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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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i.
Aus P e se h.

Advocat Büky. -- Urkundenwuth. -- Adelsschmiede. -- Eisenbahn. -- Der
Erzherzog Palatin. -- Die veränderte Politik in Bezug auf Croatien. --
Agramer Landtag. -- Dampfschifffahrt auf dem Plattensee. -- Project eines
Donau-Theiß-Canals. -- Statistik der ungarischen Presse-

Unserem Landsmann, dem Advocaten Büky von Felsöbük, ist
in der jüngsten Zeit so vielfältige und vielseitige Auszeichnung zu
Theil geworden, daß man nicht mehr erstaunt, wenn von neuen Eh¬
ren die Rede ist, die auf seinem Haupte gesammelt werden. Nach¬
dem derselbe schon früher das Kreuz der Ehrenlegion erhalten, wurde
ihm von dem Herzoge von Nemours mit einem auszeichnenden Hand¬
schreiben eine kostbare Busennadel übersendet und jetzt befördert ihn
die österreichische Regierung selbst zum Kämmerer und Legationsrath
mit der Bestimmung zur Gesandtschaft in Paris. Wie man hört,
hat die Thätigkeit und der Scharfsinn dieses ungarischen Advocaten
in Auffindung und juristischer Ausbeutung alter Rechtsurkunden dem
Hause Orleans wesentliche Dienste geleistet, und das mit dem fran¬
zösischen Königsgeschlecht verschwägerte Fürstenhaus Coburg - Eohary
soll in Folge der von Büky betriebenen Documentenforschungen,
welche mancherlei vortheilhafte Rechtsansprüche dieser Familie begrün¬
deten, großen Nutzen geschöpft haben. Ueberhaupt bildet die Aufsin¬
dung alter Documente, durch welche eingeschlafene Rechte geltend ge¬
macht werden können hier in Ungarn einen sehr lucrativen Zweig
der juristischen Praxis. Der Adelsbrief zumal ist ein Gegenstand hei¬
ßer Sehnsucht für Alle, die außer dem Segen irdischer Habe auch
noch auf Rang und Ansehen in der Gesellschaft einen Werth legen.
Zudem gewährt das Adelsprivilegium in Ungarn entscheidende, selbst
pecuniäre Vortheile. Die adelige Steuerfreiheit, das Monopol des
Grundbesitzers, die politische Stimmfähigkeit sind allein schon so wichtige
Borzüge, daß man nicht Keinmal die damit verknüpften Ehrenrechte
in Anschlag zu bringen braucht, um die allgemeine Sehnsucht des
ungarischen Publicums nach diesem irdischen Manna zu begreifen.
Auf diese bekannte Schwache des ungarischen Plebejers hat eine Ge-


Taget, u es.



i.
Aus P e se h.

Advocat Büky. — Urkundenwuth. — Adelsschmiede. — Eisenbahn. — Der
Erzherzog Palatin. — Die veränderte Politik in Bezug auf Croatien. —
Agramer Landtag. — Dampfschifffahrt auf dem Plattensee. — Project eines
Donau-Theiß-Canals. — Statistik der ungarischen Presse-

