Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.ten? -- Lauter Studenten, antwortete ich. -- Das muß eine Gleich nach unserer Ankunft in Venedig trugen uns die Gon¬ Ich legte meine Arme auf der Brust zusammen, beugte den 50*
ten? — Lauter Studenten, antwortete ich. — Das muß eine Gleich nach unserer Ankunft in Venedig trugen uns die Gon¬ Ich legte meine Arme auf der Brust zusammen, beugte den 50*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0403" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182213"/> <p xml:id="ID_911" prev="#ID_910"> ten? — Lauter Studenten, antwortete ich. — Das muß eine<lb/> lustige Gesellschaft sein, sagte er weiter. — Sehr lustig, antwor¬<lb/> tete ich seufzend. — Sind sie alle gut? fragte er wieder. —<lb/> Sie mögen selbst sehen! — Er besah auch wirklich die ersten drei<lb/> oder vier, und da er sie gut fand, legte er alle auf den Rücken,<lb/> um ihnen dahin das Zeugniß der Solidität aufzuschreiben. Mir<lb/> war es als hätte mir mit dem Rücken der Pässe das Glück wie¬<lb/> der sein lächelndes Antlitz zugekehrt. Noch selben Abend trug<lb/> uns der stolze Dampfer „Baron Stürmer" über die dunklen Wel¬<lb/> len des Adriatischen Meeres nach Venedig. Gottlob! Ein Ziel<lb/> meiner Reise war erreicht. Weiter wird der Himmel sorgen —<lb/> Wunderbar, auf dieser Ueberfahrt hatten wir das schönste Wetter<lb/> und nicht die geringsten Anzeichen eines Sturmes ließen sich blik-<lb/> ken. Und doch war ich bereit, mich, sobald er aufbreche, als<lb/> schuldvoller Jonas in's Meer werfen zu lassen. Aber, wie gesagt,<lb/> das Meer blieb wunderbar ruhig.</p><lb/> <p xml:id="ID_912"> Gleich nach unserer Ankunft in Venedig trugen uns die Gon¬<lb/> deln, ihrer Instruction folgend, vor das Polizeigebäude, wo man<lb/> uns unsere Pässe abnahm, dann erst nach dem llütel cle l'IZuro>,e.<lb/> Nach vierzehn Tagen mährchenhaften Lebens nahm ich mir einst<lb/> meinen Führer bei Seite, und .sprach zu ihm folgende eindring¬<lb/> liche Worte: Line-ronv! Du bekommst den Lohn eines ganzen<lb/> Tages, wenn du mir auf die Polizei gehst und mir meinen Paß<lb/> wohl visirt und giltig zur Weiterreise nach Mailand zurückbringst.<lb/> — O ich vermag Alles bei der Polizei, rief er begeistert und eilte<lb/> auf Flügeln der Liebe von dannen. Aber nach einer Stunde kam<lb/> er mit sehr betrübtem Gesichte zurück. — Es muß sehr schlecht<lb/> mit Ihrem Passe stehen, sagte er, denn meinem ganzen Einfluß,<lb/> meiner ganzen Beredsamkeit ist es nicht gelungen, dem Polizeicom-<lb/> missär ein Visum abzupressen. Ja, er läßt Ihnen sogar sagen,<lb/> Sie müßten selbst hinkommen, um sich zu verantworten.</p><lb/> <p xml:id="ID_913" next="#ID_914"> Ich legte meine Arme auf der Brust zusammen, beugte den<lb/> Kopf nach rückwärts und sprach also - Unglücklicher Abkömmling<lb/> des großen Römers, du vermagst es nicht, die catilinarischen Ge¬<lb/> danken eines Paßbeamten durch ein kühnes (iuous^no tanäom in<lb/> die Flucht zu schlagen? Du vermagst es nicht, einen solchen Ver¬<lb/> ses von Polizeicommissär niederzudonnern? Bedenke das, was du</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 50*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0403]
ten? — Lauter Studenten, antwortete ich. — Das muß eine
lustige Gesellschaft sein, sagte er weiter. — Sehr lustig, antwor¬
tete ich seufzend. — Sind sie alle gut? fragte er wieder. —
Sie mögen selbst sehen! — Er besah auch wirklich die ersten drei
oder vier, und da er sie gut fand, legte er alle auf den Rücken,
um ihnen dahin das Zeugniß der Solidität aufzuschreiben. Mir
war es als hätte mir mit dem Rücken der Pässe das Glück wie¬
der sein lächelndes Antlitz zugekehrt. Noch selben Abend trug
uns der stolze Dampfer „Baron Stürmer" über die dunklen Wel¬
len des Adriatischen Meeres nach Venedig. Gottlob! Ein Ziel
meiner Reise war erreicht. Weiter wird der Himmel sorgen —
Wunderbar, auf dieser Ueberfahrt hatten wir das schönste Wetter
und nicht die geringsten Anzeichen eines Sturmes ließen sich blik-
ken. Und doch war ich bereit, mich, sobald er aufbreche, als
schuldvoller Jonas in's Meer werfen zu lassen. Aber, wie gesagt,
das Meer blieb wunderbar ruhig.
Gleich nach unserer Ankunft in Venedig trugen uns die Gon¬
deln, ihrer Instruction folgend, vor das Polizeigebäude, wo man
uns unsere Pässe abnahm, dann erst nach dem llütel cle l'IZuro>,e.
Nach vierzehn Tagen mährchenhaften Lebens nahm ich mir einst
meinen Führer bei Seite, und .sprach zu ihm folgende eindring¬
liche Worte: Line-ronv! Du bekommst den Lohn eines ganzen
Tages, wenn du mir auf die Polizei gehst und mir meinen Paß
wohl visirt und giltig zur Weiterreise nach Mailand zurückbringst.
— O ich vermag Alles bei der Polizei, rief er begeistert und eilte
auf Flügeln der Liebe von dannen. Aber nach einer Stunde kam
er mit sehr betrübtem Gesichte zurück. — Es muß sehr schlecht
mit Ihrem Passe stehen, sagte er, denn meinem ganzen Einfluß,
meiner ganzen Beredsamkeit ist es nicht gelungen, dem Polizeicom-
missär ein Visum abzupressen. Ja, er läßt Ihnen sogar sagen,
Sie müßten selbst hinkommen, um sich zu verantworten.
Ich legte meine Arme auf der Brust zusammen, beugte den
Kopf nach rückwärts und sprach also - Unglücklicher Abkömmling
des großen Römers, du vermagst es nicht, die catilinarischen Ge¬
danken eines Paßbeamten durch ein kühnes (iuous^no tanäom in
die Flucht zu schlagen? Du vermagst es nicht, einen solchen Ver¬
ses von Polizeicommissär niederzudonnern? Bedenke das, was du
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