Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.und damit verklingt auch wirklich der Schluß. Wohl weiß ich, daß und damit verklingt auch wirklich der Schluß. Wohl weiß ich, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0501" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271762"/> <p xml:id="ID_1361" prev="#ID_1360" next="#ID_1362"> und damit verklingt auch wirklich der Schluß. Wohl weiß ich, daß<lb/> mit diesen wenigen Worten keine Veranschaulichung der Erzählung<lb/> gegeben ist. Dies war auch nicht meine Absicht; denn die poetische<lb/> Auffassung kann ein Skelett des Geschichtsganges nicht lehren, eben<lb/> so wenig, wie uns der zergliederte Körper eine Ahnung seiner leben¬<lb/> digen Schönheit erweckt. Auch keine Kritik dieser Dorfgeschichte mag<lb/> ich schreiben; diese fände in deren eigener und so durchweg selbst¬<lb/> ständiger Dichtungswelt keinen Anhalt. Ja, ich gestehe es ein, daß<lb/> ich nach ihrer Durchlesung sogar vielleicht befangen bin, befangen in<lb/> der Beurtheilung der übrigen Beiträge zur Urania. In Sternberg'S<lb/> Novelle, welche den Namen „Urania" führt, treten wir aus dem<lb/> vollen und frischen Natur- und Volksleben Auerbach's in den Kreis<lb/> einer aristokratisch^blasirten, geistvollen, anregungssüchtigen Welt, vie<lb/> nach Lebensfrische und Dichtungsstoff suchend, sich ihrer Poesielosig¬<lb/> keit und inneren Charakterhohlheit bewußt wird und dem Leben eben<lb/> derjenigen Classen sich zuwendet, die Auerbach bereits schilderte. Diese<lb/> Erzählung ist wieder eine Ausführung der von Sternberg schon in<lb/> „Paul" veranschaulichten Idee, „daß, wenn wir sogenannten Edeln<lb/> nicht ganz unbrauchbar und lästig fallen wollen, wir uns dem Gan¬<lb/> zen, Großen, nenne es immerhin, dem Volke anschließen müssen."<lb/> Dingelstedt'S Novelle „der Schein trügt" geht dagegen keiner Lösung<lb/> so ernster und tiefeingreisender Lebensfragen »ach. Sie ist eine vor¬<lb/> nehme LebenSepisode, wie wir deren in unseren Gesellschaftsnovellen<lb/> schon so viele kennen lernten. Sie ist ziemlich formengerecht gear¬<lb/> beitet, hat manche äußerliche technische Vorzüge, gehört aber keines¬<lb/> wegs zu den besseren Producten dieses Dichters. — Dagegen muß<lb/> „ein armes Mädchen" von der Verfasserin der Jenny und Clemen-<lb/> tine hervorgehoben werden, dessen Stoff Familienpapieren entnommen<lb/> sein soll. Allerdings kennt man wohl derartige Einführungsweisen<lb/> zur Genüge. Allein immerhin bleibt dieses Aushängeschild lockend;<lb/> besonders wenn es einem ttomim intime vorausgestellt wird. Ein<lb/> tüchtiges Stück eines solchen Romans haben wir denn hier vor uns<lb/> liegen: leicht, lebenswahr und lebenswarm, mit nicht allzubedeutsamen<lb/> Motiven, aber behaglich entwickelt. Es ist eben eine Frauenerzäh¬<lb/> lung, die sich keck neben die besseren der modernen Literatur stellen<lb/> darf. — Direct unbedeutend ist die Novelle W. Martell's „die<lb/> Sängerin". Wohl aber muß mit vollstem Lobe deS Titelportraits,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0501]
und damit verklingt auch wirklich der Schluß. Wohl weiß ich, daß
mit diesen wenigen Worten keine Veranschaulichung der Erzählung
gegeben ist. Dies war auch nicht meine Absicht; denn die poetische
Auffassung kann ein Skelett des Geschichtsganges nicht lehren, eben
so wenig, wie uns der zergliederte Körper eine Ahnung seiner leben¬
digen Schönheit erweckt. Auch keine Kritik dieser Dorfgeschichte mag
ich schreiben; diese fände in deren eigener und so durchweg selbst¬
ständiger Dichtungswelt keinen Anhalt. Ja, ich gestehe es ein, daß
ich nach ihrer Durchlesung sogar vielleicht befangen bin, befangen in
der Beurtheilung der übrigen Beiträge zur Urania. In Sternberg'S
Novelle, welche den Namen „Urania" führt, treten wir aus dem
vollen und frischen Natur- und Volksleben Auerbach's in den Kreis
einer aristokratisch^blasirten, geistvollen, anregungssüchtigen Welt, vie
nach Lebensfrische und Dichtungsstoff suchend, sich ihrer Poesielosig¬
keit und inneren Charakterhohlheit bewußt wird und dem Leben eben
derjenigen Classen sich zuwendet, die Auerbach bereits schilderte. Diese
Erzählung ist wieder eine Ausführung der von Sternberg schon in
„Paul" veranschaulichten Idee, „daß, wenn wir sogenannten Edeln
nicht ganz unbrauchbar und lästig fallen wollen, wir uns dem Gan¬
zen, Großen, nenne es immerhin, dem Volke anschließen müssen."
Dingelstedt'S Novelle „der Schein trügt" geht dagegen keiner Lösung
so ernster und tiefeingreisender Lebensfragen »ach. Sie ist eine vor¬
nehme LebenSepisode, wie wir deren in unseren Gesellschaftsnovellen
schon so viele kennen lernten. Sie ist ziemlich formengerecht gear¬
beitet, hat manche äußerliche technische Vorzüge, gehört aber keines¬
wegs zu den besseren Producten dieses Dichters. — Dagegen muß
„ein armes Mädchen" von der Verfasserin der Jenny und Clemen-
tine hervorgehoben werden, dessen Stoff Familienpapieren entnommen
sein soll. Allerdings kennt man wohl derartige Einführungsweisen
zur Genüge. Allein immerhin bleibt dieses Aushängeschild lockend;
besonders wenn es einem ttomim intime vorausgestellt wird. Ein
tüchtiges Stück eines solchen Romans haben wir denn hier vor uns
liegen: leicht, lebenswahr und lebenswarm, mit nicht allzubedeutsamen
Motiven, aber behaglich entwickelt. Es ist eben eine Frauenerzäh¬
lung, die sich keck neben die besseren der modernen Literatur stellen
darf. — Direct unbedeutend ist die Novelle W. Martell's „die
Sängerin". Wohl aber muß mit vollstem Lobe deS Titelportraits,
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