Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.es keine harmlosere Manifestation desjenigen, was sich im Innern 74-i-
es keine harmlosere Manifestation desjenigen, was sich im Innern 74-i-
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0583" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271844"/> <p xml:id="ID_1531" prev="#ID_1530" next="#ID_1532"> es keine harmlosere Manifestation desjenigen, was sich im Innern<lb/> der Gemüther bewegt, als die Bitte, wenn sie ehrfurchtsvoll sich an<lb/> die höchste Gewalt im Staate wendet, und die Vereinigung einer<lb/> großen Anzahl von Bürgern zu einem und demselben Wunsche än¬<lb/> dert nichts an dem ursprünglichen Charakter derselben. Ew. Maje¬<lb/> stät werden in Ihrer erhabenen Weisheit die einfache Wahrheit die¬<lb/> ses Grundsatzes nicht verkennen; Allerhöchstdieselben werden mit gnä¬<lb/> digem Wohlwollen Ihr edles, allem Guten zugängliches Herz den<lb/> Bitten und Vorstellungen Ihres Volkes offnen, und nicht im Voraus<lb/> eine ganze gewichtige Classe derselben mit dem Stempel der Ver¬<lb/> werflichkeit fortwährend bezeichnen wollen. Augenscheinlich ist es ein<lb/> viel dringenderes Bedürfniß, daß nicht blos die Noch des Einzelnen<lb/> sich dem Throne gegenüber Gehör verschafft, sondern daß die in den<lb/> öffentlichen Zuständen fühlbar werdenden Mängel und Gebrechen,<lb/> von welchen eine große Anzahl von Bürgern gemeinschaftlich betrof¬<lb/> fen werden, sich zu äußern vermögen, und auch in dieser Beziehung<lb/> den Beteiligten der Zugang zu dem Regenten frei gelassen bleibe.<lb/> Gewissermaßen würde dadurch der Egoismus begünstigt werden, wenn<lb/> es nur dem Einzelnen sollte erlaubt sein, sich in Klagen und Vor¬<lb/> stellungen über die nur ihn betreffende Noth auszulasten; eine solche<lb/> Beschränkung der Bitten würde die hochherzigen Gefühle für fremde<lb/> Leiden unterdrücken, und doch hatte schon um großer Gesetzgeber des<lb/> Alterthums denjenigen Staat für den besten und kräftigsten erklärt,<lb/> wo ein Jeder das Unrecht, das irgend einem seiner Mitbürger wi¬<lb/> derfahre, ganz als sein eigenes fühle und behandle. Wenn übrigens<lb/> das Volk aufmerksam gemacht worden auf früher bestandene Ver¬<lb/> hältnisse in den öffentlichen Angelegenheiten, deren Andenken sich er¬<lb/> halten hat in Urkunden, welche noch jüngst durch die geheiligte Hand<lb/> Ew- Majestät ihre Bestätigung erhalten haben, so kann in diesem<lb/> Streben, weit entfernt, daß ihm der Vorwurf eines ordnungswidri¬<lb/> gen Verfahrens gemacht werden dürfte, von einer unparteiischen<lb/> Würdigung desselben nur eine völlig gesetzmäßige Thätigkeit gefunden<lb/> werden. Ohne Zweifel ist der Sinn und der Eifer für das gemein¬<lb/> same Wohl, von welchem die Staatsbürger belebt werden, zu den<lb/> sichersten Stützen einer gedeihenövollen Entwickelung und Gestaltung<lb/> der öffentlichen Zustände hinzuzuzählen, und die Belebung dieses Ei¬<lb/> fers wird auch in dem allgemeinen Gesetze vom 20. Mai 1831,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 74-i-</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0583]
es keine harmlosere Manifestation desjenigen, was sich im Innern
der Gemüther bewegt, als die Bitte, wenn sie ehrfurchtsvoll sich an
die höchste Gewalt im Staate wendet, und die Vereinigung einer
großen Anzahl von Bürgern zu einem und demselben Wunsche än¬
dert nichts an dem ursprünglichen Charakter derselben. Ew. Maje¬
stät werden in Ihrer erhabenen Weisheit die einfache Wahrheit die¬
ses Grundsatzes nicht verkennen; Allerhöchstdieselben werden mit gnä¬
digem Wohlwollen Ihr edles, allem Guten zugängliches Herz den
Bitten und Vorstellungen Ihres Volkes offnen, und nicht im Voraus
eine ganze gewichtige Classe derselben mit dem Stempel der Ver¬
werflichkeit fortwährend bezeichnen wollen. Augenscheinlich ist es ein
viel dringenderes Bedürfniß, daß nicht blos die Noch des Einzelnen
sich dem Throne gegenüber Gehör verschafft, sondern daß die in den
öffentlichen Zuständen fühlbar werdenden Mängel und Gebrechen,
von welchen eine große Anzahl von Bürgern gemeinschaftlich betrof¬
fen werden, sich zu äußern vermögen, und auch in dieser Beziehung
den Beteiligten der Zugang zu dem Regenten frei gelassen bleibe.
Gewissermaßen würde dadurch der Egoismus begünstigt werden, wenn
es nur dem Einzelnen sollte erlaubt sein, sich in Klagen und Vor¬
stellungen über die nur ihn betreffende Noth auszulasten; eine solche
Beschränkung der Bitten würde die hochherzigen Gefühle für fremde
Leiden unterdrücken, und doch hatte schon um großer Gesetzgeber des
Alterthums denjenigen Staat für den besten und kräftigsten erklärt,
wo ein Jeder das Unrecht, das irgend einem seiner Mitbürger wi¬
derfahre, ganz als sein eigenes fühle und behandle. Wenn übrigens
das Volk aufmerksam gemacht worden auf früher bestandene Ver¬
hältnisse in den öffentlichen Angelegenheiten, deren Andenken sich er¬
halten hat in Urkunden, welche noch jüngst durch die geheiligte Hand
Ew- Majestät ihre Bestätigung erhalten haben, so kann in diesem
Streben, weit entfernt, daß ihm der Vorwurf eines ordnungswidri¬
gen Verfahrens gemacht werden dürfte, von einer unparteiischen
Würdigung desselben nur eine völlig gesetzmäßige Thätigkeit gefunden
werden. Ohne Zweifel ist der Sinn und der Eifer für das gemein¬
same Wohl, von welchem die Staatsbürger belebt werden, zu den
sichersten Stützen einer gedeihenövollen Entwickelung und Gestaltung
der öffentlichen Zustände hinzuzuzählen, und die Belebung dieses Ei¬
fers wird auch in dem allgemeinen Gesetze vom 20. Mai 1831,
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