgen übersehen wer¬
den, welche nicht zu vermeiden sind, wenn das Mißtrauen der Unter¬
thanen dadurch fortwährend angeregt wird, daß die Dominien nur als
ihre Bedrücker dargestellt werden, und wenn die Achtung für das Eigen¬
thum, für die Rechte und für die Stellung der Herrschaften aufge¬
hoben wird.

Ew. Majestät treugehorsamste Stände verkennen nicht die weise
Sorgfalt, die für die Sicherstellung aller Rechte durch die Möglichkeit
der Berufung an die höheren und höchsten Instanzen vorgedacht hat;
allein abgesehen davon, daß bei den hier besprochenen Angelegenheiten
die sonst so ersprießliche Einrichtung stufenweiser Beförderung der bei den
llnterbchörden herangebildeten Staatsdiener auf das Schicksal der Do¬
minien ungünstig einwirkt, und abgesehen von der wohlbegründeten Ma¬
xime, den Entscheidungen der Unterbehörden zur Wahrung ihres An¬
sehens und Vertrauens nur in aufliegenden Fällen zu widersprechen, so
können sie rücksichtlich einer nicht ganz unparteilichen Beurtheilung ihrer
Dominicalbesugnisse auch in höherer Sphäre den Umstand nicht uner-


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führte Beruf auch mit dem Richtcramte in Angelegenheiten der vertretenen
Partei vereinbarlich sei, ohne der strengen Gerechtigkeit und Unbefangen¬
heit nahe zu treten, deren Behauptung die allerhöchsten Entschließungen
vom 24. Juli 482 l und vom 24. Februar 1835 einzuschärfen sächlich
erachteten.

Eine lange Erfahrung, ruhig und von allen Seiten geprüft, muß
Aufschluß geben über die Art und Weise, wie diese psychologisch schwie¬
rige Aufgabe gegenwartig gelöset wird.

Ew. Majestät treugehorsamste Stande müssen die unterthänigste
Bitte stellen, diese Frage der Allerhöchsten Erwägung zu umerziehen,
zugleich aber zu gestatten, daß hierbei auch die Ansichten und Behelfe der
treugehorsamsten Stände berücksichtigt werden, welche sich vorläufig
dahin unverholen äußern müssen, daß sich im Allgemeinen bei den Kreis-
amtern durch die ihnen vor Allem am Herzen liegende Vertretung der
Unterthanen, Voraussetzungen und Grundsätze herangebildet haben, welche
für die unbefangene und gerechte Ausübung ihres Richteramtcs ernstliche
Bedenken erwecken.

Die Kreisämter haben nämlich die Meinung gefaßt, daß die Unter¬
thanen durch die Dominien gedrückt sind und daß ihre Erleichterung in
allen Wegen geboten ist. Sie glauben für jede Urbarial- oder sonstige
Anforderung der Dominien an Unterthanen, wenn auch von letzteren
die Rechtmäßigkeit des Anspruches anerkannt wird, die genauesten Nach¬
weisungen des Rechtes verlangen und neue von den Unterthanen frei¬
willig angebotene Urbarialleistungen verweigern zu müssen — sie glauben
gütliche Zugeständnisse der Dominien, sobald sie einige Zeit währten, als
Schuldigkeit, die Eingriffe der Unterthanen dagegen in das herrschaftliche
Eigenthum, namentlich den Waldfrevel, mit der größten Milde und
Nachsicht behandeln zu müssen — sie glauben ihre vorgefaßte Meinung
auch bei jeder Gelegenheit auf schonungslose Weise aussprechen zu müssen,
und alle diese Ansichten sind so mächtig, daß die Folgen übersehen wer¬
den, welche nicht zu vermeiden sind, wenn das Mißtrauen der Unter¬
thanen dadurch fortwährend angeregt wird, daß die Dominien nur als
ihre Bedrücker dargestellt werden, und wenn die Achtung für das Eigen¬
thum, für die Rechte und für die Stellung der Herrschaften aufge¬
hoben wird.

Ew. Majestät treugehorsamste Stände verkennen nicht die weise
Sorgfalt, die für die Sicherstellung aller Rechte durch die Möglichkeit
der Berufung an die höheren und höchsten Instanzen vorgedacht hat;
allein abgesehen davon, daß bei den hier besprochenen Angelegenheiten
die sonst so ersprießliche Einrichtung stufenweiser Beförderung der bei den
llnterbchörden herangebildeten Staatsdiener auf das Schicksal der Do¬
minien ungünstig einwirkt, und abgesehen von der wohlbegründeten Ma¬
xime, den Entscheidungen der Unterbehörden zur Wahrung ihres An¬
sehens und Vertrauens nur in aufliegenden Fällen zu widersprechen, so
können sie rücksichtlich einer nicht ganz unparteilichen Beurtheilung ihrer
Dominicalbesugnisse auch in höherer Sphäre den Umstand nicht uner-


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[0499] führte Beruf auch mit dem Richtcramte in Angelegenheiten der vertretenen Partei vereinbarlich sei, ohne der strengen Gerechtigkeit und Unbefangen¬ heit nahe zu treten, deren Behauptung die allerhöchsten Entschließungen vom 24. Juli 482 l und vom 24. Februar 1835 einzuschärfen sächlich erachteten. Eine lange Erfahrung, ruhig und von allen Seiten geprüft, muß Aufschluß geben über die Art und Weise, wie diese psychologisch schwie¬ rige Aufgabe gegenwartig gelöset wird. Ew. Majestät treugehorsamste Stande müssen die unterthänigste Bitte stellen, diese Frage der Allerhöchsten Erwägung zu umerziehen, zugleich aber zu gestatten, daß hierbei auch die Ansichten und Behelfe der treugehorsamsten Stände berücksichtigt werden, welche sich vorläufig dahin unverholen äußern müssen, daß sich im Allgemeinen bei den Kreis- amtern durch die ihnen vor Allem am Herzen liegende Vertretung der Unterthanen, Voraussetzungen und Grundsätze herangebildet haben, welche für die unbefangene und gerechte Ausübung ihres Richteramtcs ernstliche Bedenken erwecken. Die Kreisämter haben nämlich die Meinung gefaßt, daß die Unter¬ thanen durch die Dominien gedrückt sind und daß ihre Erleichterung in allen Wegen geboten ist. Sie glauben für jede Urbarial- oder sonstige Anforderung der Dominien an Unterthanen, wenn auch von letzteren die Rechtmäßigkeit des Anspruches anerkannt wird, die genauesten Nach¬ weisungen des Rechtes verlangen und neue von den Unterthanen frei¬ willig angebotene Urbarialleistungen verweigern zu müssen — sie glauben gütliche Zugeständnisse der Dominien, sobald sie einige Zeit währten, als Schuldigkeit, die Eingriffe der Unterthanen dagegen in das herrschaftliche Eigenthum, namentlich den Waldfrevel, mit der größten Milde und Nachsicht behandeln zu müssen — sie glauben ihre vorgefaßte Meinung auch bei jeder Gelegenheit auf schonungslose Weise aussprechen zu müssen, und alle diese Ansichten sind so mächtig, daß die Folgen übersehen wer¬ den, welche nicht zu vermeiden sind, wenn das Mißtrauen der Unter¬ thanen dadurch fortwährend angeregt wird, daß die Dominien nur als ihre Bedrücker dargestellt werden, und wenn die Achtung für das Eigen¬ thum, für die Rechte und für die Stellung der Herrschaften aufge¬ hoben wird. Ew. Majestät treugehorsamste Stände verkennen nicht die weise Sorgfalt, die für die Sicherstellung aller Rechte durch die Möglichkeit der Berufung an die höheren und höchsten Instanzen vorgedacht hat; allein abgesehen davon, daß bei den hier besprochenen Angelegenheiten die sonst so ersprießliche Einrichtung stufenweiser Beförderung der bei den llnterbchörden herangebildeten Staatsdiener auf das Schicksal der Do¬ minien ungünstig einwirkt, und abgesehen von der wohlbegründeten Ma¬ xime, den Entscheidungen der Unterbehörden zur Wahrung ihres An¬ sehens und Vertrauens nur in aufliegenden Fällen zu widersprechen, so können sie rücksichtlich einer nicht ganz unparteilichen Beurtheilung ihrer Dominicalbesugnisse auch in höherer Sphäre den Umstand nicht uner- 66-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/499>, abgerufen am 24.07.2024.