Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.Doch -- Louise Aston will eine deutsche Schülerin von George Doch, Madame, Sie sind aus Berlin verwiesen worden und ich Es ist Sonntag, meine Nachbaren, die zwei preußischen Leutnants Sie führen den Titel: "Erinnerungsblumen auf den Wegen des Doch — Louise Aston will eine deutsche Schülerin von George Doch, Madame, Sie sind aus Berlin verwiesen worden und ich Es ist Sonntag, meine Nachbaren, die zwei preußischen Leutnants Sie führen den Titel: „Erinnerungsblumen auf den Wegen des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183267"/> <p xml:id="ID_662"> Doch — Louise Aston will eine deutsche Schülerin von George<lb/> Sand sein, und sie ist es vielleicht trotzdem, daß sie sich in diesem Re¬<lb/> frain vergriffen hat. Doch ach, Madame, (als Emancipirte werden<lb/> Sie erlauben, daß ich Sie in meinem Tagebuchs direct anrede) was<lb/> George Sand betrifft, so kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß die<lb/> Persönlichkeit dieser auch von mir hochverehrten Schriftstellerin mir<lb/> immer am liebenswürdigsten vorgekommen ist in einer ihrer Vorreden,<lb/> worin sie sich selbst schilderte wie sie eins ihrer Kinder auf dem Rücken<lb/> tragend und ein andres an der Hand haltend, mühselig und beladen<lb/> durch ein frischgepflügtes Ackerstück dahinschreitet.</p><lb/> <p xml:id="ID_663"> Doch, Madame, Sie sind aus Berlin verwiesen worden und ich<lb/> habe auch abgesehen von Ihrem schon oben anerkannten Formtalent,<lb/> Ihre Gedichte mit Interesse gelesen. Sie befinden sich in einer eigen-<lb/> thümlichen Lage, in der wohl noch nicht leicht ein Weib sich befunden<lb/> hat, und auf das von Ihnen angekündigte Buch über Ihre Auswei¬<lb/> sung ist das Publicum gespannt. Was mich betrifft, so bin ich zu¬<lb/> gleich darauf neugierig, ob Sie in demselben empfundene oder erfundene<lb/> Gefühle vorbringen, ob Sie wahr, einfach und natürlich sein werden,<lb/> oder ... doch hiervon zu seiner Zeit!</p><lb/> <p xml:id="ID_664"> Es ist Sonntag, meine Nachbaren, die zwei preußischen Leutnants<lb/> singen schon seit fünf Uhr in der Fu'ihe deutsche Volkslieder und ich<lb/> singe leise mit. Auch in Berlin ist die Sonntagsfrühc schön. Mancher,<lb/> der schon lange nicht mehr an Gott glaubte, trägt bellte noch sein bestes<lb/> Kleid und pilgert andächtig nach Charlottenburg. Hort man auch<lb/> nicht überall die Glocken läuten (Berlin hat ja bekanntlich noch im¬<lb/> mer zu wenig Kirchen!), so klingt es Einem doch in die Ohren, als<lb/> ginge man draußen im Kornfelde zwischen zwei oder drei Dörfern<lb/> spazieren, wo die Leute zur Kirche gehen. Ich aber denke mich heute<lb/> nach Böhmen, wo der Pfarrer Stute vielleicht gerade jetzt eine Kan¬<lb/> zel besteigt, oder bald hier bald dort auf den Stufen des Altares<lb/> kniet, während die Chorknaben ihm das Weihrauchsfaß und das Meß-<lb/> glöcklein um die Ohren schwingen, während ich hier in Berlin seine<lb/> Gedichte lese.</p><lb/> <p xml:id="ID_665" next="#ID_666"> Sie führen den Titel: „Erinnerungsblumen auf den Wegen des<lb/> Lebens, aus dem Neuczechischen übertragen von Josef Wen zig,<lb/> und erhalten durch das eigenthümliche Metrum, in dem sie von<lb/> Stute geschrieben, von Wenzig mit einigen wenigen Freiheiten über¬<lb/> setzt sind, ein besonderes Interesse. Unter den Czechen wurde dieses</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
Doch — Louise Aston will eine deutsche Schülerin von George
Sand sein, und sie ist es vielleicht trotzdem, daß sie sich in diesem Re¬
frain vergriffen hat. Doch ach, Madame, (als Emancipirte werden
Sie erlauben, daß ich Sie in meinem Tagebuchs direct anrede) was
George Sand betrifft, so kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß die
Persönlichkeit dieser auch von mir hochverehrten Schriftstellerin mir
immer am liebenswürdigsten vorgekommen ist in einer ihrer Vorreden,
worin sie sich selbst schilderte wie sie eins ihrer Kinder auf dem Rücken
tragend und ein andres an der Hand haltend, mühselig und beladen
durch ein frischgepflügtes Ackerstück dahinschreitet.
Doch, Madame, Sie sind aus Berlin verwiesen worden und ich
habe auch abgesehen von Ihrem schon oben anerkannten Formtalent,
Ihre Gedichte mit Interesse gelesen. Sie befinden sich in einer eigen-
thümlichen Lage, in der wohl noch nicht leicht ein Weib sich befunden
hat, und auf das von Ihnen angekündigte Buch über Ihre Auswei¬
sung ist das Publicum gespannt. Was mich betrifft, so bin ich zu¬
gleich darauf neugierig, ob Sie in demselben empfundene oder erfundene
Gefühle vorbringen, ob Sie wahr, einfach und natürlich sein werden,
oder ... doch hiervon zu seiner Zeit!
Es ist Sonntag, meine Nachbaren, die zwei preußischen Leutnants
singen schon seit fünf Uhr in der Fu'ihe deutsche Volkslieder und ich
singe leise mit. Auch in Berlin ist die Sonntagsfrühc schön. Mancher,
der schon lange nicht mehr an Gott glaubte, trägt bellte noch sein bestes
Kleid und pilgert andächtig nach Charlottenburg. Hort man auch
nicht überall die Glocken läuten (Berlin hat ja bekanntlich noch im¬
mer zu wenig Kirchen!), so klingt es Einem doch in die Ohren, als
ginge man draußen im Kornfelde zwischen zwei oder drei Dörfern
spazieren, wo die Leute zur Kirche gehen. Ich aber denke mich heute
nach Böhmen, wo der Pfarrer Stute vielleicht gerade jetzt eine Kan¬
zel besteigt, oder bald hier bald dort auf den Stufen des Altares
kniet, während die Chorknaben ihm das Weihrauchsfaß und das Meß-
glöcklein um die Ohren schwingen, während ich hier in Berlin seine
Gedichte lese.
Sie führen den Titel: „Erinnerungsblumen auf den Wegen des
Lebens, aus dem Neuczechischen übertragen von Josef Wen zig,
und erhalten durch das eigenthümliche Metrum, in dem sie von
Stute geschrieben, von Wenzig mit einigen wenigen Freiheiten über¬
setzt sind, ein besonderes Interesse. Unter den Czechen wurde dieses
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