Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band."so blasen gehen" meinen? "Was wollt Ihr denn damit sagen?" "Rum schaun's, da gibt's bald in der Stadt 'nen Geburtstag, da "So?" fragte ich immer neugieriger, denn vor mir dämmerte eine "Nu sehen'S, gnädiger Herr," fing er zu flüstern an, "da wohnt Schönes Epitome für eine Geliebte! dachte ich. "Ein altes Fräulein," fuhr der Erzähler fort, "mit der ist eS Also gefoppt, betrogen? rief ich mir zu, also die Thränen, das Lo-i-
„so blasen gehen" meinen? „Was wollt Ihr denn damit sagen?" „Rum schaun's, da gibt's bald in der Stadt 'nen Geburtstag, da „So?" fragte ich immer neugieriger, denn vor mir dämmerte eine „Nu sehen'S, gnädiger Herr," fing er zu flüstern an, „da wohnt Schönes Epitome für eine Geliebte! dachte ich. „Ein altes Fräulein," fuhr der Erzähler fort, „mit der ist eS Also gefoppt, betrogen? rief ich mir zu, also die Thränen, das Lo-i-
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0161" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183182"/> <p xml:id="ID_451" prev="#ID_450"> „so blasen gehen" meinen? „Was wollt Ihr denn damit sagen?"<lb/> fragte ich weiter.</p><lb/> <p xml:id="ID_452"> „Rum schaun's, da gibt's bald in der Stadt 'nen Geburtstag, da<lb/> werden wir hinbestellt und müssen ganz früh spielen, oder manchmal<lb/> auch die Nacht vor den Fenstern der Stadtleut' und dann triffts auch,<lb/> daß i ganz allein bestellt werde, das ist aber 'ne sonderbare Ge¬<lb/> schichte . . ."</p><lb/> <p xml:id="ID_453"> „So?" fragte ich immer neugieriger, denn vor mir dämmerte eine<lb/> Ahnung auf, „erzählt mir doch; ich höre Euch gern zu."</p><lb/> <p xml:id="ID_454"> „Nu sehen'S, gnädiger Herr," fing er zu flüstern an, „da wohnt<lb/> dort oben in dem »erweiterten Neste 'n altes Fräulein" —</p><lb/> <p xml:id="ID_455"> Schönes Epitome für eine Geliebte! dachte ich.</p><lb/> <p xml:id="ID_456"> „Ein altes Fräulein," fuhr der Erzähler fort, „mit der ist eS<lb/> manchmal hier nit richtig," und dabei machte er eine versinnlichende<lb/> Geste mit seiner Faust, „die bestellt mich manchmal Abends an's Schloß<lb/> und da muß i mit 'nen Kahn'l 'ranfahren und ihr was vorblasen,<lb/> bis sie mir 'nen Strauß oder so 'was 'runterwirft, den muß i alle¬<lb/> weil auffischen und an mein' Hut stecken. Letzt Sommer hat sie paar<lb/> mal der närr'sche Alp gedrückt und seit drei Tagen rappete's wieder<lb/> und muß alle Abend 'nüber, krieg's aber gut bezahlt. Da schaun's,<lb/> hat sie mir gestern das schwarze Ding 'nuntergeschnüssen und i muß<lb/> gleich zu ihr, denn sie hat heut Morgen schon Jemand geschickt, der'S<lb/> holen sollt; i war aber nit heim, und da hat meine Frau g'sagt, i<lb/> würd's selbst bringen."</p><lb/> <p xml:id="ID_457" next="#ID_458"> Also gefoppt, betrogen? rief ich mir zu, also die Thränen, das<lb/> Herzeleid — nichts als Komödie! Wie ein Kind von einer alten Jungfer<lb/> an der Nase herumgeführt, und drei Tage schönsten Reisewetters ver¬<lb/> loren! Wart, wart, stolze Katharina von Eichen! wir sprechen uns<lb/> noch und rächen will ich mich, rächen, daß noch dein Urenkel, wenn<lb/> je solcher deinem Schooße erblühen wird, es in den staubigen Chro¬<lb/> niken von Eichen mit Haarsträuben lesen soll! Der Plan der Rache<lb/> war bald geschmiedet, grade ihre Lüge sollte mir zum Mittel werden.<lb/> Ich schrieb daher auf ein Blatt Papier einige Sätze mit Bleifeder und<lb/> bewog Frieden durch ein Trinkgeld mir mit Shawl und Horn zu fol¬<lb/> gen; so trabten wir nach Eichen hinüber. Vor dem Schloßthore ließ ich<lb/> den ni-6coard, Postillon zurück und begab mich mit meinem Zettel, dem<lb/> seidenen Tuch und dem Horn allein in die Feste, nachdem ich vorher<lb/> meine Gesichtszüge mit einem künstlichen Entsetzen übertüncht. Ich<lb/> traf Katharinen nachlässig gekleidet auf dem Sopha und verführerisch</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Lo-i-</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0161]
„so blasen gehen" meinen? „Was wollt Ihr denn damit sagen?"