Unserem Landsmann, dem Advocaten Büky von Felsöbük, ist
in der jüngsten Zeit so vielfältige und vielseitige Auszeichnung zu
Theil geworden, daß man nicht mehr erstaunt, wenn von neuen Eh¬
ren die Rede ist, die auf seinem Haupte gesammelt werden. Nach¬
dem derselbe schon früher das Kreuz der Ehrenlegion erhalten, wurde
ihm von dem Herzoge von Nemours mit einem auszeichnenden Hand¬
schreiben eine kostbare Busennadel übersendet und jetzt befördert ihn
die österreichische Regierung selbst zum Kämmerer und Legationsrath
mit der Bestimmung zur Gesandtschaft in Paris. Wie man hört,
hat die Thätigkeit und der Scharfsinn dieses ungarischen Advocaten
in Auffindung und juristischer Ausbeutung alter Rechtsurkunden dem
Hause Orleans wesentliche Dienste geleistet, und das mit dem fran¬
zösischen Königsgeschlecht verschwägerte Fürstenhaus Coburg - Eohary
soll in Folge der von Büky betriebenen Documentenforschungen,
welche mancherlei vortheilhafte Rechtsansprüche dieser Familie begrün¬
deten, großen Nutzen geschöpft haben. Ueberhaupt bildet die Aufsin¬
dung alter Documente, durch welche eingeschlafene Rechte geltend ge¬
macht werden können hier in Ungarn einen sehr lucrativen Zweig
der juristischen Praxis. Der Adelsbrief zumal ist ein Gegenstand hei¬
ßer Sehnsucht für Alle, die außer dem Segen irdischer Habe auch
noch auf Rang und Ansehen in der Gesellschaft einen Werth legen.
Zudem gewährt das Adelsprivilegium in Ungarn entscheidende, selbst
pecuniäre Vortheile. Die adelige Steuerfreiheit, das Monopol des
Grundbesitzers, die politische Stimmfähigkeit sind allein schon so wichtige
Borzüge, daß man nicht Keinmal die damit verknüpften Ehrenrechte
in Anschlag zu bringen braucht, um die allgemeine Sehnsucht des
ungarischen Publicums nach diesem irdischen Manna zu begreifen.
Auf diese bekannte Schwache des ungarischen Plebejers hat eine Ge-


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[0412] Taget, u es. i. Aus P e se h. Advocat Büky. — Urkundenwuth. — Adelsschmiede. — Eisenbahn. — Der Erzherzog Palatin. — Die veränderte Politik in Bezug auf Croatien. — Agramer Landtag. — Dampfschifffahrt auf dem Plattensee. — Project eines Donau-Theiß-Canals. — Statistik der ungarischen Presse- Unserem Landsmann, dem Advocaten Büky von Felsöbük, ist in der jüngsten Zeit so vielfältige und vielseitige Auszeichnung zu Theil geworden, daß man nicht mehr erstaunt, wenn von neuen Eh¬ ren die Rede ist, die auf seinem Haupte gesammelt werden. Nach¬ dem derselbe schon früher das Kreuz der Ehrenlegion erhalten, wurde ihm von dem Herzoge von Nemours mit einem auszeichnenden Hand¬ schreiben eine kostbare Busennadel übersendet und jetzt befördert ihn die österreichische Regierung selbst zum Kämmerer und Legationsrath mit der Bestimmung zur Gesandtschaft in Paris. Wie man hört, hat die Thätigkeit und der Scharfsinn dieses ungarischen Advocaten in Auffindung und juristischer Ausbeutung alter Rechtsurkunden dem Hause Orleans wesentliche Dienste geleistet, und das mit dem fran¬ zösischen Königsgeschlecht verschwägerte Fürstenhaus Coburg - Eohary soll in Folge der von Büky betriebenen Documentenforschungen, welche mancherlei vortheilhafte Rechtsansprüche dieser Familie begrün¬ deten, großen Nutzen geschöpft haben. Ueberhaupt bildet die Aufsin¬ dung alter Documente, durch welche eingeschlafene Rechte geltend ge¬ macht werden können hier in Ungarn einen sehr lucrativen Zweig der juristischen Praxis. Der Adelsbrief zumal ist ein Gegenstand hei¬ ßer Sehnsucht für Alle, die außer dem Segen irdischer Habe auch noch auf Rang und Ansehen in der Gesellschaft einen Werth legen. Zudem gewährt das Adelsprivilegium in Ungarn entscheidende, selbst pecuniäre Vortheile. Die adelige Steuerfreiheit, das Monopol des Grundbesitzers, die politische Stimmfähigkeit sind allein schon so wichtige Borzüge, daß man nicht Keinmal die damit verknüpften Ehrenrechte in Anschlag zu bringen braucht, um die allgemeine Sehnsucht des ungarischen Publicums nach diesem irdischen Manna zu begreifen. Auf diese bekannte Schwache des ungarischen Plebejers hat eine Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/412>, abgerufen am 05.02.2025.