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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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liebste Nachtheil, den das Land später erlitt, ergab sich aus dem Ver>
lüfte der Salz- und Weinausfuhr. Bildete sie doch außer dem nam¬
haften Werthsersatze eine wesentliche Einnahmsquelle für den Zug¬
viehbesitzer, deren wohlthätige Ausflüsse die Landwirthschaft und viele
Gewerbe lebenskräftig nährten. Mußte Südtyrol in Folge der Pro-
hibitiv-Zölle den Absatz seiner vorzüglichsten Erzeugnisse einem allge¬
meinen System zum Opfer bringen, so nahm man zwar dieses verderb¬
liche Ereigniß mit tiefem Schmerze hin, da man die unsere Provinzial-
interessen überragenden Staatsrücksichten erkannte. Aber man begriff zur
damaligen Zeit wie jetzt die Gründe nicht, welche uns die großen
Vortheile des Salzverkehres entzogen, der unter der früheren öster¬
reichischen Negierung und noch unter Baiern dem Lande so heilsam
gewesen war. Daß eine Zeit kommen könne, wo der Tyroler das
Haller Salz aus dem Engadin einschmuggeln würde -- wer hätte
dazumal den Fiebertraum erfahren? Vom Gnadensalze für das Vieh
und von der merkwürdigen Berathung der Stände über die Theilnahme
der Ziegen und Schafe an diesem Salze schweigen wir.

Als das Land an Oesterreich zurückgekehrt war, geschah sehr
Vieles -- Dank der väterlichen Vorsorge der Staatsverwaltung --
zur Heilung der Wunden, die lange Kriege und die Ereignisse des
Jahres 1809 dem Wohlstande Tyrols geschlagen; aufrichtig lind herz¬
lich ward jede dahin zielende Maßregel anerkannt lind vom Volke
jegliches Gute der persönlichen Zuneigung des unvergeßlichen Kaisers
Franz für unsere Berge beigemessen. Als eine besonders günstige Ver¬
fügung zeigte sich die Ernennung des Grasen Karl von Cholet zum
Gouverneur. Dieser vorzügliche Staatsmann machte sich durch die
Erwirkung der allerhöchsten Entschließung vom 13. Juni 1822, welche
die Liquidirung und Anerkennung der vereinigten Tvrolerschuld als
einer auf dem Lande haftenden und aus dem Staatsschatze zu ver¬
zinsenden Aerarialschuld aussprach, durch die Anordnungen zur Be¬
richtigung und Ausgleichung der Marsch- und Gemeindeschulden, durch
die Gründung einer Feuerschädenvcrsicherung unter der Leitung der
Stände, durch die Errichtung des ZwangSarbeitshauses in Schwaz
und zahlreiche andere Verwaltungömaßregeln um das Land hochver¬
dient und lebt im dankbaren Andenken der Tyroler. Manches gute
Samenkorn, von diesem trefflichen Manne ausgestreut, wuchs zur
wohlthätigen Frucht, nachdem er uns längst verlassen hatte, wie z. B.
die nun erreichte Aufhebung aller gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, welche
unter dem Gouverneur Ferdinand Graf Bissingen am 17. Juli 1817


liebste Nachtheil, den das Land später erlitt, ergab sich aus dem Ver>
lüfte der Salz- und Weinausfuhr. Bildete sie doch außer dem nam¬
haften Werthsersatze eine wesentliche Einnahmsquelle für den Zug¬
viehbesitzer, deren wohlthätige Ausflüsse die Landwirthschaft und viele
Gewerbe lebenskräftig nährten. Mußte Südtyrol in Folge der Pro-
hibitiv-Zölle den Absatz seiner vorzüglichsten Erzeugnisse einem allge¬
meinen System zum Opfer bringen, so nahm man zwar dieses verderb¬
liche Ereigniß mit tiefem Schmerze hin, da man die unsere Provinzial-
interessen überragenden Staatsrücksichten erkannte. Aber man begriff zur
damaligen Zeit wie jetzt die Gründe nicht, welche uns die großen
Vortheile des Salzverkehres entzogen, der unter der früheren öster¬
reichischen Negierung und noch unter Baiern dem Lande so heilsam
gewesen war. Daß eine Zeit kommen könne, wo der Tyroler das
Haller Salz aus dem Engadin einschmuggeln würde — wer hätte
dazumal den Fiebertraum erfahren? Vom Gnadensalze für das Vieh
und von der merkwürdigen Berathung der Stände über die Theilnahme
der Ziegen und Schafe an diesem Salze schweigen wir.

Als das Land an Oesterreich zurückgekehrt war, geschah sehr
Vieles — Dank der väterlichen Vorsorge der Staatsverwaltung —
zur Heilung der Wunden, die lange Kriege und die Ereignisse des
Jahres 1809 dem Wohlstande Tyrols geschlagen; aufrichtig lind herz¬
lich ward jede dahin zielende Maßregel anerkannt lind vom Volke
jegliches Gute der persönlichen Zuneigung des unvergeßlichen Kaisers
Franz für unsere Berge beigemessen. Als eine besonders günstige Ver¬
fügung zeigte sich die Ernennung des Grasen Karl von Cholet zum
Gouverneur. Dieser vorzügliche Staatsmann machte sich durch die
Erwirkung der allerhöchsten Entschließung vom 13. Juni 1822, welche
die Liquidirung und Anerkennung der vereinigten Tvrolerschuld als
einer auf dem Lande haftenden und aus dem Staatsschatze zu ver¬
zinsenden Aerarialschuld aussprach, durch die Anordnungen zur Be¬
richtigung und Ausgleichung der Marsch- und Gemeindeschulden, durch
die Gründung einer Feuerschädenvcrsicherung unter der Leitung der
Stände, durch die Errichtung des ZwangSarbeitshauses in Schwaz
und zahlreiche andere Verwaltungömaßregeln um das Land hochver¬
dient und lebt im dankbaren Andenken der Tyroler. Manches gute
Samenkorn, von diesem trefflichen Manne ausgestreut, wuchs zur
wohlthätigen Frucht, nachdem er uns längst verlassen hatte, wie z. B.
die nun erreichte Aufhebung aller gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, welche
unter dem Gouverneur Ferdinand Graf Bissingen am 17. Juli 1817


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/414>, abgerufen am 24.07.2024.