fragte ich weiter.
„Rum schaun's, da gibt's bald in der Stadt 'nen Geburtstag, da
werden wir hinbestellt und müssen ganz früh spielen, oder manchmal
auch die Nacht vor den Fenstern der Stadtleut' und dann triffts auch,
daß i ganz allein bestellt werde, das ist aber 'ne sonderbare Ge¬
schichte . . ."
„So?" fragte ich immer neugieriger, denn vor mir dämmerte eine
Ahnung auf, „erzählt mir doch; ich höre Euch gern zu."
„Nu sehen'S, gnädiger Herr," fing er zu flüstern an, „da wohnt
dort oben in dem »erweiterten Neste 'n altes Fräulein" —
Schönes Epitome für eine Geliebte! dachte ich.
„Ein altes Fräulein," fuhr der Erzähler fort, „mit der ist eS
manchmal hier nit richtig," und dabei machte er eine versinnlichende
Geste mit seiner Faust, „die bestellt mich manchmal Abends an's Schloß
und da muß i mit 'nen Kahn'l 'ranfahren und ihr was vorblasen,
bis sie mir 'nen Strauß oder so 'was 'runterwirft, den muß i alle¬
weil auffischen und an mein' Hut stecken. Letzt Sommer hat sie paar
mal der närr'sche Alp gedrückt und seit drei Tagen rappete's wieder
und muß alle Abend 'nüber, krieg's aber gut bezahlt. Da schaun's,
hat sie mir gestern das schwarze Ding 'nuntergeschnüssen und i muß
gleich zu ihr, denn sie hat heut Morgen schon Jemand geschickt, der'S
holen sollt; i war aber nit heim, und da hat meine Frau g'sagt, i
würd's selbst bringen."
Also gefoppt, betrogen? rief ich mir zu, also die Thränen, das
Herzeleid — nichts als Komödie! Wie ein Kind von einer alten Jungfer
an der Nase herumgeführt, und drei Tage schönsten Reisewetters ver¬
loren! Wart, wart, stolze Katharina von Eichen! wir sprechen uns
noch und rächen will ich mich, rächen, daß noch dein Urenkel, wenn
je solcher deinem Schooße erblühen wird, es in den staubigen Chro¬
niken von Eichen mit Haarsträuben lesen soll! Der Plan der Rache
war bald geschmiedet, grade ihre Lüge sollte mir zum Mittel werden.
Ich schrieb daher auf ein Blatt Papier einige Sätze mit Bleifeder und
bewog Frieden durch ein Trinkgeld mir mit Shawl und Horn zu fol¬
gen; so trabten wir nach Eichen hinüber. Vor dem Schloßthore ließ ich
den ni-6coard, Postillon zurück und begab mich mit meinem Zettel, dem
seidenen Tuch und dem Horn allein in die Feste, nachdem ich vorher
meine Gesichtszüge mit einem künstlichen Entsetzen übertüncht. Ich
traf Katharinen nachlässig gekleidet auf dem Sopha und verführerisch
Lo-i-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |