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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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zu befördern unablässig bemüht sind, wird diese Mittel nicht verkennen,
und daher auch die Bereitwilligkeit der treugehorsamsten Stände zur pflicht¬
schuldigen Leistung des ständischen Veirathes in den von Sr. Majestät
Kaiser Leopold II. bezeichneten, verfassungsmäßigen Grenzen, mit jenem
gnädigen Wohlgefallen aufnehmen, das sie zur glücklichen Lösung der
schwierigen Aufgabe ermuthigen und aneifern wird.

Ew. Majestät werden aber zugleich die Ueberzeugung fassen, daß die
treugehorsamsten Stände bei Erstattung ihrer allentnlhnnigsten Landtags¬
erklärung vom 16. September 1844 schon tuend obberührten Erlaß der
vereinigten Hofkanzlei vollkommen gegründete Veranlassung hatten, die
Gefühle tiefster Bekümmerniß auszudrücken, über den Mangel an Geltung
in einem Grade, der ihre Wirksamkeit lähmt, und sie zu einer Schein¬
existenz verurtheilt.

Dieser Beleg indessen, wenngleich der schlagendste, ist nicht der
einzige, welchen Euer Majestät treugehorsamste Stande zur Begründung
ihrer Behauptung vorzubringen haben, sie müssen als eine weitere Ent-
muthigung und Beseitigung ständischer Activität auch die ungewöhn¬
liche Verzögerung in Erledigung der meisten und gerade der wichtigeren
Vorstellungen und Eingaben der Stände bedauern.

Sie haben in ihrem Hofberichte vom 21. März d. I. Z. 4191 vor¬
läufig die wichtigeren Vorstellungen namhaft gemacht, welche seit dem
Jahre 4835 der Erledigung entgegen sehen, und indem sie sich zur Ver¬
meidung von Weitläufigkeiten auf den Inhalt dieses Hofbcrichtes be¬
rufen, wagen sie die freimüthige Bemerkung, daß eine solche mehrjährige
Vertagung ständischer Eingaben in den meisten Fällen einer vorausbe¬
stimmten gewissen Verwerfung gleichgestellt werden kann.

Diese Eingaben betreffen nämlich entweder Vorstellungen gegen
legislative und administrative bereits erlassene Verfügungen, oder An¬
träge im Interesse der Provinz und einzelner Stände. Durch den Ver¬
lauf von Jahren werden erstere der Berücksichtigung schon deshalb ent¬
zogen, weil die beschwerten Verfügungen inzwischen eine so allgemeine
Anwendung gefunden haben, daß ihre Abänderung, wenn sie auch noch
so zweckmäßig oder billig erschiene, schon wegen einer oft bedenklichen
Störung des festgestellten factischen Zustandes unmöglich oder schwierig
geworden ist; letztere aber verlieren durch die bis zu ihrer Erledigung
eingetretenen Aenderung der Verhältnisse und zugewachsenen Bedürfnisse
allen höheren Werth; oder finden den zur Ausführung nöthigen Eifer
bereits erstorben.

Ew. Majestät treugehorsamste Stände können zwar nicht behaup¬
ten, daß diese Eingaben als lästige Beseitigungen und unberufene Ein¬
mischungen betrachtet werden -- allein sie müssen dies auch aus dem
weiteren Grunde besorgen, weil sie in dem Inhalte der endlichen Erle¬
digungen allen guten Willen einer gründlichen Belehrung oder Zurecht¬
weisung und einer klaren Verständigung oder Anleitung vermissen --
weil eine nähere Begründung der Entscheidungen --- dieser loyale Grund¬
satz der österreichischen Regierung -- auf die Stände selten Anwendung


zu befördern unablässig bemüht sind, wird diese Mittel nicht verkennen,
und daher auch die Bereitwilligkeit der treugehorsamsten Stände zur pflicht¬
schuldigen Leistung des ständischen Veirathes in den von Sr. Majestät
Kaiser Leopold II. bezeichneten, verfassungsmäßigen Grenzen, mit jenem
gnädigen Wohlgefallen aufnehmen, das sie zur glücklichen Lösung der
schwierigen Aufgabe ermuthigen und aneifern wird.

Ew. Majestät werden aber zugleich die Ueberzeugung fassen, daß die
treugehorsamsten Stände bei Erstattung ihrer allentnlhnnigsten Landtags¬
erklärung vom 16. September 1844 schon tuend obberührten Erlaß der
vereinigten Hofkanzlei vollkommen gegründete Veranlassung hatten, die
Gefühle tiefster Bekümmerniß auszudrücken, über den Mangel an Geltung
in einem Grade, der ihre Wirksamkeit lähmt, und sie zu einer Schein¬
existenz verurtheilt.

Dieser Beleg indessen, wenngleich der schlagendste, ist nicht der
einzige, welchen Euer Majestät treugehorsamste Stande zur Begründung
ihrer Behauptung vorzubringen haben, sie müssen als eine weitere Ent-
muthigung und Beseitigung ständischer Activität auch die ungewöhn¬
liche Verzögerung in Erledigung der meisten und gerade der wichtigeren
Vorstellungen und Eingaben der Stände bedauern.

Sie haben in ihrem Hofberichte vom 21. März d. I. Z. 4191 vor¬
läufig die wichtigeren Vorstellungen namhaft gemacht, welche seit dem
Jahre 4835 der Erledigung entgegen sehen, und indem sie sich zur Ver¬
meidung von Weitläufigkeiten auf den Inhalt dieses Hofbcrichtes be¬
rufen, wagen sie die freimüthige Bemerkung, daß eine solche mehrjährige
Vertagung ständischer Eingaben in den meisten Fällen einer vorausbe¬
stimmten gewissen Verwerfung gleichgestellt werden kann.

Diese Eingaben betreffen nämlich entweder Vorstellungen gegen
legislative und administrative bereits erlassene Verfügungen, oder An¬
träge im Interesse der Provinz und einzelner Stände. Durch den Ver¬
lauf von Jahren werden erstere der Berücksichtigung schon deshalb ent¬
zogen, weil die beschwerten Verfügungen inzwischen eine so allgemeine
Anwendung gefunden haben, daß ihre Abänderung, wenn sie auch noch
so zweckmäßig oder billig erschiene, schon wegen einer oft bedenklichen
Störung des festgestellten factischen Zustandes unmöglich oder schwierig
geworden ist; letztere aber verlieren durch die bis zu ihrer Erledigung
eingetretenen Aenderung der Verhältnisse und zugewachsenen Bedürfnisse
allen höheren Werth; oder finden den zur Ausführung nöthigen Eifer
bereits erstorben.

Ew. Majestät treugehorsamste Stände können zwar nicht behaup¬
ten, daß diese Eingaben als lästige Beseitigungen und unberufene Ein¬
mischungen betrachtet werden — allein sie müssen dies auch aus dem
weiteren Grunde besorgen, weil sie in dem Inhalte der endlichen Erle¬
digungen allen guten Willen einer gründlichen Belehrung oder Zurecht¬
weisung und einer klaren Verständigung oder Anleitung vermissen —
weil eine nähere Begründung der Entscheidungen -— dieser loyale Grund¬
satz der österreichischen Regierung — auf die Stände selten Anwendung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/493>, abgerufen am 04.07.2024.